Der Schatz von Njinjo (German Edition)
meine und Sarahs Geschäftsanteile zurückerstatten?“ Das sitzt. Ohne lange nachzudenken, fällt Honorata auch sofort eine passende Geschichte ein, die ich im Serena auftischen könnte, um zu begründen, was ich von dem muzungu will.
„Sag doch einfach, du seist Rechtsanwalt und habest ihm ein Erbe anzutragen ...“, schlägt sie lachend vor. Warum nur kompliziert, wenn es auch einfach geht ...
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26. Hannes kommt zu spät
Der weitere Abend verpufft folgenlos. Weder erfahre ich mehr über Honoratas Arbeitgeber, noch über das Verhältnis der drei untereinander. Deren Umgang wird immer seltsamer: Er verdichtet sich! Sie tuscheln und kichern, ohne mich an ihrer Stimmung teilhaben zu lassen. Was hält diese drei Menschen nur zusammen? Einen mittelalten, faltenfreien, bauchlosen, insgesamt ziemlich glatten hellhäutigen Mann mit Pickeln im Gesicht in Durchschnittsgröße, seine deutlich jüngere, nicht viel kleinere, blonde schlanke Frau, ebenfalls hellhäutig und pickelig, und Honorata, mein glatthäutiges Tantchen mit den einladend-ausladenden Hüften? Was, außer dem Geld der wazungu ?
Eine Stunde später sind acht weitere Biere und das Essen abgeräumt. Nie zuvor hab ich derart lecker Spinat mit Ei gegessen, selten auch zu solch einem horrenden Preis. Ich spüre, wie es Tantchen samt Anhang nach Hause drängt, weiß aber auch, dass ich ohne deren Hilfe von hier nicht mehr weg gelange. Nyauchos Haus steht am gegenüberliegenden Ende der Stadt, rund zwanzig Kilometer weit entfernt.
„Hey, es ist kurz vor zehn, lasst uns gehen“, fordert Karsten irgendwann. „Sie, Hannes, bringen wir natürlich noch zum nächsten Taxi, ich gebe ihnen das Geld für die Rückfahrt, in Ordnung?“
„Oh, das wäre nett. Anders komm ich ja kaum mehr zurück. Hauptsache, wir finden noch eins um diese Zeit.“
„Abwarten.“ Honnis Chef zahlt, und kurz darauf sind wir auf dem Weg in die Innenstadt. Weit und breit jedoch kein Taxi. Karsten flucht leise vor sich hin, offensichtlich hat er keine Lust, mich noch quer durch die Stadt zu fahren. Ich kann ihn verstehen, und tu es doch lieber nicht. Solange wir kein Taxi finden, lobe ich mir jeden Kilometer, den ich Majorie näher komme. Wo wohnen Anna und Karsten eigentlich, wo Honorata?
Endlich, vor dem Portal des „Serena“, entdecken wir alle gleichzeitig die ersehnte Droschke. Karsten biegt auf den Parkplatz, und ich steige aus. „Fahren sie mich nach Temeke?“, frage ich gutgläubig den Fahrer.
„TMK? 10.000!“, bekomme ich als Antwort.
„Er will 10.000! Der hat sie nicht mehr alle!“ Der Stadtteil hat nicht gerade den besten Ruf. Außer mir aber scheint das niemanden zu interessieren. Karsten greift in die Hosentasche und zieht aus einem verknüllten Bündel fünf braune Scheine. „Hier, nehmen Sie! Bis zum nächsten Mal!“
Damit ist für ihn der Abend gerettet. Ich bedanke mich artig und rufe Honorata noch rasch hinterher, dass wir uns morgen Abend bei Majorie sehen sollten. Dann sitze ich im klapprigen Taxi und bitte den Fahrer, einmal um den Block zu fahren. Als wir zurück vors Hotel rollen, gebe ich ihm tausend Shilling. Zwei Stunden später stehe ich mit lahmen Beinen, aber um 9.000 Shilling weniger arm vor Nyauchos Haus. In Majories Bett überkommt mich die Hitze der Nacht.
Lautes Poltern weckt uns. Nyaucho schlägt wütend gegen die Holztür des Hofhauses. Er tobt. „Kommt raus, ihr Schamlosen! Zeig dich, du Lustmolch, der du bei meinen Töchtern liegst! Raus mit dir!“ Meint er mich? Fischmist! „Majorie, Zuleha! Auf der Stelle kommt ihr heraus!“ Während sich Majories Schwester den Schlaf aus den Augen reibt und spöttisch mit den Augen rollt, zieht mich meine Geliebte hinter einen bodenlangen Vorhang, der das einzige – natürlich unverglaste – Fenster der Hütte verdeckt.
„Durch das Fenster kriechst du raus. Versteck dich hinterm Haus und bleib da, bis die Luft rein ist! Danach öffnen die Schwestern unschuldig die Tür und lassen ihren polternden Vater ein. Obwohl er niemanden findet, der seinen Verdacht bestätigt, kann er sich nur schwer beruhigen. „Ihr betrügt mich nicht! Ihr nicht!“, schreit er seine Töchter an.
Nyaucho höre ich an diesem Morgen nicht wieder. Noch Minuten, nachdem sein Gewitter über den Töchtern niedergegangen ist, hocke ich schweißgebadet mucksmäuschenstill vor einem großen Karton zwischen der runden Hauswand und einer mannshohen Mauer, die das Grundstück zu den Nachbarn hin begrenzt.
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