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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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ein sonderbares Licht, das einen schwachen Schein in die nächste Umgebung warf. Andererseits war Toulac dankbar, dass ihr die weitere Beschaffenheit des Geländes verborgen blieb. Der Drache wenigstens schien im Dunkeln besser sehen zu können als sie. Steile Felsen pflegte er im Sturm zu nehmen, und er konnte fast senkrecht die Wand hinauflaufen wie eine Spinne. Manchmal landeten sie mit fürchterlichem Aufprall in einer Bodensenke, sodass ihre Zähne aufeinander schlugen und sie glaubten, die Wirbelsäule müsse ihnen die Schädeldecke durchstoßen. Nur ein einziges Mal in ihrem Leben, und das lag mehr als dreißig Jahre zurück hatte Toulac etwas Ähnliches erlebt, als sie nämlich wegen einer Wette auf einem Floß die Stromschnellen des Tharascani hinuntergeschossen war.
    Eine Zeit lang überließ sie sich dem Erlebnis und genoss es. Alles war viel zu schnell gegangen, als dass sie es schon recht begriffen hätte, geschweige denn, dass sie die Zeit gehabt hätte, sich über die Auswirkungen Gedanken zu machen. Doch nach einer Weile musste sie sich der Wahrheit stellen, die sie während der langweiligen Jahre ihrer Zurückgezogenheit lieber vergessen hatte: Jedes Abenteuer hat seinen Preis. Zwar trug sie ihren dicken Schaffellmantel – den hatte sie angezogen, als Blank und seine Männer ankamen –, doch schmerzten ihr die Ohren und die Zähne von der Kälte. Zwischen ihren Oberschenkeln stieg die Wärme des Drachenkörpers auf, aber sie hatte kein Gefühl mehr in den Füßen, und in den Fingern auch nicht. Dagegen wünschte sie sich sehnlichst, auch ihren Hintern nicht mehr spüren zu können. Auf dem harten Drachenrücken wurde er schier zu Brei geschlagen. Zu den körperlichen Unannehmlichkeiten kam die Angst um den zurückgelassenen Mazal, der nun von der Gnade Blanks und seiner Soldaten abhing. Doch Toulac sagte sich, dass sie noch zur Genüge trauern könne, wenn es tatsächlich zum Schlimmsten käme. Jetzt konnte sie rein gar nichts für den alten Kämpen tun, und zunächst war ihr eigenes und Veldans Überleben das Wichtigste.
    Toulac spürte, dass Veldans Kraft erlahmte. Dies war ein harter Ritt für jemanden, dessen Verletzungen noch heilten. Auch Kaz schien es gemerkt zu haben, denn er bremste sich ein wenig und wählte seine Wege mit größerer Umsicht.
    Doch kurze Zeit später kämpfte er sich durch ein Brombeerdickicht, wobei seine Reiterinnen sich so eng wie möglich an ihn drückten, und gelangte an eine steil abfallende Böschung, die kaum bewachsen war. Veldan hob ihre geheimnisvolle Lichtkugel in die Höhe und beleuchtete eine kleine steinige Senke, die gerade groß genug erschien, dass Kazairl sich darin niederlassen konnte, und die ringsum dichten Tannen und Brombeersträuchern schützten. Dadurch war es nahezu windstill und die Schneedecke nur dünn.
    Der Drache hustete ein paarmal, wie um den Frost aus dem Hals zu vertreiben. Die beiden Frauen reckten sich, streckten die steifen, zitternden Glieder und schüttelten sich den Schnee aus den Haaren. Toulac stieg zuerst ab, dann Veldan, die vor Erschöpfung strauchelte. Außerdem stand ihr die Bestürzung ins Gesicht geschrieben. »Toulac – es tut mir so Leid …«
    »Was für ein Ritt!«, entgegnete die Veteranin und schnitt ihrer Entschuldigung entschlossen das Wort ab. »Darauf hätte ich nicht verzichten wollen, nicht für einen Haufen Diamanten!«
    »Aber ich habe dich doch erst in den Schlamassel hineingebracht«, hielt ihr Veldan unglücklich entgegen.
    »Mädelchen, Schlamassel ist mein Beiname, solange ich denken kann«, antwortete Toulac und begann Veldans Bündel aufzuschnüren. Sie versuchte ein Lächeln, fand aber, dass es mit steifgefrorenem Gesicht nun doch unmöglich war, und begnügte sich damit, ihr beruhigend auf den Arm zu klopfen. »Während der vergangenen Jahre habe ich so etwas sehr vermisst. Wenn einem nichts mehr übrig bleibt, als auf den Tod zu warten, dann ist ein bisschen Schlamassel mehr als willkommen.« Sie gab Veldan ihren Anteil an der Zusatzkleidung: ein Flanellhemd, eine dicke Strickjacke, die sich am Saum bereits auftrennte, und eine geflickte, aber robuste Lederweste. »Hier – zieh das an.«
    »Aber ich bin schuld, dass du dein Haus und allen Besitz verloren hast«, beharrte Veldan, die mit steifen Fingern an den Hemdknöpfen nestelte. »Du kannst nicht mehr zurück. Und was geschieht mit Mazal?«
    »Mädchen, wenn du dich im Leben für jede Kleinigkeit, die du anrichtest, entschuldigen willst, dann

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