Der Schaedelschmied
Pfütze, begann mit letzter Kraft, das widerliche Zeug vom Boden zu lecken.
Ich trinke Hunderotz, schrie es in Jorge. Er spürte, wie sein Bewusstsein erneut von Schwärze aufgesogen zu werden drohte, und biss auf geronnene Bröckchen, die in seinem Mund aufplatzten. Eine neue, widerwärtige Geschmacksnuance floss über seine Zunge, er würgte, rülpste, keuchte …
… und endlich, endlich wehrte sich sein mit Gift angefüllter Magen. Heiße Galle schoss seinen Hals empor, füllte seinen Mund.
Stöhnend stützte sich Jorge rechts und links der Rotzpfütze ab und kotzte sich die Seele aus dem Leib. Literweise schoss bräunlich verfärbtes Bier aus seiner Kehle, vermischt mit den Resten des halbverdauten Krügerschweins. Etwas davon geriet ihm in die Luftröhre, er musste husten, aber sein Röcheln wurde von einem erneuten Würgereflex jäh unterbrochen. Sein Körper bäumte sich auf, er musste mit dem Rücken an der Bretterwand der Bude Halt suchen, übergab sich abermals. Der sprudelnde Geysir besudelte seine Montur, bis ihre ursprüngliche Farbe nur noch zu erahnen war.
Nach einer Weile ebbten die Krämpfe ab. Schweiß rann über Jorges Gesicht. Seine Augen tränten. Schwer atmend fasste er sich an die Brust. Es beruhigte ihn, seinen eigenen, hämmernden Herzschlag durch das klebrige Leder zu fühlen.
Tief atmete er ein und wieder aus. Der scheußliche Geschmack, der noch immer hinten in seiner Kehle hockte und von dem er befürchtete, dass er ihn nie wieder loswerden würde, verwandelte seine Zunge in einen gefühllosen Lappen. Er schluckte. Sein Magen hob sich erneut, doch es kam nichts mehr. Jorge spürte, dass er leer war, vollständig leer.
Aber war das Gift wirklich draußen? Oder war es bereits zu spät? Floss der Tod längst durch seine Venen?
Am ganzen Leib zitternd, kippte Jorge auf die Seite. Zentnerschwere Müdigkeit überkam ihn. Aber sie fühlte sich anders an als die Schwärze, die Ullrychs Gift gebracht hatte.
Er würde sich jetzt ein wenig ausruhen.
Seine Lider zitterten. Das Letzte, woran er dachte, bevor er in einen unruhigen, erschöpften Schlaf fiel, war die Sonne, die irgendwo viele Meilen über ihm hoffentlich nach wie vor ihre Arbeit verrichtete. Und Pompom, seine Vulvatte. Er betete zu Batardos, dass er beide irgendwann wiedersehen würde.
»Ein altes Trollsprichwort sagt: Wäre doch schade«, flüsterte er und verlor einmal mehr das Bewusstsein.
25
Klappernde, seltsam hölzern klingende Schritte erfüllten den Korridor, näherten sich langsam, ohne Eile. Schließlich bog eine Gestalt um die Kurve, ein wenig größer als ein normaler Zwerg, gekleidet in einen taillierten braunen Gehrock.
»Tja, mein Bester. Ich würde sagen, Sie haben sich mit dem falschen Gegner eingelassen.« Mit gespieltem Bedauern hob Meister Everard eine Braue, ließ sein Monokel herausfallen und fing es geschickt an der Kette auf, um es in seiner Brusttasche zu verstauen. Mit zusammengekniffenen Augen spähte er den vor ihm liegenden Korridor entlang.
Im gedimmten Licht der Deckenleuchten war nicht das Geringste zu erkennen. Der Gang war leer – bis auf einen Haufen sperriger, scharfkantiger Gegenstände, die sich vor der nächsten Kurve auf dem Boden türmten.
»Nicht schlecht … die Wucht der Spitzhacken hat seinen schmächtigen Leib über zwei Dutzend Schritte weit mitgerissen.« Ein maliziöses Lächeln erschien auf Everards Gesicht. Gemächlich schritt er aus, bereit, den blutigen Beweis für die Allmacht seiner thaumaturgischen Fähigkeiten aus nächster Nähe zu begutachten.
Als er etwa die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatte, stockte er. Etwas stimmte nicht: Der Haufen am Boden hätte höher sein müssen, immerhin waren die Werkzeuge nach ihrer Kollision mit der Wand auf einem menschlichen Körper zu liegen gekommen, mochte dieser noch so hager sein. Auch die Blutlache, die das Zusammentreffen von kaltem Stahl und albinotischem Fleisch zutage gefördert haben musste, sollte auf diese Entfernung längst zu sehen sein.
»Ist Ihnen nicht wohl, mein Lieber?«, ertönte da eine helle, kindliche Stimme, die von überall und nirgends zu kommen schien.
Everard fuhr zusammen, sein Kopf ruckte hektisch von rechts nach links. Doch nirgends war jemand zu sehen.
»Auf diese Weise sind Sie auch mit Schürfminister Borkudd verfahren, nicht wahr?«, fuhr die Stimme fort. »Mit Ihrer modifizierten Variante des Beschleunigers jagten Sie von einer Belüftungsklappe irgendwo auf einer höher
Weitere Kostenlose Bücher