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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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nicht, die verletzte Frau allein zu lassen. Denn ein verängstigtes Pferd wieder zu finden, würde gewiss einige Zeit dauern.
    Sie war ganz steif, weil sie die Nacht am Bett ihres Gastes verbracht hatte. Also humpelte sie zum Ofen und legte einen Arm voll neues Holz auf die Glut, um sich einen Topf Tee zu kochen. Sie kaufte den Tee bei einer alten Kräuterfrau in Tiarond, die immer behauptete, dass es sich um ein generationenaltes Geheimrezept der Familie handle, eine Mischung aus Kräutern, Beeren und Rinde. Er machte so munter wie der Tritt eines ausschlagenden Schiachtrosses, und Toulac hatte damit schon viele Nachtwachen und so manchen Marsch im Morgengrauen überstanden. Wo sie als Kriegerin auch gewesen war, sie hatte immer einen Vorrat davon bei sich gehabt.
    Während der Tee zog, durchsuchte Toulac die Speisekammer, ob sie noch etwas Essbares hergäbe, vielleicht sogar etwas, das als Krankenkost gelten konnte. Bei Myrials grenzenlosem Hinterteil, in letzter Zeit habe ich die Dinge zu sehr laufen lassen! Und wie sie so im hintersten finsteren Winkel kramte, hörte sie ein vertrautes Wiehern, und ihr Herz machte einen Sprung. Toulac fuhr auf und stieß sich den Kopf an einem Bord. Fluchend rieb sie sich die schmerzende Stelle und beeilte sich, zur Tür zu kommen.
    Bei dieser dichten Bewölkung war es unmöglich, den Sonnestand festzustellen, aber es sah in etwa nach Mittag aus, vielleicht war es auch ein wenig später. Toulac besah sich den neuen Tag und fand ihn wie gewöhnlich grau und nass, doch der Anblick ihres Pferdes, das wartend am Fuß der Verandatreppe stand, war einfach wunderbar. Gleichwohl sah es zum Fürchten aus: von Schlamm bespritzt und zerkratzt vom Unterholz, Mähne und Schwanz hingen nass und strähnig an ihm herab. Immerhin schien Mazal nicht verletzt zu sein, wie Toulac erleichtert feststellte. Er legte die Ohren an und rollte mit den Augen, denn noch immer witterte er die große Eidechse. Aber wenigstens war sie nicht zu sehen.
    »Komm, du verrücktes altes Vieh«, sagte Toulac begütigend und ging mit dem Tier ein paarmal auf und ab, um zu sehen, ob es nach dieser irrsinnigen Flucht vielleicht lahmte. Dann führte sie Mazal mit einiger Überredung die Stufen hinauf und ins Haus. Nach dieser Tortur sollte er nicht in dem zugigen, wackligen Holzschuppen hinter dem Haus stehen, und natürlich konnte sie ihn jetzt keinesfalls in die Scheune bringen. Nachdem sie es also geschafft hatte, ihn wieder in die Küchenecke zu zwängen, bereitete sie einen warmen Brei für das erschöpfte Tier und rieb es trocken und sauber. Dann ließ sie es fressen, goss sich einen Becher Tee ein und ging in das Schlafzimmer, um nach der Fremden zu sehen.
    Die Frau regte sich ein wenig und murmelte etwas, aber sie wachte nicht auf. Toulac öffnete die Läden einen Spalt breit, um Licht hereinzulassen, und schüttelte traurig den Kopf. In dem blassen Gesicht der Kranken stach die Narbe wie ein graublaues Brandmal hervor. Sie bildete eine gezackte Linie, als ob ein Blitz seine sengende Spur von ihrer Wange über die Schulter bis auf den Arm gezogen hätte. An ein paar Narben ist nichts auszusetzen, dachte die alte Kriegerin, und ich habe weiß Gott genug davon zusammenbekommen über die Jahre, aber es ist doch eine Schande, dass sie so ein hässliches Ding ausgerechnet im Gesicht trägt. Während ihrer Betrachtung entdeckte Toulac, dass die Frau eine geheimnisvolle, zarte Schönheit besaß, welche die Entstellung erst recht hervorhob, sodass sie schlimmer aussah, als sie tatsächlich war.
    Was in Myrials Namen konnte sie so furchtbar zugerichtet haben? Jedenfalls nichts, was Toulac schon einmal gesehen hatte. Was für ein Trauerspiel, dachte sie. Ein Gedanke blitzte in ihr auf, als sie die Frau so daliegen sah mit ihrem kurzen, stümperhaft geschnittenen Haar und dem mageren Körper. Ja, mager war sie, nicht schlank – sie lag auf den Fellen wie ein Bündel Knochen. Die Gesichtszüge waren streng und hart, sogar im Schlaf; die Linien um den Mund und über den Brauen hatten wohl der Kummer und das Wetter eingegraben; die Lederkleidung, die jetzt über dem Stuhl hing, war von Schmutz und Schweiß hart geworden, der Zuschnitt zweckmäßig; die Schwielen und Narben an den Händen und Unterarmen zeugten von Kämpfen. Das war kein sanftes, zerbrechliches Mädchen, wie man sie in den Städten findet. Eine Kriegerin ist sie, dachte Toulac mit einem Ruck der Begeisterung, eine Kriegerin wie ich!
    Toulac tastete nach dem

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