Der Schädelschrank
seltsames Bild, aber in meinen Gedanken knotete sich etwas fest.
Es konnte sein, dass dieser Schädelfund erst der Anfang war...
***
Phil Young hatte Samson Vorfahren lassen, ihm beim Einsteigen aber noch zugeflüstert, dass er auf einem Rastplatz anhalten sollte, da er einige Takte mit ihm sprechen wollte.
Young gefiel der Lauf der Dinge überhaupt nicht. Er hatte sich das alles anders ausgerechnet und musste nun zugeben, dass ihm die Dinge aus dem Ruder gelaufen waren.
Keine Schädel mehr in den Schubladen!
Sie waren verschwunden, einfach weg. Das konnte er nicht begreifen. Es sei denn, Samson hatte ihm einen Streich gespielt, und deshalb wollte er ihn allein zu Rede stellen. Allein mit ihm reden. Keine Zeugen zu haben, vor allen Dingen nicht diesen Sinclair und seinen chinesischen Kollegen.
Er bebte innerlich vor Wut. Vieles war ihm kaputt gemacht worden. Seine Gedanken rasten. Wo befanden sich die Schädel? Nur wegen dieses Inhalts hatte er den Schrank gekauft! Sie waren etwas Besonderes, das hatte man ihm nicht nur gesagt, er hatte es auch gespürt, und der Verkäufer war froh gewesen, sie loszuwerden.
Aber jetzt waren sie weg. Gestohlen, vielleicht sogar aus dem Wagen hinausgeworfen worden. Alles sah er als möglich an, und je mehr er darüber nachdachte und dabei auf die Heckleuchten des Transporters schielte, umso stärker wuchs seine Wut an.
Öfter als normal schaute er in die Spiegel. Er wollte erkennen, ob sich Verfolger auf seine Fährte gesetzt hatten. Nein, die Bullen blieben weg, und das allein zählte.
Er fuhr weiter, beschäftigt mit seinen Gedanken. Ungefähr eine halbe Stunde würde es dauern, dann war London erreicht. Zumindest die Vororte, und in einem, wo es noch recht ruhig und ländlich war, stand auch sein Haus.
Phil Young lebte von der Stamm- und auch der Laufkundschaft. Um neue Kunden auf sich aufmerksam zu machen, hatte er an der Straße ein Schild aufgestellt, das auf seinen Laden hinwies. Einige Male hatte er schon damit Erfolg gehabt, wobei er zugeben musste, dass die meisten Kunden, die seinen Laden betraten, nur schauten und wieder verschwanden, was ihn ärgerte.
Aber jetzt nicht mehr. Jetzt würden andere Zeiten anbrechen. Das war mit dem Kauf des Schranks schon geschehen. Angeblich hatte er einem Mann gehört, der die Schädel derjenigen gesammelt hatte, die von ihm verurteilt worden waren.
Köpfe von Verbrechern. Von Ketzern. Von Menschen, die sich gegen die heilige Ordnung der Kirche gestellt hatten. Sie alle hatten in dem Schrank ihren Platz gefunden und waren nun verschwunden.
Einfach so.
Einfach weg!
Der linke Blinker des Transporters zuckte. Samson hatte einen guten Platz entdeckt, an dem er anhalten konnte. Eine Zufahrt tauchte im Licht der Scheinwerfer auf. Es war ein recht schmaler Weg, der auf einem freien Platz endete.
Kein anderer Wagen war dorthingefahren worden. Um diese Zeit standen sie allein.
Voller Wut stieg der Trödler aus. Sein Gesicht bildete eine Maske. Er hielt die Augen weit offen, als er auf die Fahrertür des Transporters zuging.
Samson Quirl wollte ebenfalls aussteigen. Ein Bein hatte er schon nach draußen geschoben, als Phil Young vor ihm stand.
»Bleib drin und rutsch zur Seite!«
»Gut, Chef.«
Der Trödler enterte das Fahrzeug, ließ sich nieder, schloss die Tür und atmete scharf aus.
Samson empfand dieses Ausatmen wie einen Schlag, denn er zuckte zusammen.
»Du hast mir nichts zu sagen – oder?«
»Nein, was hätte ich dir denn sagen sollen?«
»Etwas über den Schrank.«
»Wieso?« Samson schnüffelte.
»Wo der Inhalt ist.«
»Ähm... welcher Inhalt?«
»Die Köpfe, verdammt!«
Samson schüttelte den Kopf. Er wusste nicht mehr. Er konnte nur so antworten. Im Dunkeln wirkte sein Gesicht speckig, und nur seine Augen glänzten.
»Du hast also keine Ahnung?«
»Nein!«
»Und du hast auch keinen der Schädel unterwegs aus dem Schrank entnommen?«, vergewisserte sich Young.
»Ich habe gar nicht angehalten. Ich bin nur vorsichtig gefahren, Chef. Deshalb hat es so lange gedauert.«
Die Wut musste raus, und deshalb schrie Young seinen Mitarbeiter an: »Wo sind dann die Schädel, verflucht!«
»Ich weiß es nicht.«
Young drückte sich zurück und schloss die Augen. Er musste sich zusammenreißen. Er durfte sich nicht gehen lassen. Es stimmte ja, sein Mitarbeiter hätte nichts davon gehabt, den Schrank zu leeren.
Wie waren die Schädel dann verschwunden?
»Wir könnten ja noch mal nachschauen«, schlug Samson
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