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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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bloßen Händen in der Erde zu buddeln, die Pflanzen hineinzusetzen und die Wurzelballen festzudrücken. Die Katzen, die sich gerade an den Geschmack der Freiheit gewöhnten, sahen ihr zu. Sie blieben immer nah beim Haus. Selbstbestimmung war schön und gut, aber sicher war sicher.
    Smoky steckte die Nase in einen Lavendelbusch und nieste. Ärgerlich mit dem Schwanz schlagend, trollte er sich. In diesem Moment klingelte das Telefon, das Merle mit nach draußen genommen hatte.
    »Merle, ist Jette da?«
    Jettes Mutter hielt sich selten mit langen Vorreden auf und mitunter vergaß sie auch die Begrüßung. Daran hatte Merle sich gewöhnt und sie nahm es nicht übel.
    »Nein. Sie ist im St. Marien.«
    »Hat sie heute nicht frei?«
    »Eigentlich schon, aber sie hat für den Nachmittag eine Vertretung übernommen. Kann ich ihr was ausrichten?«
    Die Angestellten des Heims durften während ihrer Arbeitszeit nur in Ausnahmefällen Privatgespräche führen. Das war eine strikte Regel, die von allen eingehalten wurde.
    »Ich … nein, ich glaube nicht. Bestell ihr einfach liebe Grüße, ja?«
    »Ist alles in Ordnung?« Irgendetwas stimmte nicht. Merle konnte es förmlich riechen.
    »Ach, ich … mache mir Sorgen, Merle. Vielleicht übertreibe ich ja, aber ich habe das Gefühl, dass diese … Ruhe nichts Gutes zu bedeuten hat.«
    Von wegen Ruhe, dachte Merle. Nachdem das Labor mit dem Bussard fertig gewesen war, hatten Jette, Tilo und sie ihn im Garten der Mühle begraben und einen Strauch auf das Grab gesetzt. Den Namen des Strauchs hatte sie schon wieder vergessen. Er hatte dunkelrote Blätter und würde im Herbst schwarze (für den Menschen ungenießbare) Früchte tragen. Von alldem hatte Imke Thalheim noch nichts erfahren.
    »Dieser Irre kann Ihnen nichts tun«, sagte sie. »Ihm sind die Hände gebunden.«
    Imke Thalheim schwieg so lange, dass Merle sich schon fragte, ob sie vielleicht etwas Falsches gesagt hatte. »Und euch ist nichts aufgefallen, das euch irgendwie seltsam vorgekommen ist?«, fragte sie dann.
    Merle war noch nie eine gute Lügnerin gewesen. Auch im Verschweigen hatte sie keine Übung. »Äh … nein.«
    Jettes Mutter hatte das kurze Zögern bemerkt. Und schon hakte sie nach. »Bist du sicher, Merle?«
    »Ehrlich. Uns geht’s prächtig. Wir haben heute Morgen Jettes neues Auto abgeholt und eine kleine Spritztour gemacht, danach ist Jette ins Heim gefahren, und ich nutze meinen freien Tag, um unseren Hof ein bisschen zu verschönern.« Das Telefon war ganz glitschig in Merles Hand. Sie spürte, wie ihr Schweißtropfen den Rücken hinunterliefen. Es war grässlich schwer, sich nicht zu verplappern.
    »Gut«, sagte Imke Thalheim und klang alles andere als überzeugt. »Dann hab ich mich wohl getäuscht … ich … es ist nicht einfach, mit … alldem zurechtzukommen, weißt du?«
    Das konnte Merle sich lebhaft vorstellen. Es tat ihr weh, die Frau zu belügen, die sie lieber mochte als ihre eigene Mutter. »Kommt die Polizei denn voran?«, fragte sie, um abzulenken und auch, um zu demonstrieren, dass Jette und sie sich diesmal brav zurückhielten und dem Kommissar nicht ins Handwerk pfuschten.
    »Der Mord an Frau Bergerhausen ist ja gerade erst passiert. Die Routine ist angelaufen. Da können wir noch keine Ergebnisse erwarten.«
    »Für Sie muss das Warten besonders schwer sein.«
    »Oh ja. Ich halte es hier kaum noch aus.«
    »Wir würden Sie so gerne besuchen, aber …«
    »Um Himmels willen! Merle! Dass ihr bloß nicht herkommt! Versprich mir das!«
    »Wir wissen doch gar nicht, wo …«
    »Zum Glück nicht!« Jettes Mutter stieß erleichtert den Atem aus. »Versucht gar nicht erst, es herauszufinden! Und - Merle - seid vorsichtig, hast du gehört?«
    »Ehrenwort.«
    Merle legte den Hörer beiseite und beugte sich wieder über die Blumenerde. Ihr war nicht wohl bei dem Gedanken daran,  dass sie Jettes Mutter den Tod des Bussards verschwiegen. Er hatte zu der Mühle gehört und zu ihrem Leben dort. Hatte Imke Thalheim, die darüber hinaus ein ganz besonderes Verhältnis zu dem Vogel gehabt hatte, nicht ein Recht darauf, zu erfahren, was ihm zugestoßen war?
     
    Manuel hatte sich noch keine konkreten Gedanken über sein Vorgehen gemacht. Er hatte bis zuletzt gehofft, auf eine geradezu kindliche Weise, Imke würde auch ohne weitere Aktionen zurückkehren. Doch es war an der Zeit zu begreifen, dass sie seine Liebe nicht erkannt hatte. Schlimmer noch - sie hatte sie zurückgewiesen, anders war ihr Verhalten

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