Der Schatz von Njinjo (German Edition)
mal, muss es das denn bei euch beiden immer? Wozu hab ich euch denn ausgebildet? Das wird doch irgendwann peinlich!“ Mit einer künstlerischen Pause beendet der Superintendent seinen Anpfiff. „Und die anderen beiden? Wer sind das nun?“
„Ein Hannes Wabaye, 37, aus Moshi ...“, setzt Baregu an.
„... der gleiche Nachname wie der Bergführer des Toten“, unterbricht ihn sein Kollege Fundikira. „Könnte wichtig sein!“ Doch weder der Sup noch Baregu kommen darauf zurück. Stattdessen fährt der Sergeant ungerührt fort:
„... sowie Singai Roh, 53, Direktor des hiesigen Nationalarchivs, Chef.“
„Ob der wirklich Tanzanier ist, klären wir gerade ab“, lässt sich Fundikira distanzheischend vernehmen.
„Singai Roh, der Inder?“
„Genau der, Chef.“
„Was hat der denn in diesem Sündenpfuhl, im Zimmer unseres Toten zu suchen?“
Zunehmend aktiver beginnt Makaïdi sich nun am Arbeitsauftrag seiner Untergebenen zu beteiligen: Mit einem Archivdirektor mittendrin steigt der Ertrag. Bis die drei – mittlerweile unerwartet Überstunden schiebend – sich einig sind, dass Rohs Fingerabdrücke, zumindest die, die sie am Türrahmen zum Bad gefunden haben, kein Zufall sein können, sondern etwas mit den Kopien und Karten zu tun haben müssen, bis auch Superintendent Makaïdi seine beiden Assistenten endlich über den Besuch in der deutschen Botschaft in Kenntnis gesetzt hat, vergehen weitere vierzig Minuten. Bei Dienstschluss fehlt noch immer der vielleicht letzte Name. Mysteriös bleibt auch Hannes Wabaye aus Moshi am Kilimanjaro, Namensvetter des Mannes, der den Toten erst vor wenigen Tagen auf Afrikas höchsten Berg begleitet hatte.
„Schluss für heute, die Herren. Den Rest klären wir Montag. Vermutlich haben wir dann schon den einen oder anderen Verdächtigen in den Fingern. Um Roh kümmere ich mich morgen persönlich.“ Innerlich zählt der Superintendent bereits die Scheine, die er dem Archivdirektor morgen gedenkt abzuknüpfen. „Sauft heute abend nicht zu viel, Männer. Wehe, ihr steht übermorgen nicht pünktlich auf der Matte. Und jetzt raus!“ Makaïdi selbst drängt’s dringend ins Casino.
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29. Petermann reist
Seit Stunden pflügt die „Canadian Spirit“ ruhig und beharrlich durch die Dünung des Indischen Ozeans gen Süden, rauf und runter, immer in Sichtweite der Küste. Achterlich bläst kräftig und gleichmäßig der Nordostpassat. Ab und zu begegnen der Fähre, die ihre besten Jahre vor Jahrzehnten in den ruhigeren Gewässern vor Korsika erlebte, Fischer in winzigen Auslegerkanus, zwei, drei Personen zwischen meterhohen Wellen, ohne jede Sicherheitsausrüstung.
Jetzt, kurz nach Sonnenuntergang, lässt sich die Küste nur noch erahnen. Gesäumt von undurchdringlichen Mangrovenwäldern, siedeln hier nur wenige Menschen direkt am Meer. Nirgends flackern Lichter. Während das Schiff von einem Wellental ins nächste taucht, breitet sich darüber ein von abertausend Sternen übersäter Tropenhimmel aus, der allerdings kaum einen der Reisenden beeindruckt. Die meisten sind grün bis an die Nasenwurzel. Kein Deck, auf dem es nicht verdächtig stinkt.
Nach dem Einschiffen hatte Jens Petermann sich einmal kurz umgesehen an Bord, hatte einen Blick in den Schiffsbauch geworfen, in die dicht belegte dritte Klasse, ein Bild wie in Hamburger Auswandererschiffen des 19. Jahrhunderts. Auch die Außendecks, unten für Leute aus der dritten, oben für die zweite Klasse, sind völlig überbelegt. Selbst in seiner First-class-Lounge hat Petermann keinen freien Sessel mehr erwischt. Jetzt, nach stundenlanger Berg- und Talfahrt, ist er darüber beinahe glücklich, liegt er doch halbwegs bequem zwischen zwei Familien auf dem dicken Teppichboden, bemüht, den steten Brechreiz zu unterdrücken. Hatte er sich heute Morgen noch für einen zwar heftig erkälteten, doch seefesten Hamburger gehalten und im Casino standfest lunch und dinner vorbestellt, so ist er nun für jeden Moment dankbar, in dem er nicht an Essen denken muss. Schnupfen und den rauhen Hals hat er dabei fast vergessen.
Der Trick, draußen an der Reling auf den Horizont zu starren, hat ihm am Nachmittag einmal kurz Erleichterung verschafft, als die „Canadian Spirit“ im Windschatten der Insel Mafia ankerte, um Passagiere aus- und einzubooten. Daraufhin hatte er sich, vermeintlich genesen, prompt ein lauwarmes Bier im Casino einverleibt. Es half nichts und war bald wieder draußen.
Unter den bestimmt fünfhundert
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