Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
Mann auf die Black Isle. Zuerst versuchte er sich als Fischer, doch bald konnte er in seiner Trunkenheit kein Netz mehr auswerfen. Je weniger Fische er heimbrachte, desto mehr trank er, und je mehr er trank, desto häufiger schlug er grundlos zu. Dabei machte er auch vor einem Kind nicht Halt. Glenda blieb nur eines: Entweder sie und ich würden verhungern oder eines Tages erschlagen werden, oder sie begann, unser Leben selbst in die Hand zu nehmen.«
Still hatte ich zugehört.
»Dann ist Glenda gar nicht Witwe?«
Harrison lächelte und sagte mit einer Portion Ironie in der Stimme:
»Inzwischen wohl schon. Wahrscheinlich hat sich der Mann, den ich einst Vater nannte, nach den vielen Jahren zu Tode gesoffen. Aber ich weiß, worauf du anspielst: Als meine Mutter damals mit mir nach Cromdale kam, lebte ihr Mann noch.«
Fassungslos schüttelte ich den Kopf. Nicht, weil ich Glenda dafür verurteilte, sich als Witwe ausgegeben zu haben. Im Gegenteil! Ich empfand Verständnis und auch eine Spur von Bewunderung für sie. Sie hatte es in ihrer Kindheit und Jugend nicht leicht gehabt und war dann mit einem kleinen Kind an der Hand einfach in ein ungewisses Leben aufgebrochen. Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass es schlimmere Schicksale als mein eigenes gab. Glenda lebte seit vielen Jahren in der Ungewissheit, ob der Mann, dem sie einst angetraut worden war, eines Tages nicht doch auftauchen und sein Recht als Ehemann einfordern würde. Frauen hatten in dieser Zeit keine Rechte. Heirateten wir, dann ging unser ganzes Vermögen in den Besitz des Mannes über. Auch Cromdale House würde in absehbarer Zukunft einzig aus dem Grund, weil Harrison mein Ehemann war, mit Fug und Recht ihm gehören. Nicht, dass ich nicht alles, was ich besaß, liebend gern mit dem Menschen, den ich liebte, geteilt hätte. Waren sich zwei Personen von ganzem Herzen einander zugetan, sollte es kein »Mein« und »Dein« geben. Trotzdem wäre es für mich ein besseres Gefühl, wenn ich nicht mein ganzes Leben in seine Hände geben müsste, aber die Vorstellung, Frauen und Männer wären eines Tages gleichberechtigt, war so absurd, dass ich unwillkürlich auflachte.
»Was für Gedanken schwirren durch deinen kleinen, hübschen Kopf?« Zärtlich streichelte er mein Haar. »Ich mag es nicht, wenn du so ernst schaust. Es ist besser, wenn du lächelst.«
Ich schenkte ihm einen dankbaren Blick und drückte seine Hand.
»Hast du jemals daran gedacht, deinen Vater zu suchen?«
»Nein! Dieses Kapitel meines Lebens ist abgeschlossen und wird es auch bleiben. Allerdings muss ich dir gestehen, dass ich nicht weiß, ob ich zum Ehemann tauge. Bisher hatte ich nie einen Gedanken daran verschwendet, selbst zu heiraten, die Ehe meiner Eltern ist mir nicht gerade ein gutes Vorbild gewesen.«
Ich erschrak, meine Augen weiteten sich. Bereute er bereits, mir einen Antrag gemacht zu haben?
»Wir brauchen nicht zu heiraten, wenn du es nicht möchtest.« Meine Stimme klang fester, als mir innerlich zumute war. »Ich würde nie etwas von dir verlangen, was du nicht zu geben bereit bist.«
Harrison umarmte mich und küsste mich ungeachtet der anderen Gäste mitten auf den Mund.
»Es tut mir Leid, dass du mich missverstanden hast! Glaubst du wirklich, ich würde etwas tun, was ich nicht möchte?«
»Nein, sicher nicht!«
»Siehst du? Ich sagte, bisher hatte ich nie an eine Ehe gedacht, aber jetzt bin ich sicher, genau das Richtige zu tun.«
Es war an der Zeit aufzubrechen. Während wir langsam Seite an Seite durch den Wald ritten, schwieg ich. Was reizte ihn an meiner Person, dass Harrison seinen Grundsätzen untreu wurde? Gut, vielleicht hatte ich ein ansprechendes Gesicht und verfügte auch über eine gewisse Intelligenz, aber die Tatsache, dass ich behindert war, ließ sich nicht verleugnen. Ich war die Herrin über einen ansehnlichen Besitz. Wenn dieser auch im wahrsten Sinne des Wortes auf brüchigem Fundament stand, so bedeutete eigenes Land für einen Schotten das höchste Gut auf Erden. Für einen Verwalter aus der Unterschicht gab es nur eine Möglichkeit, an Landbesitz zu kommen: Er vermählte sich dementsprechend ...
Immer, wenn Harrison mich in seine Arme schloss und leise gälische Koseworte, die ich nicht verstand, die aber so unendlich zärtlich klangen, flüsterte, lösten sich alle meine Zweifel in nichts auf. Gegen Ende der Woche sprachen wir bei Reverend Donaldson vor. Wir wollten so bald wie möglich, am liebsten noch vor Weihnachten, heiraten. Wir wollten nur
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