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Der Schatten des Schwans

Der Schatten des Schwans

Titel: Der Schatten des Schwans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Inspektor, der 1960
wegen Christophsbrunn ermittelt hat. Falls Rauwolf anruft, der Görlitzer Kollege, wäre es wichtig, dass Sie mir die Daten durchgeben, die er herausgefunden hat. Wenn Sie mich zu Hause nicht erreichen, sprechen Sie es mir auf den Anrufbeantworter. Ich geh’ heute Nachmittag und vermutlich auch morgen noch Klingeln putzen.«
    Tamar blickte ihn fragend an.
    »Ich will wissen, ob Tiefenbach nicht doch in Ulm gesehen worden ist«, erklärte Berndorf und griff zum Telefonhörer. Er nickte Tamar zu: »Lassen Sie sich von Steinbronner nicht unterkriegen.«
    Immerhin gibt er noch nicht auf, dachte Tamar.
    Sie kehrte in ihr Büro zurück. Im Neuen Bau summte es wie in einem Bienenstock, wenn dort eine neue Königin ausfliegt. Im Schulungsraum waren inzwischen Beamte des Stuttgarter Präsidiums eingezogen, die sich sofort eigene Telefonleitungen schalten ließen. Im voll geparkten Innenhof blockierten sich Mannschaftswagen mit Bereitschaftspolizisten aus Biberach und die Fahrzeuge mit den Nahkampfexperten des Mobilen Sondereinsatzkommandos Göppingen.
    »So sind sie, die Stuttgarter«, sagte Markert, als er zusammen mit Tamar aus dem Fenster das Durcheinander betrachtete, »mehr Blech als Verstand.«
     
    Berndorf rief den Wirtschaftsanwalt Eberhard Schülin an. Es meldete sich eine distinguierte Sekretärinnenstimme. Berndorf bat um einen Beratungstermin. Die Stimme bot einen Termin in der nächsten Woche an. Ob es nicht früher gehe, fragte Berndorf.
    »Moment«, sagte die Sekretärin und, nach einer Pause: »Wie war noch einmal Ihr Name?« Berndorf wiederholte ihn und wurde durchgestellt. »Schülin«, meldete sich eine zweite Stimme, der Name wurde rasch, wie angespannt ausgesprochen.
    »Herr Kriminalkommissar Berndorf, richtig?«, fragte die
Stimme nach. Ach gehe recht in der Annahme, dass Sie in der Sache Thalmann anrufen? Ich muss Ihnen sagen, dass wir nun doch sehr beunruhigt sind.«
    Er hoffe, dass durch die inzwischen getroffenen Vorkehrungen jede Gefährdung ausgeschlossen sei, sagte Berndorf. Aber deswegen rufe er nicht an. Er wolle sich vielmehr von Schülin anwaltlich vertreten lassen und bitte um einen Beratungstermin.
    »Moment«, sagte nun auch Schülin. »Wenn wir nicht zu lang brauchen«, schlug er dann vor, »könnte ich um 14 Uhr eine halbe Stunde für Sie einschieben.« Berndorf sagte, das sei ihm sehr recht, und bedankte sich.
    Als Nächstes wählte er Frentzels Nummer in der Tagblatt-Redaktion. »Ich dachte, die hätten Sie kaltgestellt«, sagte der Gerichtsreporter.
    »Das versuchen sie zumindest«, meinte Berndorf. »Sie haben mir neulich freundlicherweise diese biografischen Angaben über Professor Gustav Twienholt vorgelesen. Könnten Sie mir von dem Artikel eine Kopie machen? Und haben Sie in Ihrem Archiv nicht auch Bilder von ihm? Könnte mir Ihr Labor einen Abzug machen?«
    »Hoppla«, sagte Frentzel. »Im Alleingang auf Kriegspfad? Mir soll’s recht sein. Kommen Sie vorbei, und wir können die Bilder gemeinsam heraussuchen.«
    Frentzel hatte ein kleines Büro, dessen Fenster auf die Feuermauer einer Methodistenkirche hinausgingen. In der Kirche übte ein Posaunenchor. Durch die Feuermauer hörte Berndorf, dass es ein Anfängerkurs war. Frentzel hatte einen braunen DIN-A4-Umschlag vor sich liegen, in dem 20 oder 30 Fotoabzüge steckten. Er holte sie heraus und breitete sie vor Berndorf aus.
    Es handelte sich um Porträts von Twienholt und um Aufnahmen, die ihn bei Vorträgen zeigten und bei seiner Amtseinführung als Dekan. Auf mehreren Fotos war er zusammen mit dem Ulmer Oberbürgermeister und dem Kultusminister
abgelichtet, offenbar waren sie bei einem Festakt aus Anlass seiner Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande entstanden.
    Berndorf suchte sich drei der Porträts heraus: Ob er davon einen Abzug bekommen könne? Frentzel nahm ihn mit ins Fotolabor, wo ein groß gewachsener junger Mann nur wissen wollte, ob es reiche, wenn die Abzüge in zwei Stunden fertig seien. Das sei schneller, als er zu hoffen gewagt habe, sagte Berndorf und schob einen Hundertmarkschein unter eine Bildberechnungsscheibe, die auf dem Labortisch lag.
    »Für die Kaffeekasse«, sagte er. Das gebe aber einigen Kaffee ab, sagte der junge Mann.
    »Für den Einstand«, sagte Berndorf. Der junge Mann zog ganz leicht die Augenbrauen hoch.
    »Sie können mir noch immer nicht sagen, warum der Mann Sie so interessiert?«, hakte Frentzel nach, als sie wieder zur Redaktion hinuntergingen.
    »Waren

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