Der Schatz von Njinjo (German Edition)
her? Doch nicht hinter dem Sohn des Alten?“
„Was!?“ Schlagartig wird Baregu leise.
„Am besten, du drehst dich einfach um, gehst zurück, wo du hergekommen bist, und alle vergessen den Vorfall“, rät ihm der Ältere.
Der Sergeant ist geladen: Nicht genug, dass ihn der Wachhabende am Portal nicht gewarnt hat, nun wird er auch noch Makaïdi erklären müssen, wo drei seiner sechs Kugeln geblieben sind. Außerdem ist seine Uniform total verschwitzt. Vor Wut kochend dreht er sich um, bloß weg hier. Er zeigt dem Wache schiebenden Kollegen vor der Tür den Stinkefinger und macht sich in Richtung Zweitjob aus dem Staub: Sein klappriges Taxi steht gleich um die Ecke. Das Continental“ kann warten.
Als Makaïdi am späten Nachmittag von Baregus Massenverhaftung erfährt, lacht er sich halb tot. Einen paar Tage lang könne man die Sperrung des zweiten Stocks wohl aufrecht erhalten, auch Kambona und sein Hotelpersonal lasse sich wegen Verdachts auf Verletzung des Dienstsiegels wohl vierundzwanzig Stunden festsetzen. Auf dass der sich beim nächsten Pokerabend ein wenig kooperativer verhalte. Länger aber sei mit diesen Hotelleuten nichts anzufangen, selbst als Zeugen taugten sie jetzt wohl nichts mehr. Nur die Verfolgungsjagd mit dem missratenen Spross des Commissioners, die war unschön, weiß doch jeder, dass der im „Continental“ mit seinen Nutten Stammgast ist.
Baregu aber freut sich, nicht gegen die Interessen seines Chefs verstoßen zu haben. Der Sergeant hat seinen Frieden wieder. Die missglückte Verhaftung des Sohns vom Oberboss ist rasch vergessen.
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16. Hannes im Glück
Montag, 29. Dezember
Zum zweiten Mal fahre ich mit dem Vater von Honoratas Freundin in die Stadt, heute mit einem stillen Brass im Bauch. Gestern Abend hatte mich Nyaucho zur Seite genommen und ausgesprochen, was ich längst hätte wissen können, jedoch bislang verdrängte: „Lieber Hannes, du kennst das Sprichwort: ‚Deinen Gast behandele zwei Tage lang als Gast, am dritten gib ihm eine Hacke.’“ Nirgendwo ist ein Gast, der nicht zur Familie gehört, länger als zwei Tage willkommen, danach möge er sich doch bitte zumindest an den Lebenshaltungskosten beteiligen. Tausend Shilling pro Tag seien aber erstmal in Ordnung.
Schlecht vorstellbar, dass unter diesen Voraussetzungen mein Geld noch lange reichen wird. Jedes Essen zwei, drei Tausender, jede Fahrt in die Stadt beinah fünfhundert, und Honorata sehe ich frühestens in vier Tagen ... Beim Aussteigen am Busbahnhof frage ich Nyaucho in einem Anflug von Panik, ob er nicht jemand kenne, bei dem ich mich ein paar Tage nützlich machen kann, um Geld zu verdienen. Wider Erwarten fällt ihm tatsächlich spontan jemand ein.
„Oh,“ sagt er, „einen kennt jeder, Salmin Kolimba, einer dieser reich gewordenen wabenzi . Residiert im Baumann-Haus an der Indira-Gandhi-Road. Wenn er gerade nicht da ist, lässt er sich in seinem Mercedes durch die Stadt kutschieren. Kolimba sucht ständig Leute, die für ihn Zigaretten oder auch Pillen schmuggeln. Ware aus Zanzibar, kistenweise, im großen Stil. Da lässt sich in einer Woche so viel verdienen, wie ich nach einem Monat nicht habe. Alles nicht ganz legal, deshalb kommt es für jemanden mit Familie wie mich nicht in Frage. Aber du könntest ihn ja mal fragen.“
„Wie groß ist das Risiko?“
„Zweimal an der Steuer vorbei geschleuste Zigaretten zu verkaufen? Interessiert doch niemanden.“
„Keine Zöllner? Keine Bullen?“
„Nee, normalerweise nicht. Aber frag Kolimba, der scheint mir selbst das größte Risiko zu sein. Nicht ungefährlich, der Mann. Bei dem musst du zudem kräftig in Vorkasse treten, und vielleicht sitzt du danach, wenn’s nicht so läuft, blau und grün und ohne alles da. Oder statt bei uns zu Haus im Knast.“
„Danke für die Warnung. Ich geh trotzdem mal hin. Geld brauch ich auf jeden Fall.“
Danach bekomme ich rasch zu tun. Da ich bereit bin, meine eiserne Reserve, 20.000 Shilling, als Einstand einzuzahlen, reicht man mich im Baumann-Haus direkt durch zum Chef. Und Kolimba, ein schmächtiger Mittfünfziger, nimmt mich sofort unter Vertrag: Schon morgen soll ich zwei Koffer aus Zanzibar holen mit einem Dutzend Stangen unverzollten Zigaretten, „einigen Medikamenten“ plus „ein paar Batzen Papier“. „Damit fällst du niemandem auf, mein Sohn!“, beruhigt mich der Schieberboss. „Und wenn, dann lässt du den Kontrolletis die Fluppen und bist fein raus. Hauptsache du
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