Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial
hartnäckig darauf. Lieber wollte sie irgendetwas tun, als die Beherrschung zu verlieren. Es war ihre Entscheidung, Cer. Du kannst dich nicht für alles verantwortlich machen.«
»Wen sonst sollte ich verantwortlich machen?«, entgegnete er selbstquälerisch. »Ich habe auf ihr Urteil vertraut, und das heißt, auf das Urteil einer Frau, die zutiefst erschüttert, verängstigt und ernsthaft verwundet gewesen ist, die ein furchtbares Erlebnis durchgestanden hat – und ich habe ihrem Urteil mehr vertraut als meinem. Was für ein Führer bin ich also?«
»Also gut, du hast einen Fehler begangen, und hoffentlich weißt du es das nächste Mal besser. Aber das hilft uns jetzt nicht. Veldans Hauptfehler war immer ihr Mangel an Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.«
»Das ist nur allzu wahr, aber vor der Ak’Zahar-Mission hatte sie ihre Zweifel in der Gewalt. Jetzt hingegen ist ihre Unsicherheit umso größer. Kazairl fühlt sich ihr zu tief verbunden, das ist sein Problem. Wenn Elion es wagen sollte, Veldan zu nahe zu treten, würde Kazairl ihn wohl töten, ohne zu zögern. Und was Elion betrifft, nun, er ist ein netter junger Mann, aber höllisch stolz, und wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann ist er so stur wie ein Esel. Falls du je bei ihm auf Vergebung hoffst – wenn er sich im Recht glaubt, dann trägt er dir seinen Groll bis ans Ende deiner Tage nach, egal was es ihn selbst kostet.«
Syvilda musste ihm zustimmen. »Du hast sie in eine gefährliche Lage gebracht, Cergorn, daran besteht kein Zweifel. Wie gut, dass Thirishri dabei ist, um ein Auge auf sie zu haben. Das war mal eine weise Entscheidung von dir.«
»Es war eine weise Entscheidung von ihr«, gestand er. »Und sie hat mich damit völlig überrumpelt. Hol’s die Pest! Ursprünglich hatte ich gehofft, dass die Begleitung des Sehers für Veldan genau die nette kleine Aufgabe wäre, die sie bräuchte, um ihr Selbstbewusstsein wiederzugewinnen. Ich hätte bedenken müssen, dass sie unter so unberechenbaren Umständen in große Schwierigkeiten geraten kann.«
»Nun, der härteste Stahl geht durch das heißeste Feuer«, sagte Syvilda mit schiefem Lächeln. »Wenn sie es schaffen, werden sie gestärkt daraus hervorgehen. Vielleicht ist es genau das, was sie brauchen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie die Feindschaft zwischen ihnen auf andere Weise gelöst werden könnte. Und sie kommen entweder geheilt oder zerstört zurück, es gibt keinen Mittelweg.« Sie gähnte. »Verzeihung.«
»Lass uns das Licht löschen, und du gehst noch für ein, zwei Stunden schlafen«, schlug Cergorn vor. »Du hast einen anstrengenden Tag vor dir, und es ist nicht recht von mir, dass ich dich so lange wach halte. Es hat keinen Sinn, sich über die drei endlos Sorgen zu machen. Der rechte Zeitpunkt dafür ist längst vorbei, und nun werden sich die Dinge zwangsläufig entwickeln. Außerdem haben sie Thirishri bei sich, die ihnen hilft.«
»Cer…« Syvilda zögerte. »Ich habe es bisher noch nicht erwähnt, und eigentlich war ich entschlossen, deine Sorgen nicht noch zu mehren – aber da wir gerade dabei sind, uns unsere mitternächtlichen Geheimnisse anvertrauen, werde ich es wohl tun. Da gibt es etwas, das du wissen solltest.« Sie machte ein so ernstes Gesicht, dass er erschrak. Oh, nein! Syvilda hatte von je her ein untrügliches Gespür für aufkeimende Probleme besessen, eine Gabe, die ihm in der Vergangenheit schon von unschätzbarem Nutzen gewesen war. Doch diesmal war das Letzte, was er gebrauchen konnte, ein neu entstehendes Problem. Also gut, dachte er. Was ist es diesmal?
Mit gewohnter Leichtigkeit griff seine Lebensgefährtin den Gedanken auf. »Unter den Mechanikern braut sich Ärger zusammen. Einige, besonders die Gaeorn und die Dobarchu, deren Volk sehr schlimm unter den klimatischen Schwankungen leidet, schlagen – mit großem Nachdruck – vor, dass der Schattenbund sein geheimes Dasein aufgeben und das Wissen der Alten lehren und verbreiten soll.«
»Wie bitte?« Cergorn war schon aufgesprungen, bevor er sich dessen bewusst wurde. »Nicht noch einmal Amaurn und seine verdammte Irrlehre! Wann werden sie begreifen, dass das gegen alles verstößt, wofür wir eintreten? Viele der Arten haben, bevor sie hier gelandet sind, ihre eigene Welt zerstört, weil sie genau solches Wissen missbraucht haben wie das, mit dem die Alten unsere Welt schufen. Der Schattenbund wurde gegründet, um dieses Wissen zu hüten und von den gewöhnlichen Leuten fern zu
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