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Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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waren ihm egal. Er hatte in seinem Leben schon zu viel Schlimmes erlebt. Nein, an das Leid dachte er nicht. Aber seine Hoffnung auf eine große Zukunft zerplatzte vor seinen Augen wie eine übermütige Seifenblase, die sich zu hoch in den Himmel gewagt hatte. Seine Träume flogen ihm um die Ohren. Das tat weh! Wenn Sids Körper zerstört war, nutzte auch das Mumienherz nichts mehr. Sie mussten die Ankunft eines neuen Auserwählten abwarte n – sie mussten die Geburt eines neuen sa abwarten. Er selbst würde dessen Ankunft wohl nicht mehr erleben. So oder s o …
    Das Klingeln seines Handys riss ihn aus den Gedanken.
    Ali! Er klang außer Atem. »Ich kann nicht lange reden! Das Mädchen hat den Jungen aus dem Leichenschauhaus entführt! Im Augenblick ist sie im Hotel und packt ihre Sachen. Sie wollen die Stadt verlassen, nach Luxor! Was mit dem Jungen ist, kann ich nich t … Mist, sie kommt zurück.« Die Verbindung war unterbrochen.
    Birger Jacobsen lächelte. Ali! Er würde ihm eine Sonderprämie spendieren, dafür, dass er die Seifenblase geflickt hatte! Fassungslosigkeit heuchelnd stand er vom Stuhl auf und knöpfte sich sein Versace-Sakko zu. »Ich bin froh, mit Ihnen gleich an einen so pflichtbewussten und kooperativen Partner der Vereinigten Staaten geraten zu sein«, schmeichelte er dem Fettklops. »Sie brauchen sich keinerlei Vorwürfe zu machen. Auch in unseren Gefängnissen läuft ab und zu etwas aus dem Rude r … Sie kennen die Fotos?«
    Dem dicken Ägypter blieb nichts anderes übrig, als zu nicken.
    »Schicken Sie die nötigen Papiere und Unterlagen bitte zum Gegenzeichnen an unsere Behörde.« Er streckte seine Hand über den Tisch, der andere ergriff sie.
    »Danke für Ihre Verschwiegenheit, M r Wright!«, presste der Ägypter hervor.
    Als sich die Sicherheitstüren des Gefängnisses klirrend hinter Birger Jacobsen schlossen, hatte er bereits jedes Detail seines Plans ausgearbeitet. Die Schlampe musste neue Informationen haben, Nachrichten, die ihm weiterhelfen würden. Aufs Geratewohl fuhr sie nicht in den Süden, in die Stadt, die wie kaum eine andere schon durch die bloße Aussprache ihres Namens Seligkeit versprühte: Luxor, die Stadt der Paläste am östlichen Nilufer, Oberägypten. Arabischer Name al-Uqsur, griechisch Theben, altägyptisch Waset. Dreiundsechzig Königsgräber.
    Soweit die Vergangenheit. Die Zukunft würde ihm gehören, als erster Diener von Setepenseth! Birger Jacobsen wuchs innerlich.
    Er lächelte siegessicher. Der Junge musste leben, sonst hätte das Biest seine Kleider im Hotel gelassen.

45. Kapitel
    A2 Kairo Richtung Luxor, Sonntag, 28 . Oktober 2007, 1 6 Uhr
    Yusufs alter Ford Kombi fraß Kilometer um Kilometer. Mit der Upper Egypt Bus Company würde die Fahrt elf Stunden dauern, hatte er verkündet. Yusuf wollte die Strecke in der Hälfte der Zeit schaffen. Und so fuhr er auch. Reisebusse wurden zur Not links überhol t – ganz links, neben der Fahrbahn. Immer wieder hüllte der Sand der Libyschen Wüste den Wagen so dicht ein, dass die Sicht nur noch wenige Meter betrug. In solchen Momenten begann ihr Führer mit belegter Stimme arabische Volksweisen zu singen, auch hier stets ein bisschen neben der Spur. » Inshallah! «, rief er vor den waghalsigsten Manövern. So Gott will, werden wir das hier überleben. Auf der Höhe von Asyut, etwa zweihundert Kilometer von Kairo entfernt, kletterte Rascal über die Sitzlehnen in den Kofferraum zu ihrer wertvollen Fracht.
    Sid zuckte von dem bitteren Geschmack auf seiner Zunge zusammen. Eine gewaltige Faust raste aus der Dunkelheit auf ihn zu. Sie traf ihn am linken Jochbein und schleuderte ihn auf seine Pritsche zurück. Mahmud sang. Seine Brust fühlte sich an, wie von einer Abrissbirne getroffen. Wuchtig schlug das Herz darin. Plötzlich. Unregelmäßig, Ba-Bomm-Bomm-Ba . Schweiß brach ihm aus. Keuchend riss Sid die Augen auf. Schon diese minimale Bewegung, dieses Zucken eines Muskels, verursachte ihm Schmerzen vom Zeh bis ins Rückenmark. Seine Schädeldecke brannte von innen. Er nahm einen Schemen von Rascal wahr, das genügte ihm, und er ergab sich seinen schweren Lidern. Finger spielten an seinen Lippen, zogen sie sanft auseinander. Tropfen für Tropfen der Flüssigkeit prallten auf seine Schleimhäute, hallten in seinem Kopf wider.
    » Iri enek iut, meri’i! «, flüsterte Rascal eindringlich. Ihre Stimme, nicht ihre Sprache. Sid hustete, die Arznei reizte seine Kehle. Aber das Herz fand seinen Rhythmus wieder.

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