Der Schatz von Njinjo (German Edition)
Baregu geht am Wochenende weiter den Spuren nach, die Schüttes Freund hinterlassen hat, Fundikira kümmert sich um den verdächtigen Chagga und um den Asiaten, er selbst wird sich die Papiere des Toten noch einmal in aller Ruhe vornehmen. Als beide gegangen sind, wählt der Superintendent die deutsche Botschaft an und bittet „dringlich“ um einen Termin bei zur Lippe. Keine zehn Minuten später ruft der Botschaftssekretär zurück und willigt ein, den Superintendenten am morgigen Samstag zu empfangen. Während zur Lippe nicht schlecht genervt ist, befindet sich Makaïdi wenig später gut gelaunt auf dem Weg nach Haus, wo zwei seiner drei Frauen auf ihn warten.
Die Botschaft liegt im siebten Stock eines der hässlichsten Gebäude der Stadt. Makaïdi hat eine ruhige Nacht verbracht. Nun freut sich der übergewichtige Superintendent, dass der Fahrstuhl funktioniert und träumt vom nächsten Umschlag. Bevor er jedoch zu zur Lippe vorgelassen wird, wollen ihn am Eingang hinter der gepanzerten Schleuse zwei Youngster des Bundesgrenzschutzes filzen.
„Finger weg!“, wehrt sich der massige Polizeioffizier. Die jungen Männer könnten seine Enkel sein, Azubis im ersten Monat!
Die Grenzschützer tun unbeeindruckt. „Es hat gepiepst! Hier kommt niemand durch, bei dem es piept.“ Beeindruckt von ihrem altbackenen Sprachwitz grinsen sich die beiden feixend an.
„Das wollen wir doch mal sehen! Sie bringen mich jetzt sofort zu ihrem Attaché zur Lippe, oder es gibt hier einen Zwischenfall.“ Makaïdi ist völlig ruhig. Sein Ton allerdings ist eine Spur zu laut, scharf und befehlsgewohnt. Sekundenlang blickt er jedem der beiden exterritorialen Cowboys direkt in die Augen, dann visiert er einen Punkt zwischen ihnen an und wartet. Noch bevor sich die Grenzschützer aus ihrer Erstarrung lösen können, kommt wie zufällig Per zur Lippe um die Ecke des Ganges und nimmt Makaïdi in Empfang.
„Superintendent Makaïdi! Wie nett, sie wiederzusehen! Besser hier als neben einer Leiche, nicht wahr?“ Der Sekretär ist so freundlich wie eben nötig, um keine diplomatischen Verwicklungen heraufzubeschwören. „Es ist nun also gesichert, dass es einen Deutschen traf?“
Makaïdis Antwort ist unterkühlt. „Guten Tag, Herr Sekretär. Über solche Dinge pflege ich mich nicht auf dem Gang zu unterhalten. Pfeifen sie erstmal ihre beiden Gorillas hier zurück!“
„Oh, entschuldigen sie. Wir haben erst in einer halben Stunde mit ihnen gerechnet.“
„Es ist exakt zehn Uhr ihrer Zeit, mein Herr “, erwidert Makaïdi nun doch ziemlich gereizt.
Zur Lippe redet kurz mit den Grenzschützern, die sich daraufhin in einen Nebenraum verziehen. Doch er macht noch immer keine Anstalten, sich zurück in die Richtung zu begeben, aus der er gekommen ist.
„ Herr zur Lippe: Soll ich Sie vorladen oder wollen wir nun in ihr Büro gehen?“, muss ihn der Superintendent erst drängen.
„Oh. Gewiss. Kommen sie. – Einen Kaffee?“
„Kräftig gesüßter chai wäre mir lieber. Welcher Tanzanier trinkt schon gern kahawa ?“
Pikiert greift zur Lippe zum Telefon und bestellt dem ungebetenen Gast eine Tasse Milchtee bei der Sekretärin, die den Wochenend-Notdienst versieht. Makaïdi hat es sich indessen auf dem Sofa vor dem Fenster bequem gemacht, entspannt versunken ins den Blick auf das funkelnde Meer in der Hafenbucht. Bis zur Lippe wieder das Wort ergreift:
„Superintendent, ersparen wir uns doch weitere Präliminarien. Ist es nun ein Deutscher oder nicht? Steht die Identität des Toten endlich eindeutig fest?“
„Nein, zu hundert Prozent leider noch immer nicht. Wir haben ja niemanden hier, der den Mann kannte. Gleichwohl gibt es an dessen Nationalität kaum einen begründbaren Zweifel. Das macht ein Mindestmaß an Kooperation erforderlich.“
„Oh, gewiss, dafür sind wir ja da.“
„Ich verstehe. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich bei dem Toten um diesen Schutte, Finn. Haben Sie über den oder seinen schwulen Freund bereits was rausgekriegt?“
„Nein, angesichts der vagen Daten bislang nichts.“ Zur Lippe wird mit Makaïdi nicht über dessen Theorien über Schwule diskutieren, auch verheimlicht er, dass er längst die Hamburger Staatsanwaltschaft informiert hat.
„Heißt vielleicht auch Schütte, unser Mann, mit zwei Punkten überm U, wahrscheinlich aus Hamburg. Alter etwa vierzig, einen Gebissabdruck können Sie jederzeit haben, wenn Sie wollen, auch Gewebe oder ein paar Fingerkuppen.“
Der Sekretär
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