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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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Dummchen. Wenn ich noch länger zögere, wird er das Warten Leid und geht. Sie setzte ihr professionelles Lächeln auf und wähnte die beunruhigenden Gefühle unter Kontrolle, dann trat sie aus der Gasse ins Licht – und warf sich einen Augenblick später schluchzend an die Brust ihres Gönners.

 
     
    Tiarond hatte sich verändert. Thirishri, die im Lauf ihres langen Lebens mehrere Male in der Stadt gewesen war, bemerkte die Veränderung, kaum dass sie den Grat überquert hatte. Früher herrschte dort, besonders am Abend, ein reges Treiben. Doch die Straßen lagen so still und verlassen da, dass der Schnee und die späte Stunde nicht alleinige Ursache sein konnten. Der warme Goldton der Sandsteinhäuser war in dem alles durchtränkenden Regen zu Ockergrau verblasst. Die Stadt wirkte trostlos. Überall nur Zeichen von Verrottung und Verfall.
    Beunruhigung beschlich den Luftgeist. Das Wetter war schon lange sehr schlecht, und das raue Klima der Hochgebirgslandschaft hatte seine Wirkung verstärkt. Wie immer, wenn sich eine düstere Stimmung bei ihr einzuschleichen drohte, kehrte sie in Gedanken nach Gendival zurück, und zu Cergorn, den sie sehr vermisste. Hoffentlich kam er ohne sie zurecht und behielt die Angelegenheiten im Griff.
    Der Heilige Bezirk, höchster Punkt und Herz der Stadt, war hoch oben an den Berg gebaut, und von dort breitete sich das Netz steiler Gassen und Straßen aus. Thirishri betrachtete von Weitem und von Nahem die Wärmespuren, die die Bewohner hinterlassen hatten, dann fegte sie durch die Straßen. Soweit sie sehen konnte, rührte sich nichts. Tiaronds Bevölkerung ist wohl schon zu sehr geschwächt und entmutigt, um nach Einbruch der Dunkelheit noch tätig zu werden, dachte sie. Sie beschloss, sich zum Tempelbezirk zu begeben, um zu sehen, was dort vor sich ging. Vielleicht entdeckte sie eine Spur von Tormons Familie. Sie schickte eine schnelle Nachricht an Elion, um ihn ihre Absichten wissen zu lassen, dann folgte sie dem heißen Luftwirbel mehrerer Schornsteine und erhob sich geschmeidig über die Dächer.
    Während sie Tiarond überflog, das in Terrassen zum Berg hin anstieg, wurde das Stadtbild zur Gänze sichtbar. Es hatte die Form einer Speerspitze, die man dem Berg zwischen seinen beiden Ausläufern, welche im Tal weit auseinander strebten, in die Flanke getrieben hatte. Die tiefer gelegenen Viertel mit den schmutzigen, schäbigen Straßen schoben sich weit in die Ebene vor, wo eine hohe Mauer die Stadt begrenzte. Nahe an den Übergängen der beiden Flüsse befand sich jeweils ein Tor, von denen eines nach Süden und das andere nach Westen führte. Der westliche Fluss konnte sich einer schönen Bogenbrücke rühmen, der andere, welcher im Osten aus den Bergen kam, wurde von einer breiten Seilfähre überquert.
    In einem der unteren Stadtviertel hatte man auf die ohnehin schon sehr eng stehenden, alten Steinhäuser zusätzliche hölzerne Obergeschosse gesetzt sowie geschlossene und offene Balkone angebaut, wo immer dies möglich gewesen war und ein wenig mehr Wohnraum einbrachte. Sie überragten die Straßen teilweise in bizarren Winkeln und gaben dem Viertel das Aussehen eines Labyrinths.
    Sie müssen dort furchtbar zusammengepfercht leben, dachte Thirishri, während sie den von dort aufsteigenden Gestank bemerkte, den sie mehr als Geschmack wahrnahm. Jede Art ist anders, ich weiß – aber ich werde nie verstehen, wie die Menschen so leben können. Kein Wunder, dass die Stadt, wie Tormon sagt, voller Krankheiten steckt. Offenbar war jemand mit ihr einer Meinung, denn sie entdeckte mehrere klaffende Lücken in den übervölkerten Stadtteilen, wo man alte Häuser abgerissen hatte. Und hier und da waren schon geräumige neue an ihre Stelle getreten.
    Andererseits fragte sie sich, wo die einstigen Bewohner hingegangen sein mochten. Diese Stadt würde kaum bereit sein, viele Obdachlose für längere Zeit innerhalb der Mauern zu dulden. Also würden sie in die Ebene ziehen müssen und sich in armseligen Hütten ansiedeln, und viele würden in den ungenügenden Verhältnissen sterben. So verringerte sich die Übervölkerung … *Oh, diese Narren!*, empörte sie sich. *Werden sie denn niemals lernen, welche Folgen eine hemmungslose Fortpflanzung hat?* Der zynische Gedanke durchzuckte sie, dass vielleicht die klimatische Schwankung als eine natürliche Regulierung der Bevölkerungszahl zu sehen wäre und nicht ganz unwillkommen sein sollte.
    Schließlich lenkten die höher gelegenen

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