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Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Titel: Der Schatz von Njinjo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Gleiß
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bringst mir die Pillen und die Papiere.“ Kolimba drückt mir ein 2.-Klasse-Rückfahrticket für eines der Schnellboote in die Hand, die tagsüber fast stündlich zwischen Dar’ und der gut 70 Kilometer entfernten Inselhauptstadt pendeln – „Das nehmen sie alle, mach dir keine Sorgen! Ruckzuck bist du zurück!“ –, und verspricht mir 100.000 Shilling bei meiner Rückkehr für die beiden Koffer. Manhattens Tagesverdienst fürs Bootfahren! Erlöst von jedem Zweifel lasse ich mich unverzüglich darauf ein.
    Der Deal mit Kolimba hat keine Stunde gedauert, mit bleibt fast noch der ganze Tag, um Schutte zu finden. Gestern hatte ich erfolglos die Hotels im Osten abgeklappert, vom Palm Beach übers frühere Sheraton, dem protzigen Luxusschuppen im Botschaftsviertel, zum Agip, Starlight, Kilmanjaro bis zum Luther-Haus der Seminaristen: Nirgends eine Spur von diesem Schutte. Heute wende ich mich daher dem Westen zu, der mit wazungu -Hotels dünner besät ist. Sollte ich Schutte auch dort nicht finden, sehe ich ihn wahrscheinlich nie wieder: Auch noch die Strandhotels abzufahren, verbietet mir mein knappes Portemonnaie. Dessen Inhalt reicht gerade noch für ein bisschen Essen und Nyauchos Übernachtungsgeld, Sarah und Honorata können ihren Vorschuss bald ohnehin vergessen.
    Manche Tage aber entwickeln sich schon kurz nach ihrem Beginn zu Glückstagen. So einen habe ich offenkundig heute mal erwischt: erst die Aussicht auf Kolimbas Geld, dann werde ich schon im zweiten Hotel fündig, großspurig „Continental“ benannt. Die Frau am Empfang druckst zwar erst ein bisschen herum, als jedoch zwei, schließlich fünf Hunderter auf ihrem Tresen liegen, hört sie mit dem Erzählen gar nicht mehr auf. 
    „Schutte? Klar, so einen haben wir hier seit Tagen. Ein bisschen füllig, nicht mehr ganz taufrisch, der Herr! Aber großzügig, sagen die Zimmermädchen. Hat eines unserer besten Zimmer. Was wollen sie von ihm?“
    „Ach, nichts, ich kenne ihn aus Moshi und wollte ihn unbedingt begrüßen. Ist er gerade da?“ Zu meiner Erleichterung sagt sie „Nein“, so dass ich sie gefahrlos weiter aushorchen kann. 
    „Welche Zimmernummer hat er denn, falls ich ein anderes Mal wiederkomme?“
    „Zweiundzwanzig. Aber vielleicht wohnt er dann schon gar nicht mehr hier.“
    Schutte will abreisen? „Wieso das?“
    „Ach, gestern hat er mich gefragt, wo denn die Schiffe in den Süden abführen, ob die auch in Kilwa anlegen, und heute hat er gleich für zwei Nächte bezahlt. Kurz darauf tauchte auch noch ein Freund auf, der wohnt jetzt mit ihm im gleichen Zimmer. Noch so ein muzungu , nur viel größer.“
    „Aber deshalb muss Schutte doch nicht ausziehen, oder?“
    „Nein, deshalb nicht, – obwohl – besser wär's schon. Zwei Männer in einem Zimmer, das ist doch wider die Natur!“
    „Sie meinen, die haben was miteinander?“, frage ich ein we-nig spitz, um sie zum Weiterreden anzustacheln. 
    „Na ja, also, wenn mein Chef das wüsste, ich weiß ja nicht. Na, übermorgen fahr ich sowieso erst mal weg, Silvesterfeiern, nach Hause, zu meiner Familie in Bagamoyo.“ 
    „Na, dann viel Spaß! Vielleicht schau ich morgen noch mal vorbei.“ Innerlich jubilierend verlasse ich das Hotel.
    Schutte mit einem anderen Mann im Zimmer? Wen hat er da zu Besuch gekriegt? Ist der vielleicht schwul, ohne dass Manhatten das gemerkt hat? Soll ja unter den wazungu ziemlich verbreitet sein. War mein Bruder nicht nur bei der Schatzgeschichte, sondern vielleicht auch auf der Gefühlsebene taub gewesen? Auf jeden Fall plant der muzungu , noch mindestens bis Silvester in der Stadt zu bleiben. So muss ich das „Continental“ nicht unentwegt beobachten und kann mich auf die Socken machen. Schließlich gibt es noch mehr zu tun.
    Wie lässt sich herausbekommen, was 1916 war? Dicke Geschichtsbücher wälzen dauert viel zu lange. Zudem besitze ich für keine Bibliothek in Dar es Salaam einen Mitgliedausweis, ein Buch kaufen kann ich mir erst recht nicht, und die Internetcafès sind mir auch zu teuer. Außerdem findet man da oft nur den unwichtigsten Schrott. So verfalle ich aufs Nationalmuseum in der Shaaban Robert Street – bloß gut, dass ich den Stadtplan hab! Kein Schild davor, nur Wellblechzäune. Dort müssten die Leute über die Geschichte meines Mutterlands doch eigentlich Bescheid wissen. Als ich eine halbe Stunde später in der Eingangshalle stehe, wird meine Hoffnung schnell enttäuscht. Die wissenschaftlichen Angestellten, so sie überhaupt

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