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Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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Kapitän wird seine Leute ausschicken, wenn er nichts von uns hört!« Sie rieb sich die wunden Handgelenke. »Sie werden herauskriegen, dass man uns hierher gebracht hat und –!«
    »Bisses soweit is’, haben sie uns längst schon zum Verhör gezerrt.« Lians Stimme klang so hart wie der Stein um sie herum. »Und selbst wenn wir denen erzählen, was sie hör’n wollen, meinst du, die lassen uns danach laufen? Wenn wir Glück haben, werfen sie uns den Würmern zum Fraß vor! Und bis andere Hilfe eintrifft, isses auch längst zu spät«, murmelte er.
    Kriss horchte auf. »Was meinst du damit: ›andere Hilfe‹?«
    »Na, irgendwer halt!« Er trat gegen die Wand. »Von alleine kommen wir hier ganz bestimmt nich’ raus! Nich’ mit den ganzen Wachen oder diesen schessk verdammten Viechern da draußen!«
    Sie umklammerte die Gitterstäbe. »Heißt das ... du willst aufgeben? Ausgerechnet du?«
    Er gab keine Antwort.
    »Ich dachte, deine Freiheit wäre dir wichtig ...!«
    »Is’ sie auch! Wichtiger als alles andere! Aber wie sollen wir abhauen, ohne Schlüssel, ohne Waffen, ohne Schiff?« Lian schwang sich in Sitzposition. Sein Blick erschrak Kriss. So hoffnungslos hatte sie ihn noch nie gesehen.
    »Wir müssen uns eben etwas einfallen lassen!«, beharrte sie verzweifelt.
    »Sag Bescheid, wenn du ’ne Erleuchtung hattest.« Er legte sich wieder auf die Bank, den Unterarm über seinen Augen.
    »Meine Mutter ist vielleicht hier, Lian!«
    »Nach drei Jahren? Verlass dich nich’ drauf.«
    »Aber es besteht die Chance –!«
    » Korf! Wenn sie jemals hier war, dann haben die Würmer sie längst verdaut!«
    »Vielleicht ist sie ihnen entkommen!«
    »Ja! Vielleicht is’ sie einfach durch die Wand gelaufen und weggeflogen! Wach auf, Kriss! Sie is’ genauso tot wie wir!« Sie sah seine Augen glitzern.
    Auch wenn sie mit aller Macht dagegen ankämpfte, fing Kriss an zu weinen, leise und mit den Händen vor dem Gesicht.
    Falls es ihm leid tat, dann sagte Lian nichts. Und sie verachtete ihn dafür, noch mehr als die Leute, die sie hier eingesperrt hatten; verachtete ihn dafür, dass er plötzlich den Mut verlor und sie mit ihrer Verzweiflung alleine ließ. Gerade jetzt, wo sie ihn brauchte.
    Eine lange Zeit verging in Schweigen. Kriss hörte nur das Wimmern der anderen Gefangenen jenseits der Tür, das Wüten der Monster unten – und ihr eigenes Schluchzen.
    »Kriss«, sagte Lian irgendwann. Sie antwortete nicht. »Kriss, entschuldige.«
    Sie nahm die Hände vom Gesicht.
    »Ich hab’s nich’ so gemeint. Du hast Recht, es kann sein, dass sie entkommen is’.« Auch wenn er nicht klang, als würde er wirklich daran glauben, war sein Blick mitfühlend. »Deine Mutter«, sagte er. »Willst du mir von ihr erzählen?«
    »Wozu?«, fragte sie kühl und wischte sich die tränennassen Hände an der Hose ab.
    »Weil’s mich interessiert«, sagte er mit einem hilflosen Achselzucken und fummelte an seinen Schnürsenkeln herum. »Wie war sie so?
    »Nicht war «, betonte Kriss und wünschte sich, sie würde überzeugender klingen. » Ist .«
    »Wie is’ sie so?«, verbesserte sich Lian.
    Kriss lehnte sich zurück, während die Erinnerungen auf sie einschlugen wie die Brandung bei Sturm. Die samtig-dunkle Stimme ihrer Mutter, schön wie eine Sommernacht, mit der sie alle Studenten im Lesesaal fesseln konnte. Wie Bria sie immer »Kriss ten ja« genannt hatte, wenn sie wegen irgendetwas wütend war. Wie sie manchmal mit Alrik zusammen Pfeife geraucht hatte und Kriss, als sie noch jünger gewesen war, das für undamenhaft gehalten hatte. Die kleinen, hellen Sprenkel in Brias Augen; die dünne Brille auf ihrer Nase, die ständig verschmiert war, so oft sie sie auch putzte.
    Kriss ertrank im Damals; dachte daran, wie Bria ihr die Märchen von Dalahan vorgelesen und die Liebe zu alten Kulturen und Sprachen in ihrer Tochter geweckt hatte. Wie sie sie in den Arm genommen hatte, wenn Kriss sich von den Kindern ihres Alters ausgestoßen fühlte. Wie sie ihr Mut gegeben hatte und Trost gespendet, als klar geworden war, dass Timos nicht aus dem Krieg zurückkehren würde.
    »Sie ist meine Lehrerin und meine älteste Freundin, Lian. Außer ihr und Alrik habe ich niemanden mehr. Und ich kann mir nicht vorstellen, wie die Welt sein wird, wenn sie wirklich für immer fort ist ...«
    Er sagte nichts. Aber sie sah, dass er verstand.
    Kriss schüttelte den Kopf; sie wollte nicht, dass er sie weinen sah. Sie rieb sich die Augen, doch durch ihre

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