Der Schatz des Blutes
als ein Augenpaar blickte in seine Richtung.
»Warum denn das? Ich muss Recht haben, wenn diese Karte stimmt. Und wenn es so ist …« St. Agnan runzelte zögernd die Stirn, dann wies er noch einmal auf dieselbe Stelle. »Wenn es so ist, stehen wir in diesem Moment genau hier .«
»Dem stimme ich zu«, sagte de Payens ohne Umschweife. »Aber wenn du Recht hast und wir uns hier befinden, dann sind wir – wenn du erlaubst …«
Er beugte sich vor und legte den Daumen auf die Stelle, auf die St. Agnan gezeigt hatte. Dann spreizte er die Hand und platzierte die Zeigefingerspitze in der Mitte des Bereichs, den die Zeichnung als den eigentlichen Tempel auswies. Er ließ beide Finger dort liegen und betrachtete die Entfernung – die gesamte Spanne seiner Hand –, bevor er nachdenklich fortfuhr.
»Ich nehme an, wir befinden uns mindestens sechzig große Schritte von der Außenmauer des Tempels entfernt, wohin wir müssen. Und dann müssen wir noch bedenken, dass wir uns zu ebener Erde befinden, während unser Ziel tief unter der Erde liegt.«
»Und?« St. Agnan klang aufrichtig verwundert. »Wir haben doch von Anfang an gewusst, dass wir graben müssen. Was das betraf, entsprachen unsere Anweisungen sogar der Realität.«
Er schien de Payens’ negativen Unterton nicht zu verstehen, und obwohl keiner sprach, war es den Blicken der anderen anzusehen, dass er damit nicht allein war.
St. Omer jedoch lieferte die Erklärung für die Skepsis seines Freundes.
»Was Hugh sagen will, Archibald, ist, dass wir den Königspalast direkt im Rücken haben, sodass uns nichts anderes übrig bleibt, als geradewegs in die Tiefe zu graben und uns dann seitwärts zu wenden, bis wir uns wieder dem Fundament des Tempels zuwenden können. Zwischen uns und unserem Ziel liegt der Tempelberg. Wenn wir einen Tunnel von hier bis dort graben wollen, müssen wir durch nackten Felsen graben. Das wird Jahre dauern. Und wir haben weder die Werkzeuge dazu, noch sind wir Minenbauer.«
Das brachte St. Agnan zum Schweigen, und seine Ohren liefen rot an, als er begriff, dass St. Omer Recht hatte. Doch André de Montbard blickte auf die Zeichnung hinunter und tippte nachdenklich auf die Stelle, auf die der kräftige Ritter gezeigt hatte.
»Vielleicht irrt sich St. Agnan ja«, sinnierte er. »Vielleicht interpretieren wir die Karte falsch. Allerdings ändert das nichts an der Tatsache, dass wir auf einem Felsen stehen. Wir müssen mehr über diesen Berg herausfinden. Wir müssen wissen, wo wir am besten graben und wie wir am besten vorgehen. Wie können wir also mehr darüber herausfinden?«
Im ersten Moment herrschte Schweigen, bis St. Omer erneut das Wort ergriff, diesmal mit ironischer Miene.
»Es wird dir nicht gefallen, André, aber die Antwort auf diese Frage liegt daheim in unseren eigenen Archiven. Dort hätte man genauer nachsehen sollen, bevor man dich hierhergeschickt hat. Nirgendwo gibt es so viel Material über Jerusalem und seinen Tempel wie in den Archiven unseres Ordens. Die Ereignisse, die sich hier zugetragen haben, sind schließlich unsere Geschichte. Und unsere Vorfahren haben ihre Dokumente bei ihrem Exodus mitgenommen, sicher verwahrt gegen Diebstahl und die Elemente.«
Er warf einen Blick in die Runde.
»Daran brauche ich sicher niemanden zu erinnern. Schließlich ist das der Grund, warum wir hier sind und vor dieser Aufgabe stehen.«
»Aber wir sind hier , und unsere Quellen sind daheim«, murmelte de Payens. »Wir können uns die Dokumente zwar besorgen, aber das wird lange dauern … womöglich zu lange. Was sollen wir also in der Zwischenzeit tun? Montbard, kannst du dazu etwas sagen?«
»Aye, das kann ich«, antwortete der Angesprochene. »Zwei Dinge. Erstens müssen wir die anderen Dokumente prüfen, die ich mitgebracht habe. Ich habe sie selbst noch nicht gesehen, denn Graf Hugh hat gesagt, sie seien nur für eure Augen bestimmt. Ich weiß nur, dass es eine große Sammlung ist. Das Einzige, was ich davon gesehen habe, war diese Karte, weil der Graf sehr stolz auf seine Kunstfertigkeit beim Anfertigen der Kopie war und sie mir vor meinem Aufbruch gezeigt hat. Es ist durchaus möglich, dass diese Dokumente die Antwort auf all unsere Fragen enthalten, nachdem der Graf sich der Natur eurer Aufgabe und der daraus entstehenden Schwierigkeiten wohl bewusst war.«
Er wandte sich von der Karte auf dem Tisch ab und wies auf die Truhe, der er sie entnommen hatte. Ihr Deckel stand offen, und sie sahen eine dicke Ledermappe
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