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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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verteidigen?«
    Acland versuchte, seinen Mund zu befeuchten, dennoch klang seine Stimme rau, als er sprach. »Ich verteidige mich.«
    »Wogegen?«
    »Ihre nächste Beschuldigung, wie auch immer sie aussehen wird.« Seine Zunge rieb an seinem trockenen Gaumen. »Das letzte Mal war es Mr. Tutting. Diesmal haben Sie mit einem Taxifahrer angefangen, der ermordet wurde - dann kam ein Regierungsbeamter -, jetzt sind Sie bei Vergewaltigung und Erniedrigung angelangt.«
    Jones wies auf den Stuhl. »Setzen Sie sich«, befahl er im Kommandoton. Er sah zu, wie Beale ein Glas Wasser eingoss, dann nahm er auf der Bettkante Platz, während Acland sich auf dem Stuhl niederließ. »Ich möchte wissen, warum Sie nach Bermondsey zurückgekommen sind und warum wir in diesem Ermittlungsverfahren immer wieder auf Sie stoßen.«

    Acland nahm das Wasser entgegen, murmelte: »Danke«, und trank es in einem Zug hinunter, bevor er sich bückte, um das Glas auf den Boden zu stellen. Er drückte die linke Hand auf die Augenklappe. »Vielleicht sollten Sie Dr. Campbell anrufen und sie bitten, Ihnen Synchronizität zu erklären.«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen.«
    »Wenn Sie in zufälligen Ereignissen einen Sinn suchen, werden Sie ihn wahrscheinlich finden.«
     
    Jacksons Anruf wurde zu Constable Khan weitergeleitet. Während er ihr zuhörte, las er eine E-Mail auf seinem Computerbildschirm.
    »Betrifft: Dringende Bitte um Identifizierung der Fingerabdrücke eines Toten, der heute Morgen aus dem Fluss geborgen wurde. Übereinstimmung festgestellt mit Paul Hadley, 68, unter Anklage wegen sexueller Nötigung einer Minderjährigen. Gemeldet unter 23 Albion Street, Peckham SE 15. Angehörige nicht bekannt. Foto anbei.«
    Er lud den Anhang herunter und hatte das Polizeifoto von Paul Hadley vor sich.
    »Ich höre, was Sie sagen, Dr. Jackson, und ich verstehe Ihre Ungeduld, aber zuerst würde ich Ihnen gern ein Foto schicken, das ich auf meinem Computer habe. Ich glaube, es hat mit dem zu tun, was Sie in Ihrem Wagen gefunden haben. Haben Sie ein 3G-Handy? Ich möchte von Ihnen gern wissen, ob der Mann auf dem Foto der ist, den Sie unter dem Namen Chalky kennen.«
     
    »Wieso sollte ich mich damit abfinden, dass das alles Zufall ist?«, fragte Jones. »Sie haben im selben Pub Ihr Bier getrunken wie Harry Peel. Sie hatten Kevin Atkins’ Handy in Ihrem Besitz. Und Sie haben nur wenige Stunden vor dem Überfall auf ihn mit Walter Tutting gesprochen. Ich suche nach Verbindungen, nicht nach Sinn.«

    »Das läuft aufs Gleiche hinaus.«
    »Da bin ich anderer Meinung. Jeder kann nachher Sinn in etwas hineinphantasieren - es kommt nur darauf an, wie irrational man sein will. Meine Aufgabe ist es allerdings, den Ursachen auf den Grund zu gehen.«
    »Ich wusste nicht, dass Sie heute Abend hier sein würden«, sagte Acland. »Dieses Gespräch ist also reinem Zufall zu verdanken, der noch dazu in jeder Hinsicht für Sie von Vorteil ist. Es würde nicht stattfinden, wenn ich mich von Dr. Jackson ins Bell hätte bringen lassen.«
    »Und warum haben Sie das nicht getan?«
    »Ich wollte erst mal den Kopf frei kriegen.«
    Die Ironie war an Jones nicht verschwendet, er lachte leise. Sie saßen beide vorgebeugt - der Superintendent auf dem Bett, der Lieutenant auf dem Stuhl -, die Köpfe nur Zentimeter voneinander entfernt, und die Stimmung zwischen ihnen schien eher von gegenseitiger Achtung als Feindseligkeit bestimmt. »Darum beschlossen Sie, Dr. Jacksons Wagen zum Crown zu lenken.«
    Acland zuckte mit den Schultern. »Selbst wenn ich das getan hätte, ändert es nichts daran, dass ich von Ihrer Anwesenheit nichts wusste. Jeder interpretiert den Zufall anders, Sie und ich werden also niemals denselben Sinn in etwas sehen.«
    »Vielleicht doch, solange am Ende etwas Zufriedenstellendes herauskommt.«
    Acland hob ein wenig den Kopf. »Und wenn nicht?«
    »Das wäre nur der Fall, wenn Sie die Person sind, die wir suchen«, sagte der Superintendent ganz einleuchtend. »Oder wenn Sie jemanden schützen.«
    Ein schwaches Lächeln schimmerte in Aclands Auge. »Oder wenn es mir scheißegal ist. Wir sind doch nur Ratten im Käfig, Sie, der Inspector und ich, und spielen unsere Alpha-, Betaund Omega-Rollen. Vielleicht langweilt mich das ganze blöde Spiel.«
    »Sie haben es mit den Ratten.«

    »Nur mit den Käfigexemplaren.«
    »Und wer ist Omega? Sie? Mit welcher Begründung? Weil Sie sich in jeder Situation passiv verhalten - oder weil Sie sich von den Alphas beherrschen

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