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Der Scheich

Titel: Der Scheich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Maude Hull
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flüsterte sie.
Nur zögernd richtete er sich auf und blickte sie an. Als sie sein Gesicht sah, kniete sie vor ihm nieder und packte ihn am Hemd. «Ahmed! Was fehlt dir? Bist du verletzt. Deine Wunde...» In ihrer Sorge schrie sie beinahe.
Er hielt ihre tastenden Hände fest und stand auf, zog sie mit sich hoch und musterte sie mit sonderbaren Augen. Dann wandte er sich wortlos ab. Er öffnete die Zeltklappe und starrte in die Nacht hinaus, ein schlanker, hochgewachsener Schatten in der Finsternis.
Ein fragender Blick trat in ihre Augen, und sie griff sich an die Kehle. «Was ist?» wiederholte sie beklommen.
«Morgen brechen wir nach Oran auf», entgegnete er ruhig. Seine Stimme klang ausdruckslos und so anders als sonst. Verblüfft wurde Diana klar, daß er englisch sprach. Ihr schwindelte, so daß sie die Augen schließen mußte.
«Schickst du mich weg?» flüsterte sie atemlos.
Ehe er antwortete, entstand eine kurze Pause. «Ja.»
Die kurze Silbe traf sie wie ein Peitschenhieb. Entsetzt zuckte sie zusammen. «Warum?» Er antwortete nicht, und sein Schweigen trieb ihr das Blut in die Wangen. Als sie auf ihn zutrat, schlug ihr Herz bis zum Hals. Ihre Kehle war trocken, und ihre Lippen zitterten, so daß sie kein Wort herausbrachte. «Weil du meiner überdrüssig bist?» stieß sie schließlich heiser hervor. «So wie du es gesagt hast - so wie du auch der anderen Frauen überdrüssig wurdest?» Vor Entsetzen versagte ihr die Stimme.
Noch immer sagte er nichts, doch er stöhnte leise auf und ballte die Fäuste.
Um seinem Anblick zu entfliehen, bedeckte Diana mit dem Arm ihre Augen. Seine Worte brachen ihr das Herz, und sie hätte sich ihm in ihrem Elend am liebsten zu Füßen geworfen. Aber ein letzter Rest ihres Stolzes hielt sie zurück.
Endlich begann er mit ruhiger, tonloser Stimme zu sprechen: «Ich bringe dich zum ersten Wüstenbahnhof vor Oran. Dort wirst du in den Zug steigen. Zu deinem eigenen Wohl darf ich mich in Oran nicht mit dir zeigen, weil ich in dieser Stadt kein Fremder bin. Wenn du erkannt wirst oder dich jemand mit Namen anspricht, sag einfach, du hättest deine Wüstenexpedition verlängert, deine Nachrichten wären nicht übermittelt worden - oder was immer dir einfällt. Aber wahrscheinlich wirst du unter den vielen Reisenden, die Oran durchqueren, nicht weiter auffallen. Gaston trifft alle Arrangements und begleitet dich nach Marseille - wenn du willst, auch nach Paris, Cherbourg oder London. Wie du weißt, ist er absolut vertrauenswürdig. Sobald du ihn nicht mehr brauchst, kehrt er zu mir zurück. Von nun an werde ich dich nicht mehr belästigen. Du mußt nicht befürchten, ich könnte wieder in dein Leben treten. Vergiß diese Monate in der Wüste und den unzivilisierten Araber, der deinen Weg gekreuzt hat. Was ich dir antat, kann ich nur wiedergutmachen, indem ich mich von dir fernhalte.»
Diana fuhr hoch. In ihrer Seele kämpften Mißtrauen und Eifersucht, Liebe und Stolz, so daß es ihr fast den Atem raubte. «Warum sagst du nicht die Wahrheit?» fauchte sie. «Wieso sprichst du nicht aus, was du wirklich meinst? Daß du keine Verwendung mehr für mich hast, daß es amüsant war, mich zu entführen und zu peinigen und einer flüchtigen Laune nachzugeben. Aber jetzt amüsiere ich dich nicht mehr. Du hast mich satt und willst dich mit allen nötigen Vorsichtsmaßnahmen meiner entledigen. Glaubst du, die Wahrheit würde mich verletzen? Mittlerweile kannst du mir nicht mehr weh tun. Um dein Vergnügen zu finden, hast du mich zu einer unmoralischen Frau gemacht. Und nun schiebst du mich beiseite - zu deinem Vergnügen! Wie oft pro Jahr bringt Gaston deine verflossenen Geliebten nach Frankreich zurück?» Ihre Stimme brach in schrillem Gelächter.
Da drehte er sie um, riß sie ungestüm in die Arme und vergaß seine eigene Kraft. Seine Augen schienen Funken zu sprühen. «Großer Gott! Warum forderst du mich derart heraus? Denkst du, es fiele mir leicht, dich gehenzulassen? Bilde dir bloß nicht ein, ich hätte keine Sekunde lang gelitten - und ich würde auch jetzt nicht leiden! Weißt du nicht, was ich empfinde? Es reißt mir das Herz aus dem Leib, dich wegschicken zu müssen. Ohne dich wird mein Leben die Hölle sein. Glaubst du, ich hätte nicht erkannt, was für ein verdammter brutaler Schuft ich war? Als ich dich entführte, liebte ich dich nicht. Ich wollte nur das wilde Tier in mir befriedigen. Und ich war froh, daß es eine Engländerin war, die ich quälen konnte - so wie ein

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