Der Schatz von Njinjo (German Edition)
Gebäude errichtet wurden: Vor über zwanzig Jahren.
Petermann steht vor den Ruinen von Mtwaras verflossenen Hotelbauträumen und beginnt zu begreifen. „Das hätten sie mir doch sagen müssen, Mensch!“ Der Taxifahrer versteht nicht recht, schaut allerdings betreten in die Gegend.
„Das ist doch kein Hotel, verdammt noch mal! Sie sollten mich doch zu einem Hotel fahren.“
„‚Mtwara Hotel’!“, antwortet der Fahrer und zeigt demonstrativ auf die Ruinen und bedeutet Petermann zu bezahlen und auszusteigen. „Please wait!“, sagt dieser, um sein Gesicht zu wahren und reicht gleichzeitig einen Fünftausender rüber.
Irgendwann beruhigt sich jedermann, auch Petermann. Als er den Taxifahrer dann nach einem bewirtschafteten Hotel in dieser Stadt fragt, die über 100.000 Einwohner haben soll, schüttelt der nur verlegen den Kopf. Noch lässt der Deutsche nicht alle Hoffnung fahren. Ist es vorstellbar, dass er nach einer vierundzwanzigstündigen Schiffsfahrt wirklich die Zivilisation aus Straßen, Hotels und Konsum, wie er sie kennt, verlassen hat?
Petermann geht aufs Taxi zu und will wieder einsteigen.
„Mtwara?“, fragt der Taxifahrer wenig begeistert.
„Ja, aber nicht noch mal zum gleichen Preis.“
Diesmal hebt der Fahrer seine beiden Hände nur einmal in die Luft, also noch einmal tausend. Resigniert sinkt Petermann auf der Rückbank zusammen.
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30. Petermann logiert in der Vergangenheit
Auf dem Weg zurück in die Stadt kommt dem Taxifahrer an einer Kreuzung einer seiner Bekannten auf dem Fahrrad entgegen. Vom langsam voran kriechenden Auto aus ruft er ihm kurz ein paar Worte zu, zwischen denen Petermann nur „Hoteli“ versteht. Statt jedoch danach zu lachen, wie es zu erwarten wäre, würden sie spotten, hält der Fahrer an, und dann bereden die beiden ernsthaft irgendwas, in dem mehrfach das Wort „Club“ auftaucht.
„Sir, mein Freund hier ...“ – des Taxifahrers Bekannter wendet sich in einwandfreiem Englisch an Petermann – „hat mir von ihrem Missverständnis erzählt. Tut ihm aufrichtig leid, aber hier im Süden sprechen nun mal nur wenige Leute ihre Sprache. Er hat mich nach einer adäquaten Unterkunft für sie gefragt. Ich wüsste da vielleicht wirklich was, zwei Kilometer weiter liegt der ‚Shangani Club’. Soll ich sie dahin begleiten?“
Ein Missverständnis, kein blöder Trick? Perplex vor so viel Querläufertum, verunsichert auch durch die eigenen mangelhaften Sprach- und Ortskenntnisse, bleibt Petermann misstrauisch. „Wohin sagten sie?“
„In den ‚Shangani Club’. Kostet keine 10.000 die Nacht.“
„Und das Taxi?“
Der hilfsbereite Fremde fragt kurz beim Fahrer. „Fährt sie ohne Mehrkosten dorthin. Wäre allerdings nett, wenn sie mich und mein Fahrrad mitnehmen würden. Dafür verlangt er fünfhundert extra.“
„Okay“, antwortet Petermann erleichtert, der sich einen solchen Deal bereits ausgemalt hat. Er selbst hätte auch keine Lust, in der sengenden Mittagshitze auf staubtrockenen Sandwegen Fahrrad zu fahren. Zudem ist er dankbar für die Übersetzungshilfe. Das Taxi kehrt wieder um und biegt zehn Minuten später klappernd auf den u-förmigen Hof einer kolonial anmutenden Anlage ein. Während der Bekannte des Taxifahrers aussteigt, sein Fahrrad vom Dachgepäckträger nimmt und sich verabschiedet, greift Petermann nach seinem Rucksack, bedeutet dem Taxifahrer zu warten und geht rasch in die Eingangshalle des Gebäudes. Bevor er bezahlt und ohne „Transport“ dasteht, will er sicher sein, dass dieses Haus geöffnet ist, ein Zimmer für ihn hat und nicht völlig überteuert ist. Kurz darauf kommt er halbwegs befriedigt zurück und gibt dem Fahrer einen Fünftausender.
„No change, master!“, wendet der ein. Das hat Petermann schon oft erlebt: Selbst Schaffner haben hierzulande für wazungu fast grundsätzlich kein Wechselgeld. Trotzdem ist er jetzt der Meinung, irgendwie übers Ohr gehauen zu werden, denn er wird sauer. „Dann wechseln sie’s! Kann doch wohl nicht so schwierig sein, zwei Dollar Wechselgeld aufzutreiben!“ Genervt vom aggressiven Ton seines Gastes steigt der Fahrer aus und stapft ins Empfangsgebäude. Hat er etwa damit gerechnet, 3.500 Shilling Trinkgeld einzustreichen?
Wenig später wird Petermann aufs Freundlichste von der Besitzerin des Anwesens, einer betagten Engländerin, herumgeführt. Sie sei hier vor Jahren, als man mit Mtwara noch große Pläne hatte, hängengeblieben. Mit ihrer vorgeblichen
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