Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
eine kleine Trauung und Feier mit den engsten Nachbarn. Wenn der Reverend über die Nachricht überrascht war, so zeigte er es nicht. Er wünschte uns viel Glück, und wir besprachen die Einzelheiten der Zeremonie. Danach hatte Harrison auf dem Gut zu tun, und ich machte mich auf den längst fälligen Weg zum Grindle-Hof. Jetzt, wo der Geistliche über unser Vorhaben informiert war, schien es mir höchste Zeit, dass ich es den Grindles selbst sagte und sie zur Hochzeit einlud, das war ich der freundlichen Familie schuldig. Auf dem Weg zum Grindle-Hof drückte mich ein flaues Gefühl der Feigheit. Ich versuchte, mir einzureden, dass James mir wahrscheinlich gar keinen Antrag hatte machen wollen, aber ich wusste, dass ich mich selbst belog. Seine Gesten und Blicke hatten in den letzten Wochen viel Verehrung und Zärtlichkeit erkennen lassen. Um das Gespräch herauszuzögern, verzichtete ich auf den Einspänner und ging zu Fuß ins Dorf. Bevor der Hof in Sicht kam, stieg mir bereits der angenehm torfige Geruch der Destillerie in die Nase. Warum schmeckt Whisky nicht so gut, wie er riecht?, fragte ich mich und lenkte mich für kurze Zeit von meinen Gedanken ab. Als ich durch das Tor in den Hof schritt, kam mir James in Reitkleidung entgegen. Er nahm meine Hände und drückte sie, dabei lachte er und strahlte mich an.
»Lucille, wie schön, dass du kommst! Das muss Gedankenübertragung gewesen sein, denn ich wollte gerade mein Pferd satteln, um nach Cromdale zu reiten. Beinahe hätten wir uns verfehlt.«
»Guten Tag, James«, erwiderte ich und wich seinem Blick aus. Er legte leicht seinen Arm um meine Hüfte, etwas, das er schon öfter getan hatte. Jetzt, nachdem ich Harrisons verzehrende Leidenschaft genossen hatte, spürte ich, dass mir James’ Berührung zwar angenehm war, aber keinesfalls überschwängliche Gefühle in mir auslöste.
»Du musst entschuldigen, dass ich nicht früher gekommen bin, obwohl ich es dir in Grantown versprochen hatte«, sprach James weiter. »Aber noch in der Nacht nach dem Gathering platzten sämtliche Dichtungen in einem Brennkessel. Wir verloren beinahe eine gesamte Füllung! Daraufhin musste ich umgehend nach Inverness reiten, um die Ersatzteile zu besorgen. Ich bin erst gestern Abend zurückgekehrt.«
»Ist deine Mutter da?«, wechselte ich das Thema und trat in die Halle.
»Ja, sie und Carla sind im Salon und freuen sich, dich zu sehen.« Bevor er die Tür zum Salon öffnete, flüsterte er mir ins Ohr: »Ich muss dich unbedingt alleine sprechen, Lucille. Darf ich dich nachher nach Hause begleiten?«
Mir blieb eine Antwort erspart, denn ein Mädchen mit einem Teetablett trat auf uns zu.
»Noch zwei weitere Tassen, bitte«, sagte James und schob mich in den Salon. »Wir haben lieben Besuch bekommen.«
Mrs. Grindle begrüßte mich wie immer herzlich, Carla eher zurückhaltend, wie es ihre Art war. Während das Mädchen Tee einschenkte und die Kuchenteller verteilte, plauderten wir über Belangloses wie das Wetter und das vergangene Gathering. Der nächtliche Sturm hatte auf dem Grindle-Hof keine Spuren hinterlassen, aber der Schaden am Cromdale House hatte sich bereits herumgesprochen.
»War der Raum eigentlich bewohnt?«, fragte Mrs. Grindle. »Wie gut, dass keinem ein Leid geschehen ist.«
Unbehaglich rührte ich in der Tasse, obwohl sich weder Zucker noch Milch darin befanden.
»Außer ein paar durchweichten Dielenbrettern und dem großen Loch in der Wand ist nichts zu beklagen«, antwortete ich. Zum ersten Mal log ich Mrs. Grindle bewusst an, denn in Wahrheit war sehr viel mehr geschehen, nicht mit dem Haus, sondern mit mir. Aber wie sollte ich das diesen freundlichen Menschen, die wenig Sympathie für Harrison MacGinny empfanden, beibringen? Es war unvermeidlich, dass Mrs. Grindle schließlich auf Harrison zu sprechen kam.
»Mein Sohn sagte mir, dass Sie beabsichtigen, Ihren unverschämten Verwalter endlich zu entlassen. Ich meine, das ist eine richtige und längst fällige Entscheidung. Besonders, wenn man bedenkt, wie er sich am Gathering Ihnen gegenüber benommen hat. Wie konnte er es nur wagen, die Farben von Cromdale öffentlich zu tragen! Er ist schließlich nur ein einfacher Angestellter, der offenbar seinen angestammten Platz in dieser Welt vergisst.«
In Erinnerung an den Tanz mit Harrison schoss mir das Blut in den Kopf.
»Ja, Mutter, ich habe Lucille versprochen, nach einem neuen Verwalter Ausschau zu halten. Leider konnte ich mich wegen der Reise nach Inverness noch nicht
Weitere Kostenlose Bücher