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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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vollgesogen hatte, spritzte sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht und unternahm dann einen halbherzigen Versuch, sein Haar mit Zuckerwasser und Bürste zu bändigen. Die widerspenstigen, schlohweißen Borsten, nach dem völligen Verlust seines Haupthaars während des zurückliegenden Falles noch im Nachwachsen begriffen und widerspenstiger denn je, widersetzten sich seinen Versuchen jedoch standhaft. Schließlich ertönte nebenan in seiner Schlafkammer, wo er das Amulett mit dem grauen Phantotas beim Umkleiden abgelegt hatte, eine weibliche Stimme.
    Mervynias Wortwurf war der erste von insgesamt dreien. Gemäß Hippolits Anweisungen hatte sie sich an verschiedene öffentliche Stellen gewandt, deren Rückmeldungen allerdings aufgrund der nachtschlafenden Zeit erst nach und nach eintrafen. Gemäß IAIT-Statuten enthielt jede ihrer Botschaften eine Zusammenfassung der vorangegangenen, da man bei Wortwürfen nie ganz sichergehen konnte, ob der Adressat wirklich alle Mitteilungen erhalten hatte.
    Insgesamt dreimal fasste Mervynias wohlklingende Stimme die eingeholten Informationen zusammen. Während Hippolit dem dritten Durchlauf lauschte, der die Bestätigung seiner Anfrage durch eine weitere unabhängige Quelle enthielt, war ihm, als legte sich endlich so etwas wie ein dichtender Kitt zwischen die unzähligen Einzelteile des Falles, der ihm bislang wie die heillos verstreuten Scherben eines zerschlagenen Kruges angemutet hatte. Stück für Stück schienen sich die Fragmente vor seinem geistigen Auge zusammenzusetzen, trudelten mit beschwörender Langsamkeit aufeinander zu, um an der einzigen passenden Stelle anzudocken. Schließlich war das Bild perfekt – der Krug stand aufrecht, ohne Lücken. Hippolit wusste Bescheid.
    Wie er geargwöhnt hatte, hatten sich die Zusammenhänge im Grunde bereits mehr als deutlich abgezeichnet, er hatte sie lediglich nicht in ihrer Ganzheit erfasst. Bis jetzt!
    Den letzten, aus alldem resultierenden Schritt konnte und wollte er jedoch nicht allein tun. Er würde Jorge in der Sechsten auflesen, und gemeinsam würden sie sich auf den Weg in eine Etage der Zwergenstadt machen, die er zuvor schon einmal besucht hatte. Dort würde er seines Amtes als höchster IAIT-Ermittler walten und eine offizielle Verhaftung vornehmen.
    Er gürtete sein Gewand, vergewisserte sich, dass alle thaumaturgischen Utensilien an ihrem Platz in den diversen Innentaschen und Geheimfächern des Kleidungsstücks waren, sandte ein kurzes Dankgebet für die späte, dafür umfassende Erleuchtung an Vamba, die Göttin des Glücks, und verließ die Unterkunft.
    Die Straße vor der Pension lag leer und totenstill. Laternen und Lynnert-Leuchten in der steinernen Decke waren auf das nächtliche Minimum heruntergeregelt.
    Hippolit folgte der breiten Hauptstraße ein kurzes Stück, bevor er in eine Seitengasse einbog, kaum mehr als ein schmaler, von trüben Lampen gesäumter Korridor. Er führte, so viel hatte er im Zuge seiner Wanderungen bereits gelernt, zu einem schmucklosen kleinen Aufzug, der in der Sechsten in unmittelbarer Nähe des Schwelgermarktes mündete, wo sich Jorge fraglos noch aufhielt.
    Hippolits Herz jubilierte. Die Aufklärung dieses Falles, mochte sie auch einigen Personen noch schwer im Magen liegen, würde seinem Ruf – und dem Ansehen des Instituts, wie er in Gedanken pflichtschuldig hinzufügte – zu neuem Ruhm verhelfen. Tief in seinem Innern spürte er das Erleichterung verheißende Kribbeln des Jägers, der zum finalen Schuss anlegt und weiß, dass er nicht umsonst losgezogen ist, sondern reiche Beute heimbringen wird.
    Noch zwei Gangbiegungen bis zum Aufzug.
    Hippolit stockte. Ein paar Dutzend Schritte vor ihm lag etwas auf dem Boden, mehrere längliche Objekte, wie es schien. Er verlangsamte seinen Schritt. Von Wymmler wusste er, dass die Bürger Barlyns in anderen Bereichen der Stadt ihren Unrat zuweilen ungehemmt auf die Straßen kippten, ein Problem, dem die Verwaltung mit einem ausgeklügelten System zur Abfallentsorgung entgegenzuwirken versuchte. Hier in der Elften hatte er Derartiges allerdings noch nicht gesehen.
    Schließlich konnte er erkennen, worum es sich handelte: Rund zehn große Spitzhacken waren es, die kreuz und quer auf dem Boden des Korridors verstreut lagen, vermutlich beim Transport von irgendeinem Handkarren gerutscht. Soweit es sich in der diesigen Beleuchtung ausmachen ließ, handelte es sich um schwere Exemplare für den Einsatz in den Minen, mit Stahlköpfen, die auf

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