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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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Männer umringten Hugh. Sie entledigten ihn des Grabtuches, in das man ihn gehüllt hatte, und der groben Jutekutte, die er darunter getragen hatte. Dann kleideten sie ihn in einen Lendenschurz aus weißer Lammwolle, über den sie prachtvolle schneeweiße Gewänder drapierten, und als sie zurücktraten, sah er, dass auch die anderen Männer die schwarzen Umhänge abgelegt hatten und jetzt ähnliche leuchtend weiße Gewänder trugen wie er.
    Einige von ihnen trugen zwar zudem noch Schwarz, jedoch nur als Verzierung an ihrer weißen Kleidung, und Hugh kam schnell darauf, dass die unterschiedlichen schwarzen Verzierungen so etwas wie den Rang der Träger markierten.
    Das Gemach war jetzt in seiner ganzen Pracht zu sehen, und alles darin, von der Decke und den Wänden bis zu den Möbeln und dem Fußboden, war entweder schwarz oder weiß oder eine Kombination von beidem.
    Nun trat St. Clair mit ausgestreckten Armen vor und umarmte seinen weiß gekleideten Patensohn. Dann trat er zur Seite, und Hughs Vater und Großvater waren die Nächsten, die das jüngste Mitglied der Bruderschaft willkommen hießen. Alle anderen Anwesenden folgten, und während Hugh die Glückwünsche der Männer, die er teilweise mit großem Erstaunen erkannte, entgegennahm und von jedem herzlich umarmt wurde, dachte er über das Geschehene nach und darüber, wie viele der Rätsel, die ihm bis heute Abend zu schaffen gemacht hatten, ihm plötzlich klar geworden waren.
    Immer mehr Einzelteile nahmen in seinem Kopf ihren Platz ein, und er verstand zunehmend mehr. Er hatte die Weihe empfangen, und jetzt wusste er, was das bedeutete. Er war symbolisch wieder auferweckt worden, nachdem er Tod und Begräbnis erlitten hatte und dann zum Licht zurückgekehrt war. Von jetzt an würde er buchstäblich ein neugeborener Mensch sein, der ein neues, anderes Leben führte.
    Viel später, als die letzten Riten des Abends vollzogen waren und sich die Menge zu zerstreuen begonnen hatte, fand sich Hugh in einem hell erleuchteten Vorraum des Hauptgemachs wieder, wo er mit seinem Vater, seinem Großvater und seinem Paten zusammensaß und Wein trank. Irgendwann kam ihre Unterhaltung zum Stillstand, und Sir Stephen St. Clair stellte seinen Becher ab, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich so weit zurück, dass sein Stuhl auf den Hinterbeinen schaukelte.
    Hugh sah ihn an, denn er wusste, dass der große Mann etwas zu sagen hatte, doch St. Clair blieb stumm und zog nur fragend die Augenbraue hoch.
    Ein wenig verwirrt zuckte Hugh leicht mit den Schultern.
    »Verzeiht mir, Mylord, aber ich glaube, Ihr möchtet mich etwas fragen?«
    St. Clair schüttelte den Kopf.
    »Nein. Ich will dir etwas sagen, also hör mir genau zu. Wir sind jetzt Brüder, du und ich, also will ich kein ›Mylord‹ mehr von dir hören, schon gar nicht hier in diesen Gemächern. Wenn du das lähmende Bedürfnis nach Formalität verspürst, darfst du mich Sir Stephen nennen, doch normalerweise reicht Stephen, wie unter richtigen Brüdern. Du hast dich heute Abend wacker geschlagen, aber das haben wir ja alle vorher gewusst. Und wie du dich vielleicht erinnerst, habe ich dir gestern Abend gestattet, mir eine Frage zu stellen. Hast du jetzt nach deiner Weihe vielleicht noch eine Frage?«
    »Aye, das habe ich, über den Orden der Wiedergeburt in Sion. Wessen Wiedergeburt? Oder bezieht sich der Name einfach nur auf das Weiheritual? Und wo oder was ist Sion?«
    »Aha!«
    St. Clair hob die Füße vom Boden, sodass sein Stuhl wieder auf allen vier Beinen landete, und hielt dem Baron die ausgestreckte Hand entgegen. Baron Hugo lachte reumütig auf und warf seinem Freund einen Beutel mit Münzen zu. Der Ritter fing ihn blitzschnell in der Luft, um sich dann breit grinsend erneut an Hugh zu wenden, während er den Beutel in der Hand hielt.
    »Ich habe gestern mit deinem Vater gewettet, dass du mich genau das fragen würdest, wenn dir nur eine Frage gestattet ist.«
    Er warf den Beutel noch einmal in die Luft und fing ihn wieder, dann ließ er ihn in seine Tasche gleiten.
    »Was die Antworten betrifft, so bist du jetzt in der Lage, sie selbst herauszufinden, denn sie wollen genauso erlernt und verdient werden wie die Weihe selbst. Sion ist der hebräische Name für das Heilige Land, einen Ort der Sicherheit und Zuflucht. Das ist kein Geheimnis. Mehr kann ich dir allerdings nicht sagen, bis du dir das Recht verdient hast, es zu hören. Selbst unsere studiertesten Mitglieder haben sich das Recht, alle

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