Der Schatz des Blutes
denunzieren und festnehmen lassen. Unterdessen wirst du ihre Tunnel ausspionieren, und wenn du den Schatz gefunden hast, wirst du einen Anteil für uns beiseiteschaffen. Ich werde danach die Palastwache bei ihrer Untersuchung der Tunnel begleiten, und wir werden den restlichen Schatz finden und ihn dem König überbringen, der mit unserer Arbeit sehr zufrieden sein wird. Wenn sich alles wieder beruhigt hat, können wir den Rest unter uns aufteilen. Sind wir uns einig?«
Der Spitzel musterte ihn scharf und zog dabei leicht spöttisch die Augenbraue hoch.
»Aye, Mylord. Das sind wir.«
»Gut. Dann tu, was ich dir gesagt habe, und komm in drei Tagen wieder.«
Odo blickte dem schmächtigen Mann nach und blieb noch einige Minuten gedankenverloren stehen, bevor er einen leichten grauen Umhang aus seinem Schrank nahm, den er sich um die Schultern warf. Er verließ das Gebäude, und trotz all seiner Vorsichtsmaßnahmen war er erleichtert, bis zum Haupteingang niemandem zu begegnen. Als er die Straße erreichte, spähte er in beide Richtungen, überquerte die Hauptstraße und verschwand in einer der zahlreichen Gässchen zwischen den Häusern.
Er ging zügig und versteckte sein Gesicht unter der Kapuze seines Umhangs, um auf keinen Fall erkannt zu werden. Als er das Palastviertel hinter sich ließ und die eigentlich Stadt betrat, wurde er selbstbewusster. Er würde mit der Masse verschmelzen, während er auf das kleine Haus zusteuerte, das Prinzessin Alice de Bourcq durch einen gesichtslosen Mittelsmann für ihn gemietet hatte.
Es stand am Stadtrand in der Nähe der Ostmauer, aber weit genug von allen Haupttoren entfernt, um ihm Anonymität zu gewähren, obwohl nicht zu übersehen war, dass er Franke war. Inzwischen lebten so viele Ferenghi in Jerusalem, dass die Bevölkerung ihre Anwesenheit ohne offenen Unmut hinnahm. Viele von ihnen waren Soldaten, die zusätzlich zu ihren offiziellen Quartieren ein privates Dach über dem Kopf unterhielten.
Er konnte es kaum abwarten, sein Ziel zu erreichen – und die Freuden, die ihn dort erwarteten. Durch das Tohuwabohu, das seit der Ankunft des Prinzen von Antiochien vor fast einem Monat in der Stadt ausgebrochen war, war es jetzt zwölf Tage her, seit er das bildschöne Kind, das seine verruchte Geliebte war, zuletzt gesehen hatte.
Nach fast vier Monaten der Lust, die alles übertraf, was er je mit der Prinzessin erlebt hatte, konnte er immer noch nicht glauben, dass ihn Alice so sehr schätzte, dass sie ihn nicht nur derartig belohnt hatte, sondern sich zusätzlich die Mühe gemacht hatte, ihm eine Unterkunft zu besorgen, in der er seine geheime und gefährliche Liebschaft mit dem arabischen Mädchen ausleben konnte. Er wusste, dass er der Prinzessin viel zu verdanken hatte – einschließlich der Gelegenheit, einen unvermuteten Schatz in die Finger zu kriegen. Wäre Alice nicht gewesen, hätte er niemals einen Gedanken an die Tempelmönche und ihr unterirdisches Tun verschwendet.
All seiner männlichen Eitelkeit zum Trotz wusste er, dass ihn Alice schlicht hätte fallen lassen können, als sie mit ihm fertig war. Dass sie dies nicht getan hatte und sogar mit großem Aufwand dafür gesorgt hatte, dass es ihm an nichts fehlte, schmeichelte ihm mehr und mehr.
Bei dem Gedanken an das bevorstehende Rendezvous wurde er erregt, und er vergrößerte seine Schritte. Gregorio hatte ihn aufgehalten, und er kam später als beabsichtigt, doch jetzt sah er schon die schmale Seitenstraße vor sich, die ihn zu seinem Haus führen würde. Im selben Moment jedoch wurde ihm bewusst, dass eine Gestalt auf ihn zukam, ein hochgewachsener Franke, der seine volle Rüstung angelegt hatte und darüber einen schlichten weißen Rock trug.
Das war ein ebenso unerwarteter wie unwillkommener Anblick. Jeder in Jerusalem kannte die weißen Uniformen der Mönchsritter, und der jugendliche Schwung, mit dem der Mann auf ihm zukam, verriet Odo, dass er nur der jüngste von ihnen sein konnte, Ritter St. Clair, der sich Bruder Stephen nannte – und der ihn am ehesten erkennen würde.
Er fluchte leise vor sich hin, stellte dann aber erleichtert fest, dass der Ritter allein war und wie ein Schlafwandler über die Straße zu gehen schien, ohne seine Umgebung wahrzunehmen. Während sein Herz plötzlich loshämmerte, vergrößerte der Bischof seine Schritte und bog in die Seitenstraße ein, bevor St. Clair ihm nahe genug kommen konnte, um ihn zu erkennen.
11
S
T. CLAIR WAR ZU DIESEM ZEITPUNKT seit Stunden
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