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Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Titel: Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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Soldaten zogen ihre Schwerter.
    »Halt!« Die jüngere der beiden Frauen warf sich zwischen die Gegner. »Alestan, steck das verfluchte Messer weg. Steck es ein.« Auge in Auge standen sie da, und die Luft knisterte beinahe, während sie ihre Willenskraft maßen. Dann, nach einer Ewigkeit, senkte der junge Mann den Blick und schob die Waffe in die Scheide. Die Soldaten rückten vor.
    »Lasst meinen Bruder in Frieden!«, schrie das Mädchen.
    Großer Myrial, zieht jetzt sie ein Messer?
    Mit ausgestrecktem Arm gebot Galveron seinen Männern Einhalt. »Das reicht jetzt.«
    Sie blickte ihn an und nickte ruhig. Es war nicht gerade ein Dank, aber jedenfalls Anerkennung. Sie ließ die Hand sinken, doch ihre wachsame Anspannung entging Galveron nicht, und er wusste, dass sie bereit war zu kämpfen, wenn es sein musste. »Ich bedaure den Tod deiner Männer«, sagte sie mit klarer Stimme.
    »Du tust was?«, zischte ihr Bruder. Sie hob eine gebietende Hand, ohne ihn anzusehen. »Alestan, lass mich das erledigen.« Tatsächlich gehorchte er.
    An den Hauptmann der Gottesschwerter gerichtet, fuhr sie fort: »Ich verstehe, warum du zornig bist. Aber auch du musst eines verstehen: Wir haben nur noch einander.« Mit einer Geste umschloss sie jeden ihrer Gruppe. »Wir sind jetzt eine Familie. Das müssen wir auch sein. Jeder andere, den wir kannten, ist tot. Tosel« – da kam ein Kratzer in ihre Stimme – »er war erst fünfzehn. Im Eifer des Gefechts meinte Alestan, ihn nicht liegen lassen zu können, damit ihn diese Ungeheuer nicht zurichten. Du hast Recht. Es war ein Fehler, und ein schlimmer noch dazu, der zwei anderen den Tod gebracht hat. Aber da war nicht die Zeit, um sich das zu überlegen, nicht in diesem Augenblick. Ich hätte dasselbe getan – und vielleicht hättest du an unserer Stelle dich ähnlich verhalten.«
    Galveron sah Kaita vor sich, die ihm gerade sagte, dass er noch nicht fähig sei, diese Mission anzuführen, dass seine Verantwortung anderswo lag, dass Dawels Tod ihn aufgestachelt hatte, eine schlechte Entscheidung zu treffen. Zögerlich streckte er dem jungen Mädchen die Hand entgegen. »Du hast Recht. Und sei es nun wahr oder irrig, was ich gesagt habe: Ich hätte es nicht sagen sollen, nicht in diesem Augenblick. Auch ich bedaure das.« Er schaute über ihre Schulter hinweg den Bruder an, der sich erfolglos die blutende Nase wischte. Seine Augen blickten hart und unversöhnlich.
    Ich hoffe, du liebst deine Schwester genug, um Frieden zu halten – fürs Erste wenigstens.
    »Sieh mal, wir stecken gemeinsam in der Klemme«, sagte Galveron einlenkend, »und noch ist der Kampf nicht vorbei. Wir können uns nicht erlauben, uns gegenseitig zu bekriegen. Wir müssen die Feindseligkeit hintanstellen und einander helfen, wenn wir alle überleben wollen.«
    »Das ist wahr.« Es war die Schwester, die antwortete. Sie nahm Galverons angebotene Hand und drückte sie kurz. »Aber du hättest meinen Bruder nicht schlagen dürfen.«
    Er sah es kommen, aber bei Myrial, sie war schnell. Ihre Faust sauste aufwärts, sie griff ihm in den Gesichtsverband und rammte ihm gleichzeitig das Knie zwischen die Beine. Der Schmerz riss ihn um wie eine Woge. Er keuchte und sah einen Moment lang nichts. So lange hielt die starre Verblüffung, dann entlud sich der Zorn der Soldaten. Sie sprangen vor und ergriffen das Mädchen. Galveron, der sich noch zusammenkrümmte, riss eine Hand hoch und pfiff sie zurück. Wenn sich der Bruder noch einmal genötigt sähe, sein Messer zu zücken, wäre die Lage nicht mehr zu retten. Außerdem hatte sie den Schlag gedämpft. Obwohl es sicher hübsch dramatisch gewirkt hatte und höllisch weh tat, so hätte sie ihn noch viel härter schlagen können, das wusste er genau.
    Er richtete sich vorsichtig und sehr mühsam auf und sah, wie sie ihn argwöhnisch beobachtete. Unter diesen Umständen brachte er kein ganzes Lächeln zustande, aber er reichte ihr noch einmal die Hand und fragte: »Sind wir quitt?«
    »Wir sind quitt«, antwortete sie, und die Erleichterung war ihr anzusehen. Diesmal war ihr Handschlag länger, fester. Ihre grünen Augen waren ein wenig verweint, und das hellbraune Haar stand nach allen Richtungen ab wie bei einer Vogelscheuche, doch wahrscheinlich war sie, wenn man sich die Schmutzschicht wegdachte, ganz hübsch. Außerdem war sie geradlinig, tapfer und bewies Treue gegenüber ihrem Bruder und ihren Freunden. Wenn sie aus dem Labyrinth stammte und nicht bei der Opferung gewesen

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