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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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Lächeln verschwand.
    »Wenn Ihr gestattet, besorge ich Euch nun ein Transportmittel – da Eure eigene Kutsche ja nicht mehr benutzt werden kann –, und dann begleiten wir Euch in die Stadt zurück.«
    Damit war er fort, und Morfia wartete, während ihre Retter ihren Rücktransport vorbereiteten. Sie war alles andere als unglücklich darüber, sich selbst überlassen zu sein, denn sie hatte mit bestürzender Klarheit erlebt, dass die Kirchenmänner wörtlich die Wahrheit sagten, wenn sie sagten, mitten im Leben sind wir vom Tode umfangen .
    Dass sie das Gemetzel überlebt hatte, war ein kleines Wunder, das sie wie einen Schatz hütete. Jetzt, da ihr Leben gerettet war, wurde sie sich der bemerkenswerten Dinge bewusst, die sich um sie herum ereigneten. Außerdem verspürte sie das Bedürfnis, sich eine echte Belohnung für diese Männer auszudenken, die ihr so selbstlos zu Hilfe geeilt waren, diese Mönchskrieger, denen es nicht um ein Entgelt ging.
    Anfangs hatte man Morfia erzählt, die Patrouille des Patriarchen bestünde aus Tattergreisen. Obwohl bald alles darauf hingedeutet hatte, dass dies nicht stimmte, war sie dennoch davon ausgegangen, dass sie in ihrem Leben nie eine Rolle spielen würden. Jetzt verdankte sie ihnen ihr Leben, und sie würde nie wieder zulassen, dass man in ihrer Gegenwart herablassend von diesen Männern sprach. Nur ein Narr, das wusste sie jetzt, übernahm fraglos die Meinung anderer. Morfia von Melitene war zwar diesmal nahe daran gewesen, sich zum Narren zu machen, doch das würde ihr nicht wieder passieren.
    Selbst Baldwin hatte verächtlich die Nase gerümpft und die neue Truppe des Erzbischofs als unbedeutend abgetan, auch wenn sie ihm politisch durchaus von Nutzen war. Morfia wusste, dass sie diese seine Überzeugung ändern konnte, und sie beschloss, dies nach ihrer Rückkehr zu tun.
    St. Omer, der Anführer der Patrouille, hatte sich gegen jeden Dank verwahrt, und Morfia hatte nicht den Eindruck gehabt, dass dies unaufrichtig war. Das unterschied ihn und seine Kameraden von allen anderen Männern in ihrer Bekanntschaft, und sie war fest entschlossen, einen Weg zu finden, sie zu belohnen, ohne ihre Ehre und Integrität zu verletzen.
    Sie war immer noch lächelnd in diese Gedanken versunken, als sie mit einem Karren voller Kissen zurückkamen, um sie darin heimzubringen.
2
    D
    IE BEIDEN EINGÄNGE der Stallungen, die der König der neuen Friedenstruppe des Erzbischofs überlassen hatte, waren kaum als solche zu erkennen, wenn man nicht wusste, wonach man suchte, dachte St. Omer. Die Stallungen machten einen seltsam verlassenen Eindruck, wenn man sich ihnen näherte. Die kleine Pferdeherde auf der eingezäunten Koppel an der alten Südmauer war das einzige sichtbare Zeichen dafür, dass hier überhaupt jemand lebte. Doch als sich seine Augen jetzt beim Näherkommen an das Gleißen der nackten Steinmauern gewöhnten, machte er die Gestalt eines einzelnen Mannes aus, der in der größeren der beiden annähernd rechteckigen Öffnungen auf einem ledernen Stuhl saß. Er hatte den Stuhl rücklings gegen die Wand gekippt und sah so aus, als schliefe er, aber er trug die gleiche braune Kleidung wie St. Omers Begleiter. Sie wussten, dass er Wache hielt und dafür sorgen sollte, dass niemand in die Nähe der Stallungen kam, der dort nicht hingehörte.
    Selbst aus der Nähe sahen die Eingänge nicht wie Türen aus. Sie waren einfach nur Löcher in der Mauer, weder ebenmäßig geformt noch gleich groß. Der beiläufige Beobachter sah nichts als zwei gähnende schwarze Öffnungen, von denen man kaum Notiz nahm, weil über ihnen der gigantische Hügel thronte, auf dessen Spitze die frühere Al-Aksa-Moschee stand, der Felsendom, neben Mekka und Medina eine der drei bedeutensten Pilgerstätten des Islam. Nach der Einnahme Jerusalems war die herrliche Moschee entweiht und in einen Königspalast umgewandelt worden, der jetzt König Baldwin und seine Frau Morfia beherbergte.
    Der Wachtposten öffnete die Augen und stand gähnend auf, als St. Omer und seine Begleiter näher kamen. Er ging zum verriegelten Tor der Koppel, öffnete es und hielt es auf, bis der letzte der Ankömmlinge hineingeritten und abgestiegen war.
    St. Omer und Gondemare sattelten ihre Pferde ab. Bevor sie jedoch damit beginnen konnten, sie abzubürsten, teilte ihnen der Posten mit, dass eine Zusammenkunft im Gange sei und sie sich gleich nach ihrer Rückkehr bei den anderen Brüdern einfinden sollten.
    Während die beiden Ritter

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