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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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Stadt, als hätte ihn die gewaltige Hitze in die Steine eingebrannt.
    Und als all sein Suchen kein Ergebnis gebracht hatte, hatte Arlo jeden einzelnen Befehlshaber der Kreuzfahrerarmeen befragt. Niemand hatte Sir Hugh de Payens gesehen, niemand wusste, was ihm zugestoßen sein könnte, und es schien auch niemanden zu kümmern.
    Und dann kehrte Hugh eines Morgens zurück. Ohne jede Erklärung wanderte er kurz nach Tagesanbruch in das Lager, in Lumpen und eine zerschlissene Leinenrobe gekleidet, und er führte einen Esel an der Hand, der hoch mit Bündeln bepackt war. Ohne Arlos Verblüffung zu beachten, nickte er ihm wortlos zu, als hätten sie sich kurz zuvor das letzte Mal gesehen, und begann, den Esel abzuladen. Es stellte sich heraus, dass die Ladung aus seinem Kettenpanzer, seinem gepolsterten Hemd, seiner Rüstung, seiner Streitkeule und seinem Schwert bestand. Er machte nicht die geringsten Anstalten zu erklären, wo er gewesen war oder was er getan hatte, und antwortete nur: »Ich war allein und habe nachgedacht.«
    Obwohl dies die einzige Erklärung war, die Arlo je erhielt, war ihm klar, dass der Hugh de Payens, der an diesem Morgen zurückgekehrt war, nicht derselbe Mann war, der vor drei Wochen nach dem Fall der Mauer den Ansturm auf die Stadt angeführt hatte.
    Arlo ließ St. Omer und Montdidier eilends von Hughs Rückkehr benachrichtigen, und beide kamen innerhalb einer Stunde in Hughs Lager, wo sie ihn im Tiefschlaf antrafen und Arlo ihnen nicht gestattete, ihn zu wecken. Sein Herr müsse erschöpft sein, sagte dieser, sonst würde er es sich nie gestatten, um diese Tageszeit im Bett zu liegen. Das akzeptierten die beiden anderen und nahmen Platz, um sich von Arlo alles erzählen zu lassen, was dieser wusste – was natürlich nicht mehr war als das, was sie selbst wussten.
    Er erzählte ihnen von Hughs unangekündigter Rückkehr, von seiner ungewöhnlichen Zurückgezogenheit und Schweigsamkeit, doch sonst hatte er nichts hinzuzufügen. Hugh hatte sich schlicht geweigert, mit ihm über irgendetwas zu sprechen.
    Abends kehrten die beiden Ritter zurück und fanden Hugh vor einem Feuer aus Pferde- und Kameldung, an dem er in seiner handgesponnenen Robe saß und schweigend in die Glut starrte. Er grüßte sie zwar freundschaftlich, verweigerte aber jede Antwort auf ihre Fragen. Je beharrlicher sie in ihn drangen, desto mehr wich er ihnen aus. Sie ertrugen sein Verhalten über eine Stunde, dann zogen sie sich kopfschüttelnd zurück.
    Als sie am folgenden Abend zurückkehrten, stellten sie fest, dass sich nichts geändert hatte. Diesmal saß Godfrey mit zusammengekniffenen Augen da, aufmerksam, schweigsam, den Mund nachdenklich verzogen.
    Einen Abend später kam er allein. Über eine Stunde saß er wortlos da und starrte neben seinem Freund in das Feuer, und Hugh schien für seine Gesellschaft dankbar zu sein. Dann räusperte sich Godfrey und ergriff das Wort.
    »Ich war wütend auf dich, weißt du, an dem Tag, an dem die Mauer gefallen ist, und ich bin es immer noch.«
    Die Stille, die auf diesen Satz folgte, war lang, doch gerade, als St. Omer zu glauben begann, dass Hugh gar nicht antworten würde, richtete dieser den Blick auf ihn.
    »Warum? Was für einen Grund könntest du haben, auf mich wütend zu sein?«
    »Warum? Wie kannst du mich das fragen, Hugh? Warum? Weil ich dich gebraucht habe, und du warst nicht da – Payn und ich, wir haben dich beide gebraucht, mehr als je zuvor. Du bist der einzige Mensch, dem wir rückhaltlos vertrauen können, und du bist verschwunden, als wir dich am nötigsten hatten. Wohin in Gottes Namen bist du verschwunden?«
    Hugh de Payens setzte sich auf, als hätte ihm jemand einen Schlag versetzt, und für einen Moment veränderte sich sein Gesicht, sodass sich die Haut fest über seine Wangenknochen spannte und die Fältchen rings um seine Augen hell in der sonnenverbrannten Bronze seiner Züge aufleuchteten.
    »In Gottes Namen? Du fragst, wohin ich in Gottes Namen gegangen bin? Ich bin nirgendwohin in Gottes Namen gegangen. Ich bin voll Scham und Schrecken vor Gottes Namen davongerannt, in die Dunkelheit der Wüste, dorthin, wo ich nicht mehr hören konnte, wie Wahnsinnige seinen Namen brüllten. Ich habe an diesem Tag genug vom Namen Gottes gehört, um mich für tausend Leben krank zu machen, und ich wünsche, Seinen Namen nie wieder zu hören.«
    St. Omer nickte schweigend vor sich hin, dann zwang er sich, still zu sitzen und bis zwanzig zu zählen, bevor er leise

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