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Der Schattenesser

Der Schattenesser

Titel: Der Schattenesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Kopf, bestrafe sie mit Feuer und Schwert dann kannst du Bozena folgen.
    Er war lange genug unter ihnen gewesen, hatte ihre Sitten beobachtet, ihre Quartiere erforscht und ihren Lügen gelauscht. In ihren Gassen hatte die Seuche ihren Anfang genommen, vielleicht die Antwort des Herrn auf ihre Bräuche und blasphemischen Rituale. Er wollte sein Wissen in die Welt hinausschreien so laut er nur konnte. Jeder sollte es hören, jeder sollte erfahren, wer die Pest über Prag gebracht hatte.
    Lucius rückte seine Gardistenuniform zurecht und v erließ das Quartier über die Leiter, die immer noch au>en am Fenster lehnte. Die Tür zum Flur war nach wie ror versperrt, und er sah keinen Grund, etwas daran zu indem. Bozena hatte es nicht verdient, daß man ihren L eichnam durch die Gosse zerrte und von einem Karren ins Feuer kippte wie ein Stück verseuchtes Vieh.
    Er begann mit seiner Mission unten im Hof, und er schrie die Wahrheit so lange zum nächtlichen Himmelhinauf, bis die ersten ihre Fensterläden öffneten und hörten, was er zu sagen hatte. Vom Hof zog er hinaus auf die Straße, wo sich ihm andere anschlössen, er schrie über Plätze und durch Gassen, und alle folgten sie ihm, erst zögernd und zweifelnd, dann begeistert von der Macht der Menge. Bald schon umgab ihn ein wildes Brüllen und Schieben, immer mehr durchschauten, wer verantwortlich war, und immer mehr verlangten nach Vergeltung.
    Die Nachricht loderte über das Viertel hinaus und in die anderen Stadtteile Prags hinüber. Ein Stadtgardist habe die Schuldigen ermittelt, so hieß es, man müsse ihm glauben, schließlich trage er Uniform und sei ein Mann von Ansehen. Es gebe Beweise (nach denen niemand fragte), und natürlich sei er über jeden Zweifel erhaben. Eigentlich, darüber war man sich einig, habe man die Wahrheit schon lange geahnt.
    Und so schob sich aus allen Richtungen der Pöbel aufdie Judenstadt zu, ein Stern, dessen Spitzen plötzlich nach innen wiesen. Auf den nächtlichen Wogen tanzten Lanzen und Keulen, Mistgabeln und Hämmer, Messer, Beile und scharfe Schwerter, und die Flut ergoß sich durch die Tore, bereit, allen Widerstand in ihrem Haß zu ertränken.
     
     
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KAPITEL 10
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    A m Abend war das Heer Bethlen Gabors vor den Toren Prags aufmarschiert und lagerte nun außerhalb der Schußweite der Ligageschütze. Zelte wurden errichtet, Matten ausgerollt. Die Siebenbürger tränkten ihre Pferde, putzten ihre Waffen und hielten sich bereit für den großen Schlag. Denn der grausame Fürst Siebenbürgens war gekommen, um die Stadt in seine Gewalt zubringen.
    Er wußte, daß ihm von Seiten der Stadtgardisten keine Gefahr mehr drohte. Das böhmische Heer war zerschlagen, seine Obersten eingekerkert, manche hingerichtet.
    Doch auch von der Liga erwartete Fürst Gabor nur kraftlosen Widerstand, denn nach mehreren Tagen der Besatzung waren Maximilians Söldner faul und fett, ihre Sinne von Suff und Hurerei betäubt.
    Seine eigenen Kämpfer aber, die Männer aus dem wilden Transsylvanien, peitschte er seit Tagen und Wochen auf, warf ihnen Dörfer und Höfe zu Füßen, wie Hunden, denen man kleine Brocken gewährt, um ihren Blutrausch zu steigern. Und berauscht waren sie, die Soldaten Siebenbürgens, sie hungerten nach den Reichtümern Prags, nach seinen Weibern und Weinen und goldenen Schätzen. Ein jeder von ihnen war bereit, dafür in den Tod zu gehen.
    Maximilian von Bayern, Prager Statthalter des Kaisers Ferdinand, hatte die Stadt bei Ausbruch der Pest verlassen. Nun sannen seine Heerführer auf dem Hradschin über eine Möglichkeit nach, sich gegen die Siebenbürger zu behaupten. Nach kurzer Beratung kamen sie überein, einer Schlacht so lange wie möglich aus dem Wege zu gehen und Verhandlungen mit Bethlen Gabor aufzunehmen. Kurz nach Einbruch der Dämmerung, während Sarai anderswo noch darüber nachdachte, wie sie über den Fluß gelangen konnte, sandte man einen Boten aus, der Fürst Gabor zu einer Begegnung mit den Obersten der Liga einlud.
    Wenig später schon - der Bote war kaum zurückgekehrt und hatte Gabors Annahme überbracht - näherte sich dem Prager Verteidigungswall eine Gruppe von Reitern. Es waren drei Dutzend Soldaten, bestens ausgerüstet, und in ihrer Mitte ritt erhobenen Hauptes der Fürst Siebenbürgens mit seinem engsten Gefolge.
    Als Beweis dafür, daß man den Gegner nicht fürchtete, ließ man den Trupp durchs Tor ins Innere der Stadt. Die Führer der Liga waren strengstens darauf bedacht, dem Fürst durch

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