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Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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hätte sie nicht die Schutzbrille aus Kristall und Leder über ihrer richtigen Brille aufgehabt. Ihre Hände klammerten sich an das Gestänge, das den Harnisch trug, der wiederum sie trug, während Lian, mit ledernen Gurten unter ihr festgeschnallt, Veribas’ Fluggerät allein durch die Kraft seiner Gedanken über das Meer aus Licht und Dächern steuerte. Kriss hörte ihn begeistert lachen, als habe er Spaß an der mörderischen Höhe und der halsbrecherischen Geschwindigkeit, mit der sie dahinschwirrten. Die ganze Zeit spürte sie Umis Krallen, die sich an ihrer Schulter festklammerten.
    Kriss war nicht religiös (nicht wirklich jedenfalls), trotzdem erwischte sie sich dabei, wie sie zum Weltengeist betete, dass der Harnisch Lians und ihr nicht geringes Gewicht aushielt, dass niemand sie sah oder mit Musketen auf sie feuerte und vor allem, dass die halb erschöpften Ælon-Speicher des Apparats ausreichten, sie die ganzen zwei Meilen von der Windrose bis zum Museum zu tragen – und nach Möglichkeit auch wieder zurück!
     
    Sie hatten den ganzen Nachmittag damit verbracht, mit dem Flieger zu experimentieren, den sie aus Veribas’ Baumhaus mitgenommen hatten. Der Kapitän hatte Kurs auf einen verlassenen Strand weiter östlich setzen lassen; Kriss hatte im warmen Sand gehockt und zugesehen, wie Lian sich den Harnisch um die Brust schnallte und die Apparatur ganz von allein die Metall-und-Glas-Flügel ausklappte. Kaum war dies geschehen, verloren Lians Schuhe den Kontakt zum Boden. Kriss’ ganzer Körper spannte sich vor Aufregung wie ein Draht. Da schoss Lian auch schon in den Himmel, zwei, drei, vier, fünf Klafter steil der Sonne entgegen und sein ungläubiges Lachen erfüllte den Himmel. »Es is’ ganz leicht!«, rief er. »Ich muss nur mein Ziel ansehen und das Teil macht den Rest!«
    »Sei trotzdem vorsichtig!« Die Hände zu Fäusten geballt und an den Mund gehoben beobachtete Kriss, wie Lian eine Schleife nach der anderen am Himmel zog und dann zu Boden stürzte – nur um ganz knapp über dem Sand dahin zu gleiten. »Kann ich das Ding behalten?«, hörte Kriss ihn im Vorbeiflug fragen.
     
    Sie kniff die Augen zusammen, als sie eine niedrige Wolke durchquerten; als sie wieder hinsah, wallte grauer Nebel um sie herum. Da tauchte unter ihnen auch schon wieder die Stadt auf – und mit ihr das Museum!
    Die Fenster seiner drei Stockwerke waren verrammelt. Soldaten patrouillierten im Hof hinter dem Gusseisenzaun, doch ihre Blicke waren stur geradeaus gerichtet. Wenn einer von ihnen den Riesenkäfer am Himmel gesichtet hatte, schlug er keinen Alarm.
    »Achtung!«, rief Lian gegen den fauchenden Wind an. »Ich lande!«
    Kriss nickte hastig, während sie versuchte ihre Übelkeit zu ignorieren sowie das Gefühl, ihr Magen sei zu einem winzigen, stahlharten Knoten geschrumpft. Das ebene Dach des Museums lag jetzt direkt unter ihnen; gelbes und rotes Mondlicht schimmerte auf seinen drei Kuppeln – die plötzlich heranrasten, als Lian den Flieger steil nach unten manövrierte!
    Kriss’ Magen machte einen Satz, als der Absturz plötzlich gestoppt wurde. Das Fluggerät verlagerte sich von der Horizontalen in die Senkrechte und setzte still und leise wie eine Feder auf dem Dach auf. Kriss jubelte innerlich, als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Kaum zu glauben, sie hatte es überlebt!
    Lian schnallte sich bereits ab und half ihr, sich ebenfalls von dem Flieger zu lösen; ihre Knie waren so weich, dass sie gestürzt wäre, hätte er sie nicht im letzten Moment festgehalten.
    »He, alles überstanden?«, fragte er.
    Kriss sah ihn an und spürte wieder Flüstermotten in ihrem Bauch. »Danke«, sagte sie. »Gut geflogen!«
    Lian grinste. »Bin selbst ganz begeistert!«
    Kriss fand, dass er sie viel zu früh los ließ. Umi flatterte zwischen ihnen, scheinbar froh, wieder die Flügel ausstrecken zu können.
    Sie waren direkt vor der mittleren und größten Kuppel gelandet. Das Glas war klar und frisch poliert; Kriss sah darin ihr eigenes und Lians Spiegelbild, ganz in schwarz gekleidet, mit engen Kapuzen über den Köpfen und den Schutzbrillen über den Augen. Von dem Saal unterhalb der Kuppel konnten sie nur Schemen und Schatten erkennen.
    Kriss sah zu Lian. Ob er das Trommeln in ihrer Brust hören konnte?
    »Also dann«, wollte sie sagen, als mit einem Mal alle Glockentürme der Stadt zum Leben erwachten; ihr Läuten musste selbst auf den Monden zu hören sein! Kriss und Lian hielten sich die Ohren zu

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