Der Schatten des Chamaeleons
in eine Anstalt. Würde mich nicht wundern, wenn Sie der Schwulenkiller sind. Verrückt genug dazu sind Sie.«
Acland hatte keine Ahnung gehabt, dass es bis nach oben zu hören war, wenn er nachts schreiend aus seinen Alpträumen hochfuhr. Er schaute wieder zu ihr hinauf. »Welcher Schwulenkiller?«
»Tun Sie doch nicht so.«
Er musterte sie einen Moment, dann trat er die Glut des Feuers aus. »Sie müssen dringend zum Psychiater«, sagte er. »Ihnen muss mal jemand klarmachen, dass es nicht daran liegt, dass die Männer schwul sind, wenn sie mit Ihnen nichts am Hut haben. Sie mögen Sie nicht, weil Sie einfach zum Abgewöhnen sind. Kein Wunder, dass Ihr Mann abgehauen ist.«
»Arschloch.« Sie warf etwas nach ihm - eine Porzellanfigur -, aber es traf ihn nicht und fiel ins Unkraut am Zaun. »Sie kennen mich überhaupt nicht.«
Es juckte Acland in den Fingern, das Wurfgeschoss aufzuheben und zurückzuschleudern - er würde ganz sicher sein Ziel nicht verfehlen -, aber er beherrschte sich. »Ich kenne Sie gut genug, um Sie nicht näher kennenlernen zu wollen«, entgegnete er und ging, wild entschlossen, hier nicht länger zu bleiben, auf seine Terrassentür zu. »Ich bin hier weg, sobald ich meine Sachen gepackt habe.«
Er bereute seinen spontanen Entschluss, sobald er wieder im Haus war. Sein Mietvertrag lief noch über fünf Monate, da würde er zahlen müssen, bis der Makler sich bequemte, die Wohnung neu auszuschreiben. Aber ein Zurück gab es nicht. Die Tussi im oberen Stock würde ihm das Leben zur Hölle machen, wenn er jetzt kniff.
Doch er wusste sowieso, dass er so nicht weitermachen konnte. Es musste sich etwas ändern. Es gab Zeiten, da waren die Kopfschmerzen unerträglich.
Er könnte Jackson beim Wort nehmen und sich bei ihr einquartieren. Doch das brachte er nicht über sich. Allzu lebhaft konnte er sich vorstellen, wie sie reagieren würde, wenn er keine vierundzwanzig Stunden nach seinem Abzug mit eingekniffenem Schwanz wieder angekrochen kam. Er war eher bereit, auf Robert Willis zu hören, auch wenn er den Mann eigentlich für sich abgehakt hatte.
»Gehen kann jeder, Charles - da ist nichts dabei -, aber darum zu bitten, wieder ein gelassen zu werden, das braucht wirklich Mut.«
Wiederum kurz entschlossen rief er ein Taxi und gab dem Fahrer den Namen der Straße an, in der Willis’ Kollegin Susan Campbell wohnte. »Welche Nummer?«
»Die habe ich nicht mehr im Kopf. Fahren Sie einfach langsam, wenn wir dort sind. Ich erkenne das Haus sicher wieder.«
»Sie sind der Chef.«
Zwanzig Minuten später, nachdem sie die Straße dreimal hinauf- und hinuntergefahren waren, hielt der Taxifahrer in einer Parklücke an und drehte sich herum. Sein Blick war misstrauisch, als argwöhnte er, das entstellte Gesicht seines Fahrgasts spiegele etwas Krankes in seinem Inneren. »Wir können den ganzen Nachmittag so weitermachen, Chef, aber die Uhr läuft, und ich möchte am Ende gern mein Geld sehen. Ich nehme an, Sie suchen einen Schlafplatz - aber nicht hier im Taxi.«
Seufzend holte Acland seinen Geldbeutel heraus. »Ich weiß, welches Haus es ist. Ich weiß nur noch nicht, ob ich reingehen will.« Er nahm das Geld für die Taxifahrt heraus.
Der Fahrer wurde gleich zugänglicher. »So geht’s mir immer, wenn ich bei meiner Ex die Kinder abhole.«
Acland reichte ihm einen Zwanzig-Pfund-Schein. »Sie wissen wohl nicht zufällig ein billiges Hotel irgendwo? Ist mir egal, in welcher Gegend.«
»Wie billig?«
»Dreißig die Nacht.«
Der Taxifahrer lachte. »Soll das ein Witz sein? Bei all den vielen Touristen? Wenn wir lange genug herumfahren, könnten Sie vielleicht Glück haben und was Entsprechendes finden. Aber dafür geben Sie für die Fahrerei ein Vermögen aus. Übers Internet wäre auch eine Möglichkeit, verlassen würde ich mich allerdings nicht drauf. London ist ein teures Pflaster.«
»Und wie wär’s mit einem Pub?«
»Da haben Sie das gleiche Problem.« Der Mann gab ihm das Wechselgeld. »Ich an Ihrer Stelle würde die Nacht hierbleiben und morgen weiterüberlegen. Viel Glück.« Er steckte das Trinkgeld ein und sah Acland mitfühlend an. »Warum wollen Sie da nicht reingehen? Was erwartet Sie denn Schlimmes?«
»Fragen«, antwortete Acland ironisch, während er schon die Tür öffnete und mit seinem Seesack ausstieg.
»Die Sie nicht beantworten können, hm? Oder wollen? Ihre Mutter?«
»So ähnlich.«
»Tja, das ist der Unterschied zwischen uns Männern und den Frauen. Wir
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