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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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und für einige lange Sekunden war nichts mehr zu hören als der Nachhall der zusammenbrechenden Trümmer. Schließlich verstummte das Geräusch der fallenden, bröckelnden Bruchstücke, und der Staub begann, sich zu legen. Hugh ergriff beinahe flüsternd das Wort.
    »Jetzt oder nie, Kameraden. Wenn das keine Bresche ist, bin ich Burgunder.«
    Er ergriff seinen mit Eisenspitzen bestückten Streitkolben und positionierte den Schild bequemer vor seiner linken Schulter.
    »Wenn wir Glück haben, werden die Späher die Bresche sehen und den Beschuss einstellen. Wenn nicht, könnte es ungemütlich werden, wenn wir uns den Mauern nähern … Arlo, fang an zu zählen. Wir setzen uns in Bewegung, sobald wir sicher sind, dass keine Steine mehr fliegen, und wir den Weg vor uns deutlich sehen können.«
    In der erwartungsvollen Stille klang Arlos ebenmäßig zählende Stimme lächerlich laut, doch sie half ihnen, die notwendige Disziplin einzuhalten. Normalerweise hätte das nächste Geschoss eintreffen müssen, bevor er bei achtzig anlangte, doch er erreichte diese Zahl und zählte weiter bis hundert, bevor Hugh nickte.
    »Gut, sie haben aufgehört. Mylord, willkommen. Wünscht Ihr, das Kommando zu übernehmen?«
    Graf Raymond, der wortlos zu ihnen gestoßen war, schüttelte den Kopf.
    »Nein, Sir Hugh, Ihr scheint ja alles bestens im Griff zu haben. Fahrt fort.«
    Hugh nickte erneut und hob langsam die Keule über den Kopf, um der Menge in seinem Rücken zu signalisieren, sich bereitzuhalten.
    »Gut«, sagte er mit beinahe beiläufiger Stimme. »Der Beschuss ist jetzt mit Sicherheit eingestellt, also können wir gehen. Nur noch einen Moment … damit sich der Staub legen kann. Achtet darauf, wohin ihr tretet, aber haltet die Köpfe gehoben; sie werden uns erwarten, und ihr wollt ja nicht sterben, weil ihr auf eure Füße geschaut habt. Ruhig … wartet …«
    Eine Windhose erhob sich und wirbelte den Staub beiseite, sodass die Bresche in der einstmals ebenmäßigen Mauerlinie deutlich zu sehen war.
    »Da! Da ist die Bresche, also los, auf und hinüber. Folgt mir!«
    Als sie im Inneren der Stadtmauer aus der Staubwolke hervorbrachen, standen die Verteidiger der Stadt schon bereit und erwarteten sie. Eine Sekunde lang fand sich Hugh ganz allein wieder und blickte auf die dunkelhäutigen Gesichter der Verteidiger hinunter, die bis zum letzten Mann mit hasserfülltem Blick zu ihm aufzustarren schienen. Er war sich einer losgelösten Ruhe bewusst, einem Gefühl der unwirklichen Stille, während er doch gleichzeitig das unsichere Geröll unter seinen Füßen spürte und um sein Gleichgewicht rang. Und dann wurde sein Schild von einem Pfeil durchbohrt und prallte ruckartig gegen ihn, sodass er ins Taumeln geriet. Er blieb mit der Ferse hängen und landete mit dem Hintern auf einem scharfkantigen Stein.
    Dann konnte er plötzlich wieder hören, und er erhob sich stolpernd. Vor seinen Augen und in seinen Ohren herrschte Chaos, und es überraschte ihn zu sehen, wie viele seiner Männer jetzt vor ihm waren, weil sie an ihm vorbeigeprescht waren, als er hinfiel. Ohne sein schmerzendes Gesäß zu beachten, rannte er leichtfüßig den Geröllhang im Inneren der Mauer hinunter, bis er sich einem grimmig blickenden Moslem gegenübersah, der einen schimmernden Krummsäbel schwang. Hugh blockte den Hieb mit seinem Schild ab und schwang seine Streitkeule im kurzen Bogen, sodass der Stachel an ihrer Spitze den Helm des Moslems durchbohrte. Der Mann fiel, und Hugh spürte kaum Widerstand, als er die Keule mit einem Ruck befreite und sich nach links wandte, wo er mit einem gewaltigen Hieb auf einen weiteren Verteidiger zielte, der über einem fränkischen Soldaten kniete und versuchte, diesen mit einem Dolch zu erstechen. Der Stachel der Keule durchbohrte den Nacken des Mannes und tötete ihn auf der Stelle. Doch ehe der Mann zu fallen begann, spürte Hugh, wie sich die nächste Gestalt auf seine ungeschützte Rechte stürzte, und er wusste, dass er keine Zeit hatte, seine Waffe wieder zu befreien.
    Er ließ die Keule los, fuhr auf dem Absatz nach links herum und versuchte verzweifelt, seine Seite mit dem Schild zu schützen, während er mit der rechten Hand seinen Dolch suchte und fand. Er hörte, wie jemand dicht neben ihm abgehackt Atem holte, roch einen Duft, den er schon einmal gerochen hatte, und dann stieß er rücklings mit jemandem zusammen. Er sank blitzartig auf das linke Knie und holte im weiten Bogen mit dem Dolch aus, bis er spürte,

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