Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)
schrecklichen Zähne bleckte.
»Euer Durchlaucht!« Kriss bekam gerade so einen Knicks hin, wobei ihre Ketten rasselten. »Verzeiht, dass man Euch mit unserer Anwesenheit belästigt! Es handelt sich ganz sicher um ein Verseh–!«
»Oh«, die junge Fürstin lächelte mit einer deutlichen Zahnlücke, »ich konnte dank des Feuerwerks ohnehin nicht schlafen. Daher dachte ich, ich sehe mir persönlich an, was meine Spionjäger da aufgegriffen haben.«
»Spionjäger?«
»Das sagte ich.« Dass ssagte ich.
Kriss lächelte nervös. »Euer Durchlaucht, ich bitte vielmals um Verzeihung, aber wir sind keine Spione!«
»Euer Akzent.« Die Fürstin fächelte sich Luft zu. »Milorianisch, nicht wahr?«
»Ja, Durchlaucht«, sagte Kriss. Lian nickte nur mit grimmiger Miene.
»Natürlich.« Ihre Gastgeberin schien nichts anderes erwartet zu haben. Das alles schien sie sehr zu erheitern. »Und was seid Ihr, wenn keine Spione?«
»Forscher, Euer Durchlaucht!« Kriss verneigte sich sicherheitshalber. Warum konnte ihr nicht endlich jemand die Fesseln abnehmen? »Wir befinden uns auf einer Expedition und haben in Eurem schönen Land nur kurz Halt gemacht.«
»Forscher? Was, in einer Schulklasse?«
»Witzig«, murmelte Lian. Kriss mahnte ihn mit einem Blick, still zu sein.
»Nein, Durchlaucht«, sagte sie. »Ich bin Doktor Krisstenja Odwin, Dozentin für Archäologie und Frühe Geschichte an der Königlichen Universität von Tamalea. Und dies ist mein ... Kollege, Lian Berris.«
Lian nickte knapp. »Angenehm.«
»Nein, wie drollig!« Die Fürstin klatschte in die Hände. »Es hat den Anschein, König Bekkards Geheimdienstleute werden immer kreativer!«, sagte sie zu dem nächsten ihrer Soldaten.
»Euer Durchlaucht?« Kriss runzelte die Stirn.
»Ihr meint doch nicht ernsthaft, dass ich Euch auch nur ein Wort glaube?« Der Eislöwe schnurrte, als sein Frauchen ihm hinter dem Ohr kraulte. »Einer meiner Agenten hat Euch belauscht. Er sagte, Ihr wäret auf der Suche nach einer Waffe für einen Eurer Generäle. Leider hat er Euch in dem Gewimmel auf meinen Straßen verloren, aber er hat Eure Beschreibung weitergegeben.«
»E-Er muss sich verhört haben, Euer Durchlaucht! Wir suchen keine Waffe! Wir sind auf der Suche nach ...« Sollte sie es sagen? Vielleicht kamen sie mit der Wahrheit am weitesten! »Nach der Insel Dalahan!«
»Dalahan? Dieses alte Märchen? Großer Weltengeist, diese Geschichte ist fast verrückt genug, wahr zu sein!«
»Sie ist wahr, Durchlaucht! Ich weiß, ich bin noch sehr jung für jemanden meiner Profession, aber ich bitte Euch, nehmt Kontakt mit Professor Alrik Dawalus an der Universität von Tamalea auf, oder mit der Finanzierin unserer Reise, Baronin Nejana Gellos! Sie werden Euch alles bestätigen, was ich sage!«
»Da habe ich keinen Zweifel, Doktor .« Die Fürstin zeigte wieder ihre Zahnlücke. Der Eislöwe neben dem Sofa gähnte mit weit aufgerissenem Maul.
»Durchlaucht«, mischte sich Lian mit lockerem Ton ein, »jetzt mal im Ernst, glaubt Ihr, der Geheimdienst des Königs beschäftigt Minderjährige als Spione?«
»Natürlich.«
Für einen Moment stand Lian mit offenem Mund da, wie ein Tigerkarpfen an Land.
»Aber wenn wir Spione wären«, setzte Kriss an, »wäre es dann nicht klüger von uns, uns als einfache Reisende auszugeben, anstatt als Forscher? Es wäre viel ... plausibler, findet Ihr nicht auch?«
»Wenn ich ein Spion wäre«, sagte die Fürstin, »würde ich genau so etwas antworten.« Sie richtete drohend den Fächer auf Kriss. »Ich gebe Euch hier und jetzt die Gelegenheit, ein Geständnis abzulegen. Was ist diese Waffe, nach der Ihr sucht? Und wo befindet sie sich?«
»Es gibt keine Waffe, Durchlaucht!«
Die Fürstin klappte den Fächer zusammen. »Ihr beginnt, mich zu langweilen !« Der Eislöwe knurrte. Seine Karneolaugen funkelten.
Kriss’ Herz sank in die Tiefe. »Das tut mir leid, Durchlaucht!« Warum hörst du mir nicht zu, du angepinseltes Biest? »Aber alles, was ich Euch sage, ist die Wahrheit! Wir sind keine Spione!«
Die Fürstin sah zu dem besonders finster dreinschauenden Gemälde eines bärtigen Manns mit einer Unmenge Orden auf der Brust. »Mein Vater – möge seine Seele in den Lichtlanden Frieden finden! – hat nach dem Großen Feuer hart gekämpft, Hestria wieder zu seiner alten Größe zurück zu führen. Unseres ist eines der reichsten Länder der Welt, ungeachtet seiner Größe. Wir wissen, dass unsere Feinde trotz des Waffenstillstands
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