Der Schatz von Njinjo (German Edition)
Bunte Gummis auf dem Boden zeigen: Garantiert nicht der erste Mann, der hier eingeklemmt wurde. Mein Herz schlägt so laut, dass ich ständig mit meiner Entdeckung rechne. Heraus traue ich mich erst, als Majories kleiner Bruder Yahya vor der Pappe angetrippelt kommt und mir zuflüstert, Nyaucho und Majorie hätten das Gelände in Richtung Innenstadt verlassen. Nyauchos Ehefrau Brigitte ist ohnehin seit Tagen abgetaucht. Im gehörigen Abstand begebe da auch ich mich zum daladala -Stand, um in die Stadt zu fahren.
Kurz vor drei stehe ich schlecht gelaunt an der Rezeption des „Serena“. Diesmal hat mich kein Wachmann abhalten können; noch eine Pleite verzeiht mir weder Honorata noch mein Ego. Empfangen werde ich von zwei uniformierten Frauen, von denen die vordere augenscheinlich einen höheren Rang bekleidet. Als ich sie auf Swahili anspreche, wendet sie sich demonstrativ nach hinten ihrer Kollegin zu. Diese begrüßt mich anerzogen freundlich.
„ Karibu, habari gani? Was kann ich für Sie tun, mzee? “, werde ich gefragt.
„ Nzuri. Habari asubuhi? Ich komme von der Kanzlei Wabayale, Kaishe & Manhatten aus Moshi und suche einen Erben in einem Todesfall. Ein Erbe, der eventuell bei ihnen abgestiegen ist.“ Hier endet die Geschichte, die mir Majorie gestern Abend vorgeschlagen hat. Prompt fällt mir nichts mehr ein.
„Ein Tanzanier?“
„Nein, ein muzungu .“
„Was hat der denn hierzulande zu vererben?“
„Sorry, aber das darf ich Ihnen nicht verraten. Kein Land, natürlich ...“
„Ja, und? Wie heißt ihr Erbe?“ So einfach hatte sich auch Honorata das sicher nicht vorgestellt.
„Petermann, Jens, aus Deutschland.“
„Na, da haben sie ja beide Glück! Da hinten, der muzungu , kommt gerade aus dem Frühstückssalon! Läuft direkt auf den Fahrstuhl zu ...“
Im Umdrehen erkenne ich Schuttes Begleiter aus dem „Continental“. Einen Sekundenbruchteil blickt er mir aus der Entfernung direkt in die Augen, dann wendet er sich dem Fahrstuhl zu. Wenige Sekunden später schließt sich hinter ihm die Tür, und er ist verschwunden. Ich bedanke mich bei der Rezeptionistin, bitte sie, Petermann doch gleich mal anzurufen und herunterzuladen und frage zum Schein noch nach dessen Telefon- und Zimmernummer, die sie sich wie erwartet weigert mir zu nennen. Dann setze ich mich an den Rand der Empfangshalle, vorgeblich, um auf den muzungu zu warten. Schon bald beachtet mich niemand mehr.
Meine miese Stimmung hingegen steigt steil an: Ich habe ihn gefunden! Ich, Hannes Wabaye, und niemand sonst. Von wegen Möchtegern! Nach nur einem Tag. Der entkommt mir nie, nie wieder!
Nach einer guten halben Stunde – die Uhr über der Rezeption zeigt viertel vor zehn muzungu-time , in New York sei es gerade zwei Uhr nachts, in London kurz vor sieben, in Tokyo bereits Nachmittag – zwingt mich Druck auf der Blase aufs Klo. Als ich kurz darauf an meinen Beobachtungsposten zurückkehren will, signalisiert mir die Rezeptionistin, ich möge rasch mal zu ihr kommen.
„Ihr Erbe! Gerade hat er das Haus verlassen! Ich hatte versucht, ihn zu erreichen, hat aber nicht abgenommen. Hatten sie nicht eine Nachricht für ihn? Morgen will er abreisen ...“
Ihre letzten Worte alarmieren alle Sinne, Sekunden später stehe ich draußen vor dem Portal. Doch Petermann ist weg. Morgen will er abreisen! Dann hat er heute noch was vor. Gern wüsste ich, was. Jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, als seine Rückkehr abzuwarten. Ich suche mir einen schattigen Platz, von dem aus ich die anfahrenden Hotelgäste beobachten kann. Dann organisiere ich mir zwei Colas, einige donazi und chapati -Pfannkuchen und lege mich ins ausgetrocknet harte Gras.
In den folgenden Stunden drohe ich ständig wegzudösen. Um kurz nach neun endlich sehe ich Petermann, wie er auf dem Parkplatz aus einem Taxis steigt. Sofort fällt auf, was er zwischenzeitlich angestellt hat: Von der Rückbank des Autos zieht er einen der beiden Rucksäcke, die im „Continental“ gelegen haben! Verwechslung ausgeschlossen. Der gestern noch leere Sack ist jetzt gut gefüllt und oben ragt die Spitze des Metallstabs heraus, der in der Ledertasche steckte.
Kaum vorstellbar, dass der muzungu die Sachen bereits aus Polizeigewahrsam hat auslösen können. Er muss im Hotel gewesen sein. Dazu allein allerdings kann er nicht den halben Tag gebraucht haben. Was sonst noch hat er unternommen?
Bevor der Typ mir noch mal durch die Lappen geht, postiere ich mich am Ausgang des
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