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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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hinweg vernachlässigt worden, und viele Holzschindeln des Daches waren zerbrochen oder fehlten. Kalter Wind pfiff durch die Lücken und wehte immer wieder feinen pudrigen Schnee herein. An jedem Spalt und jeder Ritze zog und blies es, sodass die Lampe in einem fort wild flackerte und die Schatten von Bett und Stuhl, Kisten, Säcken und verschiedenerlei Gerümpel in bizarren Formen an die Wand warf. Darum beherrschte eine störende Rastlosigkeit den Raum. Am Ende des Zimmers überlagerte eine lange dunkle Silhouette die tanzenden Schatten, die Umrisse eines Mannes, der gemessenen Schrittes auf und ab ging und sich dem wilden Schattenspiel zugesellte.
    Blank hatte für Schlaf wenig Verwendung. Niemals verschwendete er auch nur den geringsten Vorteil und hatte sich daher im Lauf der Jahre an immer weniger Schlaf gewöhnt. Inzwischen genügten eine oder zwei Stunden Ruhe seinen Bedürfnissen vollauf. Schon vor langer Zeit hatte er entdeckt, dass die stillen Nachtstunden, wenn die meisten Menschen in urtümliche Vergessenheit versunken waren, ideal für Betrachtungen und Pläne waren, wohingegen er die geschäftigen Stunden des Tages zu deren Ausführung nutzte.
    In dieser Nacht hatte Blank über vieles nachzudenken. Bevor der Sturm ihn gefangen gesetzt hatte, war es seine Absicht gewesen, nach Tiarond zurückzureiten und mit der Suffraganin die Einzelheiten der Zeremonie zu besprechen, die diesen frömmelnden und greinenden Narren endlich zu seinem ach so kostbaren Gott schicken würde. Außerdem, sinnierte Blank, waren noch ein oder zwei Kniffe anzuwenden, um sich der vollkommenen Kooperation der Suffraganin zu versichern. Sie würde davon freilich nie erfahren, es sei denn, sie finge plötzlich an, schwierig zu werden.
    Blank hielt nichts davon, sich über Dinge zu sorgen, auf die er keinen Einfluss hatte. Obwohl er eigentlich längst wieder in der Stadt sein wollte, bedeutete der Schnee doch keinen allzu großen Rückschlag. Ein Schneesturm zu dieser Jahreszeit dürfte am nächsten Morgen aufgehört haben. Außerdem waren seine zwei Dutzend Bewaffneten wohl kräftig genug, um notfalls den Weg von der Sägemühle bis zu den Stadttoren freizuschaufeln.
    Bereits seit langem plante Hauptmann Blank, das Land Callisiora aus dem Würgegriff seiner lächerlichen Religion zu befreien. Nur die göttliche Autorität des Hierarchen, der Herrschaftsauftrag eines abergläubischen Volkes, musste beiseite gefegt werden, und schon konnte er die Macht übernehmen. Wenn Callisiora erst einmal ihm gehörte, dann würde Gendival bald folgen. Der Besitz dieses Reiches wäre dann für Blank die perfekte Basis um Cergorn, diesen Narren, zu stürzen und seinen eigenen Anspruch auf die Führung des Schattenbundes zu erneuern.
    Nüchtern ermahnte sich Blank, nicht zu rennen, bevor er das Laufen gelernt hatte. Gendivals Eroberung lag noch weit in der Zukunft, und große Anstrengungen hatte er dazu noch auf sich zu nehmen. Vordringlich war Callisiora – und hier entwickelte sich tatsächlich alles bestens. Seine komplizierte Intrige, deren Vorbereitung Jahre gedauert hatte, entfaltete sich endlich, und das mit besseren Resultaten als erwartet. Er hatte Zavahl zunächst nur brechen wollen, indem er sein Selbstvertrauen untergrub und ihn der Treue seiner Untertanen beraubte. Doch nachdem Blank entdeckt hatte, welch tiefen Hass Seriema für den Hierarchen empfand, konnte er ihr gerade zur passenden Zeit in den Kopf setzen, das Große Opfer aufzuführen, ein groteskes und unbarmherziges Relikt aus finsterer Vergangenheit. Zugleich hatte Zavahl mit seinen hysterischen, von Panik getriebenen Taten der vergangenen Tage alles getan, um sich selbst auf den Scheiterhaufen zu bringen. Alles verläuft nach Plan, bestätigte Blank sich selbst – ausgenommen einer unerwarteten, aber entscheidenden Kleinigkeit: das Auftauchen des Drachen.
    Warum befand sich ein Angehöriger des Drachenvolkes auf dem Weg durch Callisiora? Darauf konnte es nur eine Antwort geben. Der Wüstenbewohner musste unterwegs nach Gendival sein, um sich mit Cergorn über den Zusammenbruch der Schleierwand zu beraten – und wenn ein Drache die Gefahren einer solchen Reise auf sich nahm, so konnte es nur eins bedeuten: Der Archimandrit nötigte seinen schwerfälligen Schattenbund endlich, zur Tat zu schreiten.
    Nun, diesmal handelte Cergorn zu spät – aber um die eigenen Erfolgsaussichten nicht zu schmälern, musste Blank so lange wie möglich im Geheimen operieren. Leider besaß die

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