Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
Vom Netzwerk:
Anwesenheit des Drachen noch einen Nebenaspekt: Den Weg durch feindliches Gebiet konnte er keinesfalls allein angetreten haben. Wenn sein Reisegefährte oder deren mehrere bei dem Erdrutsch nicht umgekommen waren – und die Soldaten hatten trotz gewissenhafter Suche keine Leichen zutage gefördert –, so gab es wenigstens einen Wissenshüter, der Blank unbekannt war und sich frei in der Umgebung Tiaronds bewegte.
    Blank blieb abrupt stehen. Ob man ihn nun erkannt hatte oder nicht – was unwahrscheinlich war, da die meisten aktiven Agenten zu jung waren, um sich an ihn zu erinnern – so bestand doch immer die Möglichkeit, entlarvt zu werden, bevor er bereit war, sich ein zweites Mal offen gegen den Bund zu stellen. Während der Jahre seines Exils hatte er große Anstrengungen unternommen, um seine wahre Herkunft zu verbergen, ein Grund, warum er so lange mit dem ersten Zug gewartet hatte. In Callisiora, wie auch in anderen Reichen, saßen Agenten des Schattenbundes, die man aus dem entsprechenden Volk rekrutiert hatte. Diese Leute führten ein normales, unauffälliges Leben und bewahrten ihr Geheimnis selbst vor ihren Familien. Dank ihnen war Cergorn darüber auf dem Laufenden, was in der Welt vorging. Zu Beginn seines Exils waren sie seine größte Bedrohung gewesen, doch er hatte diese Gefahr im Laufe der Zeit geduldig ausgeschaltet.
    Nicht jeder in Gendival war mit Cergorn einer Meinung gewesen. Blank hatte viele Anhänger gehabt. Doch angesichts des Schicksals, das ihr Anführer erlitt, hatten sie die Rebellion aufgegeben und beschlossen, dass Besonnenheit der einzig richtige Weg sei. Dennoch blieben ihm viele treu, während die Jahre verstrichen. Allmählich und vorsichtig sandte er Botschaften an Schlüsselpersonen, und sobald einer der verdeckten Agenten in Callisiora starb – wobei in einigen Fällen nachgeholfen worden war –, hatte Blank einen seiner Anhänger an dessen Stelle gesetzt. Dadurch fiel Callisiora an ihn, und er hatte sicher angenommen, mit der Umsetzung seines Plans fortfahren zu können. Aber …
    Warum sich Sorgen machen? Der Sturm wird die Sache erledigen. Plötzlich musste er lächeln. Natürlich! Selbst wenn ein Agent den Erdrutsch überlebt haben sollte, würde er kaum einen Schneesturm im Gebirge überstehen können. Noch war nichts verloren – bei weitem nicht.
    Ein Schrei auf der unteren Etage riss ihn aus seinen Gedanken. Es klang, als würde Zavahl aufsässig. Und zweifellos macht er so weiter, bis die Flammen ihr Opfer verzehren, dachte Blank und wollte schon die wackligen, ausgetretenen Stufen hinuntereilen. Doch dann besann er sich anders. Er rätselte schon die ganze Zeit, was den Hierarchen auf dem Schlangenpass befallen hatte, und nun kam ihm ein neuer Gedanke.
    Wir wollen doch mal schauen, wie er sich verhält, wenn er sich unbeobachtet glaubt, dachte Blank. Er nahm eine Decke und die Lampe und schlich behände an das andere Ende des Dachbodens, worunter sich Zavahls Zimmer befand. Dort kniete er sich hin und untersuchte den Boden, bis er einen Spalt gefunden hatte. An diesem entlang breitete er die Decke aus und legte sich darauf, sodass er zwischen den Dielen hindurchspähen konnte. Leider war es in dem unteren Raum zu dunkel, aber wenn Zavahl erneut begänne irre zu reden, würde er beim Lauschen vielleicht einiges erfahren können. Blank blies die Lampe aus und horchte.
     
    »Nein, nicht! Es ist in meinem Kopf! Holt es raus – raus! RAUS!«
    Zavahl spürte ein Ungeheuer in sich. Er fühlte dessen fremdartiges, grauenhaftes Bewusstsein und wie es jeden seiner Gedanken und alles Handeln mit Zweifeln belegte. Hier im Gebirge war seine Welt mit ebensolcher Wucht und Gründlichkeit zusammengebrochen, wie der Erdrutsch den Drachen begraben hatte. Myrial hatte ihn schutzlos dem Angriff einer körperlosen, übel wollenden Macht preisgegeben. Nun war er besessen von einem namenlosen Bösen, das sich von der Kreatur auf dem Pass auf ihn übertragen hatte. In seinem Kopf war es eingepfercht, und unter dem Druck widerstreitender Gedanken drohte ihm der Schädel zu platzen. Die einen Gedanken erkannte er als seine eigenen, die anderen traten in unvergleichlichen Erscheinungsformen flüchtig und undeutlich in sein Bewusstsein und verschwanden wieder. Wie Traumgespinste. Er hatte Kopfschmerzen von dem anhaltenden Ansturm zu vieler Gedanken, Empfindungen und Erinnerungen. Sein Kopf war dafür zu klein. Ihm war, als müsse er in zu engen Schuhen laufen.
    In seinem dunklen Kerker

Weitere Kostenlose Bücher