Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial
Aufregung, nur Kaz war selbstgefällig wie immer. »Hast du den Plan im Kopf?«, fragte sie zum hundertsten Mal. »Bist du sicher?«
»Keine Angst, Boss. Ich weiß Bescheid. Sieh mal – es geht los.«
Kaum lag die Fackel auf den Scheiterhaufen, als Kaz brüllend durch das Portal und auf das Podest sprang, das unter seinem Gewicht zusammenbrach. Blank, die neue Hierarchin und ein paar Zuschauer gingen inmitten berstender Holzbalken zu Boden.
»Lass mich«, hörte Veldan den Drachen sagen.
»Kaz – nein!«, schrie sie, aber es vergeblich. Der Drache atmete einmal kräftig aus, eine Flamme loderte aus seinem Maul und entfachte außer Angst und Verwirrung auch den Scheiterhaufen. Auf dem Tempelvorplatz schrien die Menschen durcheinander. Schon wurden Menschen gequetscht und niedergetrampelt, weil die Menge vor dem Feuer speienden Ungeheuer zurückwich.
Kazairls Feuerstrahl war heiß genug gewesen, um das nasse Holz zum Brennen zu bringen, und ringsum quoll dicker, grauer Rauch aus dem Scheiterhaufen. Der aufkommende Wind verteilte ihn in Schwaden über den Platz und vereitelte alle Zielversuche der Bogenschützen, die zu beiden Seiten aufgestellt waren. Langsam breitete sich das Feuer aus, und das Opfer begann zu kreischen, als die Flammen um den Pfahl herum aufloderten und an seine Füße leckten. Kaz, der gegen sein eigenes Feuer unempfindlich war, reckte den langen Hals und pflückte den Pfahl, an den Zavahl noch immer fest angebunden war, wie eine Blume aus dem brennenden Holzstoß und riss ihn durch eine schnelle Seitwärtsbewegung des Kopfes durch die Flammen. Mit dem Pfahlende im Maul drehte er sich um und floh mit einem Satz zurück in den Tempel – aber nicht ohne mit dem Schwanz einen kurzen Schlag gegen den heiligen Holzhaufen zu führen und die brennenden Scheite quer über den Platz zu fegen.
Toulac und Veldan schlossen hinter ihm die Flügel der schweren Bronzetür, und Kaz legte sich in voller Länge dagegen. Sofort hörten sie wütende Schreie und Schläge gegen die Tür und dazwischen immer wieder das panische Geschrei der Menge. Veldan und Toulac beeilten sich damit, Zavahl vom Pfahl loszuschneiden, und schlugen auf die schwelenden Stellen seiner ramponierten Opferrobe ein, bis sie gelöscht waren. Veldan war ein wenig besorgt, da er das Bewusstsein verloren hatte, doch Toulac blieb unbeeindruckt. »Ohnmächtig geworden. Vermutlich wegen Kaz«, sagte sie kurzangebunden. »Er atmet. Hat ein bisschen was abbekommen, aber nichts Schlimmes.« Sie warf Kaz einen bösen Blick zu. »Du hast keinen Dank verdient, du blöder Wichtigtuer. Das Feuer war keinesfalls eingeplant!«
»Aber es war doch eine gute Ablenkung, oder?«, erwiderte Kaz und freute sich ganz unschuldig.
»Los, ihr beiden!« drängte Toulac. »Machen wir, dass wir hier fort kommen!«
Mit vereinten Kräften legten sie Zavahl quer über Kazairls Rücken und stiegen dann hinter ihm auf, wobei Toulac auch die Vorratssäcke nahm. Kaz murrte ein wenig wegen des zusätzlichen Passagiers. »Wie gut, dass keiner von euch viel gegessen hat in letzter Zeit«, meinte er. »Festhalten, Mädchen – es geht los!«
Mit einem Satz sprang er vom Portal weg, und sie flohen durch die dunklen Hallen. Sogleich prasselte hinter ihnen der erste Pfeilhagel, denn ein Haufen Gottesschwerter war in den Tempel gestürmt. »Verdammt angenehm, dass es hier so duster ist«, murmelte Toulac. »Sie müssen schießen, ohne was zu sehen.« In den leeren, breiten Gängen im hinteren Teil des Tempels legte der Drache an Tempo zu und brachte die Verfolger außer Sicht. Zu Veldans Erleichterung durchquerten sie wie der Blitz den unteren Wachraum und befanden sich schon im nächsten Augenblick im Felsentunnel.
Blank lag auf dem Rücken unter einer der Podeststützen eingeklemmt, die sich mit anderen Brettern verkeilt hatte. Hilflos musste er mitansehen, wie der Feuerdrache durch die Trümmer preschte und Zavahl aus dem Feuer rettete, und er brüllte vor Zorn. Seit er mit dem Gefangenen in die Zitadelle zurückgekehrt war, hatte er Zavahl wegen der fremden Präsenz in seinem Geist wiederholt befragt, aber weder Mensch noch Drache hatten ihm eine sinnvolle Antwort gegeben – und nun entkamen sie ihm! Verflixt! Gerade jetzt mussten sich diese Frau und ihr Feuerdrache einmischen!
Ungestüm versuchte Blank sich zu befreien. Die Stützen waren nicht schwer genug, um viel Schaden anzurichten, aber sie staken fest, und er konnte sie nicht bewegen. Der Drachen floh in den
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