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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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eine dunkel, die andere blond, starrten sie mit offenem Mund an - jede ein Spiegelbild der Überraschung der anderen.
    »Ich habe Augen im Kopf«, sagte Nynaeve friedlich. »Und Ohren, wenn ihr euch schon nicht die Mühe macht, zu flüstern.« Sie schlürfte ein wenig Wein und ihr Tonfall wurde kälter, als sie fortfuhr: »Was wollt ihr nun in bezug auf ihn unternehmen? Falls diese Schlampe Berelain ihre Klauen in ihn geschlagen hat, wird es nicht einfach werden, sie wieder wegzureißen. Seid ihr sicher, daß es die Mühe wert ist? Ihr wißt, was er ist. Ihr wißt, was ihm bevorsteht, die Prophezeiungen einmal ganz beiseite gelassen. Wahnsinn. Tod. Wie lange hat er noch? Ein Jahr? Zwei? Oder wird es anfangen, bevor noch der Sommer endet? Er ist ein Mann, der die Macht gebrauchen kann.« Jedes Wort klang wie ein Schlag mit dem Hammer auf den Amboß. »Denkt daran, was man euch beigebracht hat. Denkt daran, was er ist.« Elayne hatte den Kopf hoch erhoben und sah Nynaeve in die Augen. »Es spielt keine Rolle. Vielleicht sollte es, aber - nein. Vielleicht bin ich eine Närrin. Es ist mir gleich. Ich kann mein Herz nicht zwingen, wie mein Verstand zu urteilen, Nynaeve.« Plötzlich lächelte Nynaeve. »Ich mußte sichergehen«, sagte sie mit warmer Stimme. »Du mußt dir sicher sein. Es ist wahrhaftig nicht leicht, einen Mann zu lieben, aber diesen einen Mann zu lieben wird noch viel schwerer.« Ihr Lächeln verflog beim Weitersprechen. »Meine erste Frage ist aber noch unbeantwortet. Was wollt ihr seinetwegen unternehmen? Berelain wirkt wohl sehr sanft, und sie will ja, daß die Männer sie so sehen, doch ich glaube nicht daran. Sie wird um das kämpfen, was sie haben will. Und sie ist die Art von Frau, die um etwas mit letztem Einsatz kämpfen wird - selbst wenn sie gar nicht so sehr daran interessiert ist - nur damit eine andere es nicht bekommt!« »Ich würde sie gern in ein Faß stecken«, sagte Egwene. Sie packte ihren Pokal, als sei es der Hals der Ersten von Mayene. »Und dann schicke ich es nach Mayene zurück. Ganz unten im Laderaum.« Nynaeves Zopf schwenkte herum, als sie den Kopf schüttelte. »Alles schön und gut, aber bemühe dich lieber, einen Rat zu erteilen, der tatsächlich hilft. Wenn du das nicht kannst, halte lieber den Mund und laß sie selbst entscheiden, was zu tun ist.« Egwene sah sie mit großen Augen an, und so fügte sie hinzu: »Jetzt ist Rand Elaynes Angelegenheit und nicht mehr deine. Du bist zurückgetreten, falls du dich noch daran erinnerst.« Die Bemerkung hätte eigentlich Elayne zum Lächeln bringen sollen, tat es aber nicht. »Das hätte alles anders ablaufen sollen.« Sie seufzte. »Ich glaubte, ich würde einen Mann kennenlernen, über Monate oder Jahre hinweg kennenlernen, wohlgemerkt, und schließlich erkennen, daß ich ihn liebe. So hatte ich mir das immer vorgestellt. Ich kenne Rand ja kaum. Ich habe mich innerhalb eines Jahres vielleicht gerade ein halbes Dutzend Male mit ihm unterhalten. Aber ich wußte, daß ich ihn liebe, fünf Minuten, nachdem ich ihn das erste Mal erblickt hatte.« Das war nun wirklich närrisch. Nur war ihr das gleich, denn es entsprach nun mal der Wahrheit. Das würde sie auch ihrer Mutter ins Gesicht sagen und Lini ebenso. Nun, Lini vielleicht nicht. Die hatte ihre eigene Art, mit dem fertigzuwerden, was sie als Idiotie betrachtete, und sie schien zu glauben, Elayne sei immer noch nicht älter als zehn. »Wie die Dinge liegen, habe ich aber noch nicht einmal das Recht, auf ihn wütend zu sein. Oder auf Berelain.« Trotzdem war sie es. Ich würde ihm gern eine verpassen, daß ihm die Ohren ein Jahr lang klingeln! Sie würde ich gern mit der Rute zu dem Schiff treiben, das sie nach Mayene zurückbringt! Nur hatte sie kein Recht dazu, und das machte alles viel schlimmer. Sie war wütend auf sich selbst, und ihre Stimme klang ziemlich kläglich: »Was kann ich denn machen? Er hat mich nie wirklich beachtet.« »An den zwei Flüssen«, sagte Egwene bedächtig, »ist es so: Wenn eine Frau einem Mann zeigen will, daß sie sich für ihn interessiert, steckt sie ihm an Bel Tein oder am Sonnentag Blumen ins Haar. Oder sie stickt ein schönes Festtagshemd für ihn. Oder sie bittet gerade ihn zum Tanz und niemand anderen.« Elayne sah sie fast mitleidig an und so fügte sie schnell hinzu: »Ich will damit ja nicht vorschlagen, daß du ihm ein Hemd bestickst, aber es gibt Methoden, ihm zu zeigen, was du fühlst.« »Die Leute in Mayene sprechen alles offen

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