Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
Vom Netzwerk:
Puls. Er fühlte sich schon ein wenig kräftiger an – oder bildete sie sich das nur ein? Sie hoffte, dass die Frau überleben würde. Im Laufe der Zeit hatte Toulac auf dem Schlachtfeld recht viel Erfahrung bei der behelfsmäßigen Versorgung von Wunden gesammelt, und so weit sie sehen konnte, waren ein oder zwei Rippen angeschlagen. Sicherlich hatte die Fremde Prellungen, aber keine gebrochenen Glieder. Sie schien halb verhungert zu sein, was nicht gerade zuträglich war. Andererseits war sie zäh genug, um die Unterkühlung und die Gehirnerschütterung so lange zu überstehen. Vielleicht blieb sie am Leben. Toulac berührte leicht die gezackte Narbe und schüttelte den Kopf. Immerhin hatte das arme Mädchen schon Schlimmeres durchlitten und überlebt.
    Als Toulac in die Küche zurückkehrte, war ihr sofort klar, dass Mazal, der vor Müdigkeit zitterte, sich niederlegen wollte. Sie seufzte. Es führte kein Weg daran vorbei. Sie musste ihm hier ein Lager aufschütten, und den Schmutz in der Küche würde sie verdammt noch mal hinnehmen müssen. Außerdem, dachte Toulac, während sie sich in dem schmuddeligen Raum umsah, außerdem wird die dicke saubere Strohschicht den schmierigen Boden zudecken, und das kann auch nicht schlimmer aussehen als jetzt.
    Sie zog sich die Stiefel an und ging durch den zähen Morast zur Scheune hinüber. Der strömende Regen konnte sie nicht zur Eile antreiben. Der Gedanke an eine neuerliche Begegnung mit dem monströsen Tier wirkte abschreckend. Aber eigentlich fand sie sich selbst dabei töricht. Das Ungeheuer hatte sie ausgesucht, damit sie seiner Gefährtin helfe, oder etwa nicht? Das erforderte immerhin einen gewissen Grad an Überlegung und Klugheit. »Toulac, altes Mädchen, dies ist eindeutig kein gewöhnliches, beutegieriges Ungeheuer«, sagte sie sich. »Wenn es nur nicht so verdammt groß wäre.«
    Eine ganze Weile stand sie am Scheunentor und beobachtete den fremdartigen Gast. Seit ihrem Eintreten hatte er nicht einmal mit den Lidern gezuckt. Er war versunken in dem tiefen Schlaf, der einer völligen Erschöpfung folgt. Aber er scheint auch großes Vertrauen zu mir zu haben, wenn er sich diesen unbewachten Schlaf zugesteht, dachte sie. Seltsamerweise fühlte sie sich dadurch gerührt.
    Nun, da es Tag war, konnte sie das Tier näher betrachten. Es sah sonderbar aus. Es lag eingerollt da wie eine schlafende Katze, und die eleganten Kurven des langen Körpers gaben ihm eine schlichte Schönheit. Im Zwielicht, das durch die offene Tür hereinfiel, erhielt die schuppige Haut einen sanften Schimmer, und das Muster sah aus wie bei einer Schlange. Doch der reptilienhafte Eindruck trog, denn die Haut fühlte sich warm und weich an, wie Toulac bereits am Vorabend festgestellt hatte.
    Sie wünschte sich sehr, dass das seltsame Tier aufwachen möge. Andererseits ist es dann wahrscheinlich wieder hungrig, dachte sie bestürzt. Glücklicherweise hatte sie zwei Schweine aufgezogen, eines zum Schlachten, das andere zum Verkaufen. So war es zumindest geplant gewesen. Doch in der vergangenen Nacht hatte sie eins der beiden aufgeben müssen, weil sie nichts anderes hatte, womit sie den riesigen Besucher füttern konnte, und es war mit beängstigender Geschwindigkeit in seinem Schlund verschwunden. Das Zweite würde sicher auf demselben Wege folgen, und damit wären dann ihre Möglichkeiten ausgeschöpft. So weit, so gut. Toulac zuckte die Achseln. Es war ohnehin eine nahezu unlösbare Aufgabe, den Riesen zu ernähren, also gab es einen Punkt weniger, über den sie sich Sorgen machen musste. Aber was würde nach den Schweinen kommen? Was fraß er gewöhnlich?
    Die Kriegerin näherte sich dem Schlafenden. Was zum Teufel bist du für einer?, fragte sie sich kopfschüttelnd. Auf jeden Fall schien er mehr Verstand zu besitzen als so mancher große tumbe Kämpfer, dem sie in ihrem ereignisreichen Leben begegnet war. Woher konnte er nur stammen? Und was verband ihn mit der Frau, die er ihr vor die Tür gelegt hatte?
    Toulac war kein Dummkopf. Sie war weit herumgekommen und hatte die Schleierwand mehr als einmal gesehen. Sie wusste, dass Callisiora davon umgeben war. Die Priester mochten behaupten, sie sei das Ende der Welt, aber die listige Kämpferin hatte keinen Augenblick daran geglaubt. Sie kannte die Geschichten, die während langer Nachtwachen am Feuer erzählt wurden, die von fremdartigen, oftmals furchteinflößenden Eindringlingen handelten, die es in Callisiora nicht gab, die aber

Weitere Kostenlose Bücher