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Der Schattensucher (German Edition)

Der Schattensucher (German Edition)

Titel: Der Schattensucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Braun
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über das Dach der Meskanhalle sprintete. Das Ende wollte nicht näher kommen. Schließlich berührte ihn etwas am Rücken, eine Pfote riss ihn an der Schulter zurück und er stürzte zu Boden. »Endlich hab ich dich erwischt!« Als er sich umdrehte und sich schützend die Arme vor den Körper hielt, sah er nicht den Wolfshund, sondern Norman. Er stand über ihm, mit den Stiefeln drückte er ihm die Arme gegen den Boden.
    »Hast wohl geglaubt, mich alten Hasen loszuwerden«, sagte Norman mit tiefer Stimme.
    »Was hast du mit mir vor?«
    »Du hast meine Uniform getragen! Wo ist sie?«
    »Ich habe sie zurückgegeben, ehe ich floh.«
    »Lüge. Du hast sie unter deinem Mantel.« Damit riss Norman ihm den Mantel vor der Brust auseinander. Der Bussard auf der Uniform kam zum Vorschein. »Lüge. Alles Lüge.«
    Jetzt bemerkte Levin erst die sieben roten Wunden an Normans Oberkörper. Sie schienen ausgetrocknet zu sein.
    »Wo wolltest du denn hin?«, fragte Norman.
    »In die Ferne.«
    »Und dort wärst du mich los gewesen, was? Lüge, alles Lüge. Du wirst mich doch nicht los.«
    »Lässt du mich jetzt gehen?«
    »Ich habe dir eine Botschaft geschickt. Warum hast du sie nicht befolgt?«, fragte Norman, ohne auf Levins Worte zu reagieren.
    »Ich habe keine Botschaft bekommen.«
    »Oh doch, das hast du. Was willst du jetzt tun? Einfach davonlaufen? Ohne die Aufgabe erfüllt zu haben? Du weißt, dass ich das nicht zulassen werde.«
    »Ich habe doch keine Ahnung, was du willst«, sagte Levin.
    »Lüge, alles Lüge. Es ist völlig klar, was von dir erwartet wird. Nicht umsonst habe ich diese Wunden an mir. Jetzt mach etwas daraus.« Levin hatte den Eindruck, dass die Wunden größer geworden waren.
    »Aber … damit habe ich doch nichts zu tun!«
    Jetzt lachte Norman laut auf. »Nichts zu tun?! Ha, das ist gut, das ist sehr gut. Meinst wohl, dass du dir alles selber zu verdanken hast.«
    »Aber ja doch.«
    »Nicht die geringste Ahnung hast du. Was wäre denn mit mir passiert, wenn du nicht gewesen wärst? Und was wäre aus dir geworden, wenn sie mich nicht durchlöchert hätten?«
    »Das habe ich nicht gewollt.«
    »Wer fragt hier danach, was du wolltest?«
    »Wenn das so ist, dann will ich sterben«, sagte Levin.
    »Du willst sterben? Das ist ja wohl das Lächerlichste, was ich je gehört habe. Das ist noch lächerlicher als zu fliehen.«
    »Sag mir, was du willst und lass mich in Ruhe!«, brüllte Levin und sah auf das flackernde Gemäuer.
    »Es wird nicht lange dauern«, hörte er die tiefe Stimme.
    »Wie?«
    »Ich lasse Euch bald wieder in Ruhe. Ich wollte nur einen kleinen Besuch machen.«
    Levin schreckte hoch und schaute um sich. Woher kam die Stimme, die nicht mehr Normans Stimme war?
    Vor dem Gitter stand er. Die Schattengrenze lief mitten durch sein Gesicht. Auf der hellen Seite schimmerten die weißen Haare.
    »Gereon?«
    »Es tut mir leid, dass ich Euch geweckt habe.«
    »Schon gut, ich … habe geträumt.«
    »Das war nicht zu überhören. Ihr müsst Euch hier schon sehr verloren vorkommen.« Er machte einen Schritt näher ans Gitter. Levin konnte jetzt sein sanftes Gesicht erkennen.
    »Und Ihr? Warum seid Ihr hier?«, fragte Levin und setzte sich vollends auf.
    »Nun, ich dachte mir, dass Ihr sicher selten Besuch bekommt. Seit unserem letzten Treffen scheint sich einiges bei Euch getan zu haben.«
    »Das könnt Ihr laut sagen.«
    »Nun ja, es hat mir sehr leidgetan, Eure Geschichte zu hören. Da hat es mich interessiert, wie es Euch jetzt wohl geht.«
    »Bitte schön. Jetzt seht Ihr’s ja, Senator. Tut Euch keinen Zwang an. Ist fast wie ein Käfig hier.«
    »Wenigstens stelle ich fest, dass Ihr Eure Respektlosigkeit nicht verloren habt. Das beruhigt mich.«
    »Das wird mir noch genau zwei Tage lang helfen.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Gereon verständnisvoll. Seine Gegenwart brachte etwas Wohliges in den Raum, auch wenn Levin nicht auf eine Unterhaltung eingestellt war. »Man hat mir alles erzählt.«
    »Wie kommt Ihr überhaupt hier rein?«
    »Oh, das ergab sich einfach. Vorhin fand das diplomatische Treffen mit dem Grafen statt – wie immer eine höchst frustrierende Angelegenheit. Ich fragte nach Euch und da erfuhr ich die ganze Geschichte. Ich bat den Hauptmann um eine Genehmigung, für einige Augenblicke bei Euch vorbeizuschauen. Nachdem sie mich zweimal durchsucht hatten, ließen sich mich durch.«
    »Ein Wunder, dass die Wachen Euch nicht begleiten.«
    »Kein Wunder. Auch auf Briangard gibt es Leute, die ein

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