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Der Schatten des Schwans

Der Schatten des Schwans

Titel: Der Schatten des Schwans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Nase herunterhängenden Halbbrille folgte Schlauff auf dem Fuß. Auch er drückte Englin kurz die Hand. Die drei Männer verschwanden im Neuen Bau.
    Im großen Besprechungszimmer der Direktion warteten die Dezernatsleiter und ihre Mitarbeiter, unter ihnen auch Berndorf und Tamar. Englin geleitete Schlauff und den zweiten Mann an die Stirnseite des Besprechungstisches. Eiskaltes Blau und geschniegelt wie der Fußballfinanzminister. Ach ja, dachte Berndorf: Sie haben Steinbronner mitgebracht. Steinbronner war der Einsatzleiter des Landespolizeipräsidiums. Dass er nach Ulm gekommen war, bedeutete, dass Stuttgart den Fall übernehmen würde.
    Schlauff ließ sich von Englin kurz erklären, was Ulm nach
der Flucht Thalmanns bisher unternommen hatte. Dann hakte er nach: »Dass der Richter Gauggenrieder zu den gefährdeten Personen gehörte, war also bekannt?«
    Englin sagte, so sei es. »Wir haben deshalb vor dem Wohnhaus auch einen Streifenwagen postiert.«
    »Ermordet worden ist der Mann aber in seinem Garten?«, fragte Steinbronner. »Warum waren die Kollegen im Wagen und nicht auf dem Grundstück?«
    Englin zögerte und blickte Hilfe suchend auf Berndorf.
    »Wegen der Hunde«, sagte Berndorf. »Gauggenrieder hatte zwei bissige Hunde. Die ließen keine Polizisten aufs Grundstück.«
    »Sie!«, sagte Steinbronner. »Wir sind hier nicht im Kabarett.« Berndorf sah ihm ruhig ins Gesicht. Der spielt schon wieder mit dem Schlagstock, dachte er.
    »Das können wir der Öffentlichkeit nicht erzählen, dass die Polizei vor dem Haus im Streifenwagen sitzt und der Mörder im Garten ungestört dem alten Richter und seinen Hunden den Hals abschneidet«, entschied Schlauff. »Englin, Sie werden erklären, dass Gauggenrieder sich Personenschutz verbeten habe. Und dass Ihre Beamten nicht mit einem Angriff gerechnet haben, sonst hätte der zuständige Dezernatsleiter ja auch nicht eine« – Schlauff macht eine viel sagende Pause – »eine Dienstreise angetreten. Leider sieht das in der Öffentlichkeit nicht besonders gut aus. Aber das müssen Sie jetzt auf Ihre Kappe nehmen.« Dann erklärte er, dass er Kriminaldirektor Steinbronner mit der Leitung einer sofort zu bildenden Sonderkommission, der »Soko Thalmann« beauftrage, und kündigte an, dass er, Englin und Steinbronner die näheren Details in einer Pressekonferenz mitteilen würden, die in einer Stunde stattfinden solle. Damit war die Besprechung beendet, Schlauff und Englin verließen den Raum. Als Berndorf gehen wollte, rief ihn Steinbronner zurück. »Wir müssen die Fahndung nach Thalmann auf eine völlig neue Grundlage stellen«, sagte er. »Im Hinblick auf die bisherigen,
völlig unbefriedigenden Ergebnisse entbinde ich Sie von einer Mitwirkung in der ›Soko Thalmann‹. Diese Entscheidung ist mit dem Staatssekretär und Ihrem Vorgesetzten abgestimmt.«
    Berndorf wollte wissen, ob er vom Dienst suspendiert sei.
    »Nein. Noch nicht«, sagte Steinbronner, »aber Sie haben sicherlich Resturlaubstage und Überstunden. Sie können Sie jetzt ausgleichen.«
    Berndorf sagte, dass er dies gerne tun werde: »Aber erst in einigen Tagen.« Dann ging er in sein Dienstzimmer und begann, seine Notizen zusammenzusuchen und einzupacken. Aus den Akten nahm er Abzüge der Fotografie Tiefenbachs, die ihm Rauwolf geschickt hatte und die ihm vom Labor noch einmal vergrößert worden war. Zusammen mit einer Aufnahme von Tiefenbachs Toyota steckte er die Abzüge in eine Klarsichtmappe.
    Tamar kam in sein Zimmer. »Es ist wirklich eine gottverdammte Scheiße, Chef. Mir tut es so Leid, dass ich zu spät zu dem Richter gekommen bin.« Berndorf meinte, dass das nun wirklich nicht ihre Schuld gewesen sei. Der alte Gauggenrieder habe eben seine belgischen Arierhunde überschätzt. Tamar wollte wissen, ob sie in den kommenden Tagen etwas für ihn tun oder erledigen könne.
    »Das können Sie wirklich«, sagte Berndorf. »Als wir zusammen in Ludwigsburg waren, haben Sie sich doch Notizen gemacht. Können Sie nachsehen, wie dieser Oberarzt hieß, der bei Kriegsende ums Leben kam? Der Name klang irgendwie friesisch.«
    »Sie meinen Hendrik Hendriksen«, sagte Tamar. »Ich hab es mir auch so gemerkt. Und der Tieffliegerangriff war bei Wengenried, das muss irgendwo in Oberschwaben sein.«
    Berndorf hob die Hand. »Sie sind perfekt. Danke. Aber ich brauche noch etwas. Könnten Sie beim Landesamt für Besoldung nachfragen, ob Jonas Seiffert noch lebt und wo ich ihn erreichen kann? Sie wissen, Jonas ist der

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