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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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introvertiert beschrieben«, berichtete Bert. »Kein Intellektueller, dafür seien seine Hände zu kräftig.«
    Seine Erregung hatte sich auf Isa übertragen. Ihre Augen glänzten vor Eifer.
    »Das stimmt mit unserer Annahme überein, dass er einen typischen Männerberuf ausübt«, sagte sie. »Aller Wahrscheinlichkeit nach arbeitet er also mit den Händen. Und sein Alter?«
    »Schätzungsweise Mitte zwanzig.«
    »Mitte zwanzig«, murmelte Isa nachdenklich. »Körperliche Arbeit. Typische Männerdomäne …«
    »Maurer, Fliesenleger, Klempner«, zählte Bert auf. »Dachdecker, Autoschlosser, Gärtner.«
    »Im Bereich Gartenbau sind die Frauen stark auf dem Vormarsch«, wandte Isa ein.
    »In den anderen Berufen auch. Ich kenne zwei Dachdeckerinnen, eine Autoschlosserin und eine Fliesenlegerin. Die reine Männerdomäne gibt es doch gar nicht mehr.«
    »Straßenbauarbeiter«, schlug Isa vor, ohne darauf einzugehen, »Holzfäller.«
    Bert gab eine Runde Kaffee aus. Ihm rauchte der Kopf und sein Adrenalinspiegel war in den vergangenen Stunden hochgeschossen wie eine Quecksilbersäule. Als das Telefon klingelte, griff er gereizt nach dem Hörer. »Ja!«
    Es war der Kollege, den er zum Schutz Imke Thalheims abgestellt hatte. Er war so aufgelöst, dass er sich ständig verhaspelte. Bert drückte den Hörer fester ans Ohr. »Wie bitte? Ihr habt sie verloren?«
    Er sprang auf und schnappte nach Luft. Dann brüllte er, dass man es bis zum Polizeipräsidenten hören konnte: »Was heißt das, verloren?«
    Er bemühte sich, zuzuhören und nicht vor Wut in den Hörer zu beißen. Der Kollege bekam vor lauter Stottern kaum noch einen Satz zu Ende.
    »Ich kümmere mich darum«, sagte Bert eisig.
    »Was ist passiert?«, fragte Isa, nachdem er aufgelegt hatte.
    »Imke Thalheim ist verschwunden«, sagte er, bebend vor Zorn. »Mit der Freundin ihrer Tochter. Sie haben die Kollegen nach allen Regeln der Kunst ausgetrickst und sind auf und davon.«
    Er trat gegen den Schreibtisch, dass es schepperte. Dann griff er zum Telefon.
    »Mischa? Wir suchen jetzt auch den Wagen vom Pizza Service Claudio. Veranlasse bitte alles Nötige.«
    Isa verließ leise das Büro. Bert winkte ihr halbherzig nach und regelte, was zu regeln war. Obwohl er Imke Thalheim verstehen konnte, war er enttäuscht. Er hatte gehofft, ihr Vertrauen zu ihm wäre größer gewesen.
     
    Meine Lippe hatte aufgehört zu bluten. Die Wunde brannte wie Feuer und mein Kiefer und meine Zähne taten weh. Die Tränen hatten meine Augenlider anschwellen lassen. Sie pochten vor Hitze, und ich hätte gern die Augen geschlossen, um sie ein bisschen zu entspannen. Aber sobald ich es versuchte, überwältigte mich die Panik, und ich riss sie wieder auf.
    An Deck konnte ich ihn hören, Manuel, wie er auf und ab ging. Ich wartete sehnlich darauf, dass er das Boot wieder verlassen würde. Solange er in meiner Nähe war, konnte ich nichts tun, nicht mal klar denken.
    Ich war in seiner Gewalt. Und ich hatte den Ausdruck in seinen Augen bemerkt, bevor er mich von sich gestoßen hatte.
    So wie ich jetzt aussah, verheult und von Blut verschmiert, würde ich ihn wohl kaum noch reizen. Das war mein Glück, und ich war ihm fast dankbar dafür, dass er mich geschlagen hatte.
    Und wenn es genau das ist, was ihn scharf macht? Wenn er es mag, ein Mädchen winselnd zu seinen Füßen zu sehen?
    Mein Magen zog sich zusammen und schickte Wellen von Schmerz durch meinen Körper. Es haute mich um - ich war einem Psychopathen ausgeliefert und verspürte Hunger!
    Ich hatte mich so auf der Sitzbank zusammengekauert, dass ich das Kinn auf die Knie legen konnte. Das entlastete Arme und Rücken ein bisschen. Die Zeit verging, und ich blieb allein hier unten und schmiedete Fluchtpläne, die ich gleich darauf wieder verwarf.
    Er wollte nicht mich. Er wollte meine Mutter.
    Das schützte mich für den Moment. Erst wenn er meine Mutter nicht bekäme, würde er seine Enttäuschung an mir auslassen, aber so weit war es noch nicht. Die Stunden, die mir blieben, wollte ich sinnvoll nutzen. Indem ich beispielsweise versuchte herauszufinden, wo ich mich befand.
    Es gab eine ganze Seenlandschaft um Bröhl herum und zahlreiche Flüsse und Flussarme, die in den Rhein mündeten. Auf dem Weg zum Boot hatte ich so gut wie nichts erkennen können. Doch selbst wenn die nasse Sonnenbrille mich nicht behindert hätte - ich hatte keine Erfahrung mit Booten und hatte noch nie einen Jachthafen aus der Nähe gesehen.
    Ich konzentrierte mich

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