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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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Daisy da mit hineinzuziehen... Was passiert, wenn er freundschaftliche Gesten als sexuelle Annäherung missversteht?«
    »Vielleicht geht er ihr deshalb aus dem Weg«, meinte Willis nüchtern. »Er möchte nicht wieder in eine Beziehung hineingeraten, wo man mit ihm sein Spielchen treibt.« Er verbesserte sich sofort. »Ich unterstelle nicht, dass Ihre Partnerin - oder auch Charles - etwas anderes als Freundschaft im Sinn hat. Aber er hegt tiefes Misstrauen gegen Frauen, die ihre Zuneigung durch Körperkontakt zeigen.«
    »Das ist keine Antwort auf meine Frage.«
    »Das weiß ich.« Er hielt inne, um sich zu sammeln. »Ich kann es natürlich nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, doch es würde mich schon sehr wundern, wenn Daisy von Charles irgendeine Gefahr drohte. Echte Feindseligkeit hat er nur zwei Frauen gegenüber gezeigt, seiner Mutter und Jen Morley - und beide sind ziemlich narzisstische Persönlichkeiten. Vielleicht fühlte er sich sogar auf Grund seiner Erfahrungen mit seiner Mutter überhaupt erst zu Jen hingezogen.« Willis versank wieder in nachdenkliches Schweigen.
    »Weiter«, sagte Jackson.
    »Ihre Persönlichkeit war ihm vertraut, und er hat diese Vertrautheit mit Liebe verwechselt. Er hat wahrscheinlich keine Ahnung, wie Narzissmus sich zu Beginn einer Beziehung äußert. Ganz gewiss würde er nicht mit Charme rechnen.«
     
    Jackson hielt am Ende einer langen Schlange von Autos, die alle rechts abbiegen wollten. »Wie würden Sie die Beziehung Ihrer Eltern beschreiben?«, fragte sie Acland.
    »Sie sind seit dreißig Jahren verheiratet.«

    Sie lachte kurz. »Und was heißt das? Dass sie glücklich und zufrieden miteinander sind - oder dass sie zähneknirschend zusammenbleiben, weil nie etwas Besseres dahergekommen ist?«
    Acland zuckte mit den Schultern. »Ich habe sie nicht gefragt.«
    Jackson warf ihm einen Blick zu. »Ist es denn nicht offensichtlich, wenn eine Beziehung glücklich ist?«
    »Für mich nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Es kommt darauf an, wie man Glück definiert.«
    »Ich gehe im Allgemeinen danach, wie die Kommunikation zwischen den Partnern klappt. Wenn sie einander noch interessant finden, geht das Reden ganz von selbst. Sie tauschen sich aus - können miteinander lachen -, möchten gern, dass dem anderen Spaß macht, was ihnen selbst Spaß macht. Ich erlebe in meiner Arbeit viele unglückliche Beziehungen: Dort schweigen sich die Partner oft nur noch an oder gehen einander aus dem Weg.«
    »Das ist immer noch besser als ständiger Streit.«
    »Nicht unbedingt«, widersprach Jackson. »Für manche Menschen ist Streiten eine Form der Kommunikation. Es spricht auch für ausgeglichene Verhältnisse innerhalb der Beziehung. Es macht mich argwöhnisch, wenn ich ein Paar sehe, bei dem der eine Angst hat, den anderen in Frage zu stellen. Ich habe es zu oft erlebt, dass der dominante Partner den anderen herabwürdigt.«
    Acland sagte nichts.
    »Streiten Ihre Eltern?«
    »Nur hinter geschlossenen Türen. Ich habe sie gehört, als ich noch klein war. Da flogen die Fetzen.«
    »Sie wollen also keine Streitereien in Ihren Beziehungen?«
    »Nein.«
    »Glauben Sie, das geht?«, fragte sie. »Frauen sind heutzutage völlig anders als vor dreißig Jahren. Es gibt kaum noch welche, die alles vorbehaltlos schlucken.« Sie zog das Lenkrad herum,
um noch abzubiegen, bevor die Ampel umschaltete. »Sie erwarten doch nicht im Ernst, dass Sie mal das Sagen haben?«
    »Nein.«
    »Dann werden Sie Auseinandersetzungen nicht vermeiden können«, sagte sie sachlich. »Daisy und ich sind uns in den meisten Dingen einig, aber wir haben auch schon einige erbitterte Kämpfe ausgefochten - und ich bedaure sie nicht. Durch sie habe ich gelernt, was Daisy wirklich wichtig ist.«
    »Werden Sie dabei richtig wütend aufeinander?«
    Jackson schüttelte den Kopf. »Nein, das eigentlich nicht. Wir schreien uns vielleicht an, und gelegentlich rennt auch mal eine von uns beleidigt raus, aber es ist nie so, dass wir Rot sehen.«
    »Und wer setzt sich durch?«
    Sie warf ihm einen amüsierten Blick zu. »Was glauben Sie?«
    Er wollte schon sagen, »Sie«, aber dann überlegte er es sich anders. »Daisy.«
    »Jedes Mal«, bestätigte sie. »Ich habe nicht ihr Durchhaltevermögen. Sie lässt nicht locker, macht einen Monat lang Druck. Ist Ihre Mutter auch so?«
    Acland war auf die Frage nicht vorbereitet. »So weit kommt es bei meinen Eltern gar nicht«, gab er in seiner Überraschung ehrlich zur Antwort. »Mein

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