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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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wohl um zu prüfen, welche Wirkung diese Worte zeigen würden. Daher legte St. Clair ein paar Sekunden Pause ein, bevor er mit ausdrucksloser Miene nickte.
    »Aha.«
    »Der Patriarch hat mich damit beauftragt, Euch an seiner statt zu verhören, da es ihm seine Amtsgeschäfte derzeit nicht gestatten, der Angelegenheit persönlich nachzugehen.«
    »Welcher Angelegenheit?«
    Odo funkelte ihn an.
    »Ihr werdet mich mit ›Mylord‹ anreden, und Ihr werdet nur dann sprechen, wenn man Euch dazu auffordert.«
    »Welche Angelegenheit, Bischof Odo? Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht.«
    »Dies –« Odo wies mit der Hand auf das Pergament. »Die Angelegenheit, in der hier Nachforschungen angestellt werden.«
    Allmählich wurde St. Clair beklommen zumute – doch er reagierte nicht so verstört, wie Odo es erwartet hatte.
    Stephen wusste, dass er sich nichts hatte zuschulden kommen lassen – zumindest nichts, was Nachforschungen durch Odo von Fontainebleau oder sonst einen Kirchenmann einschließlich des Patriarchen gerechtfertigt hätte. Beichte und Absolution waren eine Angelegenheit zwischen einem Mann und seinem Beichtvater. Die Behandlung, die ihm hier zuteil wurde, war durch nichts gerechtfertigt. Und doch … unsicher lehnte er sich zurück.
    »Was für Nachforschungen? Sagt mir, was Ihr wissen wollt.«
    »Es geht um Eure Entführung vor einigen Monaten und um Euer erneutes Verschwinden vor einigen Wochen. Dem Patriarchen ist aufgefallen, dass es Unstimmigkeiten in Euren Aussagen gibt. Ich wünsche nun, die Details erneut zu hören, damit Seine Gnaden und ich zu einem abschließenden Urteil bezüglich Eurer Aufrichtigkeit in dieser unsinnigen Angelegenheit gelangen können.«
    »Erklärt mir, was Ihr mit unsinnig meint.«
    St. Clairs Stimme hatte einen gereizten Unterton, und Odos Kopf fuhr auf, als hätte man ihm eine Ohrfeige versetzt.
    »Wie könnt Ihr es wagen, mir Gegenfragen zu stellen! Ihr seid anmaßend! Vergesst nicht, wer ich bin, und zwingt mich nicht, Euch daran erinnern zu lassen!«
    Er hielt das schwere, mit Edelsteinen verzierte Kreuz hoch, das an seiner Brust hing, das Symbol seines Bischofsamtes.
    »Dies ist ein Symbol dessen, wer ich bin und was ich repräsentiere. Und Ihr tut gut daran, das nicht aus dem Auge zu verlieren. Ihr seid ein minderer Bruder in einer kleinen Bruderschaft von Mönchen und werdet mich daher mit dem Respekt ansprechen, der mir gebührt.«
    St. Clair beugte sich vor. Er legte den Daumen viel sagend um den Griff seines Dolches, den er so zurechtschob, dass er deutlich zu sehen war.
    »Aye, Mylord Bischof«, sagte er leise, »hin und wieder müssen wir alle auf Symbole zurückgreifen, um uns und anderen ins Gedächtnis zu rufen, wer wir sind und was wir repräsentieren.«
    Er sah, wie Odo die Augen aufriss, und wusste, dass dieser begriffen hatte.
    »Ihr habt mich mehr oder minder beschuldigt, den Patriarchen und meine Brüder angelogen zu haben, Bischof Odo, daher bestehe ich als Ritter und als Mönch auf zwei Privilegien: Ich wünsche, diese Angelegenheit mit meinen Ordensoberen zu besprechen, und ich wünsche, erneut mit dem Patriarchen in Person zu sprechen.«
    Es folgte eine lange Pause, dann brachte Odo eine gequälte Frage heraus.
    »Erneut? Ihr wünscht, erneut mit dem Patriarchen zu sprechen?«
    »Natürlich wünsche ich das, genau, wie Ihr es ebenfalls in meiner Situation tun würdet. Als ich das letzte Mal auf Beharren von Bruder Hugh de Payens mit Master Warmund gesprochen habe, war Seine Lordschaft so großzügig, mir die Beichte abzunehmen und mich in eben jenen Dingen, über die er sich jetzt angeblich Gedanken macht, für schuldlos zu befinden. Er hat mich an jenem Tag von aller Schuld befreit heimgeschickt. Falls er daher diesbezüglich weitere Fragen an mich hat, so gestehe ich zwar, dass mich das verwundert, doch ich beuge mich seiner Autorität, solange es um ihn persönlich geht.«
    St. Clair wartete einen Moment, dann sagte er: »Habt Ihr das nicht gewusst? Hat der Patriarch Euch nichts davon gesagt?«
    Odos Miene blieb zwar ausdruckslos, doch seine Augen verrieten seine Panik und Verwirrung. Und plötzlich begriff St. Clair, dass der Bischof gelogen hatte. Was auch immer der Hintergrund dieses Gesprächs war, Warmund von Picquigny hatte nichts damit zu tun. Odo war entlarvt, und während er nun verzweifelt nach Worten suchte, um seine Autorität wiederherzustellen, war es an St. Clair, die Stirn zu runzeln und die Arme vor der Brust zu verschränken,

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