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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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Anständigkeit gezeigt hatte, sah ihm gierig zu und leckte sich über die Lippen, in der Gewissheit, nach ihm an die Reihe zu kommen. »Mach nicht so lange, Gurtus«, verlangte er kichernd, »und nutz sie nicht ab! Nicht, bevor ich dran gewesen bin.«
    Als Felyss sich entblößt sah, überkam sie ein heftiges Schütteln und ihr Gesicht wurde zu Stein. Viora zerriss es das Herz, wie ihre Tochter die Augen und zugleich sich selbst vor dem kommenden Schrecken verschloss. Unfähig einzugreifen, wollte Viora doch wenigstens bitten und flehen, um nur irgendetwas für ihre Tochter zu tun, aber jemand hielt sie fest und zog sie zurück. Sie fuhr herum und blickte in die Augen von Ulias. Die Tränen liefen ihm über die Wangen. »Lauf!«, flüsterte er. »Jetzt! Noch sind sie abgelenkt. Nun los!«
    »Ich kann nicht! Felyss …« Sie konnte kaum sprechen, denn sie biss vor Zorn und Ohnmacht die Zähne aufeinander.
    »Willst du die Nächste sein? Lauf, verdammt! Rette dich! Wir können Felyss nicht helfen.«
    Viora fühlte, dass dieses Eingeständnis der Hilflosigkeit ihm das Herz brach. Vielleicht hatte er Recht, vielleicht fand sie Hilfe … Aber eigentlich wusste sie, dass es längst zu spät war. Dennoch nickte sie und merkte gerade noch, dass Ulias sie losließ. Es entzog sich ihrem Bewusstsein, wie sie der Szene entkam. Erst auf der schmalen Gasse, die aus dem Viertel herausführte, nahm sie wahr, wie schnell sie rannte, und hörte von Ferne die Schreie ihrer Tochter.
    Sie schluchzte und rang nach Atem, während sie blindlings in das breite Tor zum Schlachthof rannte. Sie wusste nicht, was sie als Nächstes tun sollte. Vor Angst konnte sie kaum denken. Von den Passanten hatte sie keine Hilfe zu erwarten. Jeder in der Nachbarschaft wusste, dass ein Schindertrupp im Geißenhof zugange war, und Vioras Anblick bot beredtes Zeugnis. Tatsächlich leerte sich vor ihr die Straße mit wundersamer Schnelligkeit. Niemand in der Unterstadt konnte sich hier eine Einmischung leisten.
    Dann kam die Rettung. Bei den Schlachthausställen an der nächsten Ecke stieß sie mit einem stattlichen jungen Mann zusammen, der wegen seines Kettenhemds dabei gewiss besser wegkam als sie. Als sie taumelte und stürzte, fing er sie auf.
    »Nanu?« Unter dem Rand des glänzenden Helms schauten zwei blaue Augen ruhig und aufmerksam auf sie herab. »Was ist passiert, Frau? Warum rennst du so verängstigt?«
    Viora erkannte, dass sie einer Patrouille der Gottesschwerter in die Arme gelaufen war, und die plötzliche Erleichterung brachte sie fast einer Ohnmacht nahe. Später konnte sie sich nicht mehr erinnern, was sie dem Leutnant geantwortet hatte, sondern nur noch, wie sein Gesicht sich nach den ersten Worten ihrer Geschichte verfinsterte. Dabei liefen ihr schon wieder die Tränen über das Gesicht, und er unterband ihren Redefluss mit einer Handbewegung. »Zeig mir, wo!«, sagte er kalt.
    Als sie zum Geißenhof zurückliefen, sahen sie schon von weitem den Rauch aus den Häusern steigen und kurz darauf ein paar Männer, die mit Fackeln von Haus zu Haus gingen und sie in Brand setzten. Felyss’ schrille, lang gezogene Schreie hallten ihnen entgegen, und Viora stürzte auf den Platz hinaus und sah sie in ihrer Qual nun unter dem zweiten Schinder. Der andere stand dabei und richtete seine Kleider. Zu spät sah Viora, dass Ivar nicht mehr auf dem Boden kauerte. Der war quälend langsam, aber unbemerkt zum Hauseingang hinübergekrochen, wo die Tasche mit seinem Werkzeug lag. Und gerade eben sprang er mit einem Messer den wartenden Schurken von hinten an und schlitzte ihm von einem Ohr zum anderen den Hals auf.
    Das herausschießende Blut nässte den Kumpan, der daraufhin fluchend von Felyss abließ und nach seinem Schwert griff. Es wäre schlecht für Ivar ausgegangen, wenn Viora keine Hilfe mitgebracht hätte. Die Soldaten stürmten an ihr vorbei und handelten rasch. Die beiden Männer waren im Handumdrehen entwaffnet, ohne dass sie jemanden hatten kommen sehen. Felyss’ Peiniger spie daraufhin eine Reihe von Flüchen und Beschimpfungen aus und erregte dadurch die Aufmerksamkeit der vier anderen Schläger, die mit Feuerlegen beschäftigt waren. Die Gottesschwerter bildeten einen Ring um Täter und Opfer, und ein Dutzend Schwerter wurden aus ihren Scheiden gerissen.
    Seriemas Knechte stoppten mitten im Lauf und zügelten ihre Dreistigkeit. Einen Moment lang herrschte eine gespannte Stille. Doch dann trat der Anführer mit wiedergewonnener Aufsässigkeit

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