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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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Weihrauch und Opferungen im Tempel hergegeben. Hatte mit wachsender Inbrunst gebetet, die ganze Zeit hindurch, während die Kinder krank gewesen waren. Und wie viel Gutes hatte ihr das eingebracht: Myrial hatte den Regen nicht enden lassen, und Myrial hatte ihr auch das Letzte ihrer Geschwister genommen.
    Die Verehrung dieses so genannten Gottes beruhte auf einem Lügengespinst, auf Heuchelei und grausamer Täuschung. Rochalla wusste es jetzt. Nachdem ihre Eltern gestorben waren, war sie gezwungen gewesen, ihre Unschuld zu opfern, um überleben zu können. Heute jedoch hatte sie etwas verloren, was viel tiefer ins Herz schnitt: ihren Glauben.
    Verhärmt und hungrig, erschöpft von den Tagen, die sie mit Krankenpflege zugebracht hatte, und von den kalten, nassen Nächten auf der Straße, so schleppte sie sich vorwärts, während das Elend ihr die Sinne vernebelte – bis sie plötzlich mit einem Fuß in ein tiefes Schlagloch geriet. Sie stolperte und fiel in den schmutzigen Schneematsch, und damit verlor sie den letzten Rest ihrer Selbstbeherrschung.
    Sie stand auf, wischte sich über das Gesicht, und der Zorn, der so lange schon in ihr schwelte, kam endlich zum Ausbruch. Myrial hatte sie allesamt trotzdem sterben lassen. Rochalla reckte die Faust zum Himmel, während ihr die Tränen über die schmutzigen Wangen liefen, und schrie: »Ich glaube nicht an dich, Myrial! Einen so grausamen Gott kann es nicht geben! Ich will nicht mehr an dich glauben! Ich verfluche deinen Namen für den Rest meines Lebens!« Einen atemlosen, hoffnungsvollen Augenblick lang wartete sie darauf, dass der Gott sie niederschlagen würde. »Hörst du mich, Myrial?«, schrie sie. »Ich glaube nicht an dich!«
    »Aber vielleicht glaubt er an dich.«
    Rochalla blinzelte die Tränen fort und sah eine feine, sauber gepflegte Hand, die ihr hilfreich angeboten wurde. Da stand der Kunde der vergangenen Nacht, den sie mit kalten Worten fortgeschickt und dem sie ein Wiedersehen verweigert hatte. »Herr?« Sie versuchte, sich ihren Ärger nicht anmerken zu lassen. Er sollte nicht sehen, wie tief sie gesunken war. Er hat meinen Körper besessen, dachte sie in wildem Zorn. Muss er mir nun den letzten Rest Stolz und Selbstachtung nehmen?
    Der Mann lächelte sie zaghaft und unsicher an, ganz anders als der selbstsichere reiche Kunde, der er in der Nacht gewesen war. »Ich heiße Presvel«, sagte er leise. »Ich arbeite für die Dame Seriema.«
    Rochalla verschlug es den Atem. Ein Kunde nennt niemals seinen Namen! Weiß dieser Narr, wie tief er sich in meine Gewalt gebracht hat? Doch darüber konnte sie sich jetzt kaum Gedanken machen. »Was willst du?«, fragte sie ungeduldig. »Ich sagte dir bereits, dass ich das Huren aufgegeben habe. Und ich habe gerade meine kleine Schwester begraben, ich bin also nicht in der Stimmung, um -« Das weitere ging in Schluchzen unter.
    »Ich weiß, ich weiß«, erwiderte er und stützte sie sanft und zurückhaltend mit einer Hand unter dem Ellbogen. Von irgendwoher erschien ein sauberes, gesticktes Taschentuch und wurde ihr in die Hand gedrückt. Sie wagte nicht, es zu benutzen. Es erschien ihr gänzlich unberührbar. »Ich wünschte sagen zu können, wie tief ich deinen Verlust bedaure«, begann der Kunde, »und es tut mir Leid, dich gerade jetzt zu stören. Doch du hast mir gesagt, dass du am Morgen hierher kommst, und anders hätte ich dich niemals wieder gefunden.«
    »Warum wolltest du mich finden? Warum kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen?«
    »Weil ich dir helfen kann. Nein – sag nichts! Hör mich nur an, bitte.«
    Rochalla zuckte die Schultern. »Tu, was du willst. Ich gehe jetzt nach Hause.« Sie gab ihm das Taschentuch zurück. »Du kannst mich begleiten, wenn du unbedingt willst. Ich nehme nicht an, dass ich dich daran hindern kann.«
    Presvels zaghaftes Lächeln kehrte zurück. »Rochalla, ich habe eine Anstellung für dich. Bevor ich dir sage, um was es sich handelt, muss ich betonen, dass ich keine Gegenleistung verlange. Ich bin nicht auf eine Mätresse aus, und als dein Geliebter – nun, falls du irgendwann in der Zukunft mich zu deinem Geliebten machen willst, dann würde ich nichts dagegen haben, aber fürs Erste lass uns Freunde sein und abwarten, wie wir damit zurecht kommen.«
    »Ich dachte, du wolltest mir eine Arbeitsstelle anbieten«, sagte Rochalla und biss sich auf die Lippen. Sie hätte sich ohrfeigen mögen, dass sie ihn zu weiteren Erklärungen ermutigte.
    »In der Tat.« Mit einemmal

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