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Der Scheich

Titel: Der Scheich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Maude Hull
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heitere, redselige Stimmung schien verflogen, und er runzelte ärgerlich die Stirn, während er seine Kleidung ablegte.
Zunächst schaute der Scheich ihm schweigend zu, dann nahm er die Zigarette aus dem Mund und lächelte leicht. « Eh, bien , Raoul, raus mit der Sprache.»
Saint Hubert wirbelte herum. «Das hättest du ihr ersparen sollen.»
«Was?»
«Was? Guter Gott, Mann! Mir vorgestellt zu werden!»
Gleichmütig schnippte Ahmed die Asche von seiner Zigarette. «Die Ankunft deines Boten hat sich verzögert. Als er heute morgen eintraf, war es zu spät.»
Saint Hubert lief erbost im Zelt auf und ab. Nach einer Weile blieb er vor dem Scheich stehen, die Hände in den Hosentaschen vergraben, die Schultern hochgezogen. «Das ist einfach ungeheuerlich!» stieß er hervor. «Wirklich, Ahmed, du bist zu weit gegangen.»
«Was erwartest du von einem Wilden?» Der Scheich lachte zynisch. «Wenn ein Araber eine Frau sieht, die er haben will, nimmt er sie sich einfach. Ich halte mich nur an die Gebräuche meines Volkes.»
«Deines Volkes!» Ungeduldig schnalzte Saint Hubert mit der Zunge. «Was für ein Volk ist das?» fragte er leise.
«Sei still, Raoul!» Der Scheich sprang auf, mit blitzenden Augen, und umklammerte Saint Huberts Oberarme. «Nicht einmal aus deinem Mund ...» Mitten im Satz brach er ab, und sein Zorn verebbte. Mit einem belustigten Lächeln auf den Lippen setzte er sich wieder. «Warum die plötzliche moralische Anwandlung, mon ami ? Du kennst mich und das Leben, das ich führe. Und du hast schon viele Frauen in meinem Lager gesehen.»
Verächtlich winkte Saint Hubert ab. «Das läßt sich nicht mit der gegenwärtigen Situation vergleichen. Und das weißt du ebenso gut wie ich.» Langsam ging er zum Klapptisch, wo seine Toilettenutensilien lagen, und öffnete seine Manschettenknöpfe. «Sie ist Engländerin!» rief er über seine Schulter. «Und allein schon das wäre Grund genug ...»
«Verlangst du von mir, eine Frau zu schonen, nur weil sie Engländerin ist?» fiel der Scheich ihm höhnisch ins Wort. «Mein guter Raoul, du amüsierst mich.»
«Wo hast du sie gesehen?» fragte Saint Hubert.
«In den Straßen von Biskra, für fünf Minuten vor vier Monaten.»
Hastig drehte sich der Vicomte um. «Du liebst sie?» stieß er hervor, als wolle er seinen Freund verhören.
Lässig blies der Scheich eine lange, dünne blaue Rauchwolke in die Luft und beobachtete, wie sie zum Zeltdach emporschwebte. «Habe ich jemals eine Frau geliebt? Außerdem ist sie Engländerin», betonte er mit stahlharter Stimme.
«Wenn du sie liebtest, wäre dir ihre Herkunft egal.»
Ahmed spuckte verächtlich seinen Zigarettenstummel auf den Boden. «Bei Allah! Ihr verfluchtes Volk hängt mir zum Hals heraus! Aber was soll's ...» Ungeduldig zuckte er die Achseln und stand wieder vom Bett auf.
«Laß sie gehen!» bat Saint Hubert. «Ich könnte sie nach Biskra zurückbringen.»
Langsam wandte sich der Scheich zu ihm, und wilde Eifersucht flammte in seinen Augen auf. «Hat sie dich auch verhext? Möchtest du sie für dich haben, Raoul?» Wie immer sprach er mit leiser Stimme, aber es klang gefährlich. Verzweifelt rang der Vicomte die Hände. «Bist du verrückt, Ahmed? Wollen wir uns nach all den Jahren wegen so etwas streiten? Bon Dieu ! Wofür hältst du mich? Wir haben zuviel gemeinsam erlebt, um uns wegen einer Frau zu entzweien. Was bedeutet mir eine Frau, wenn es um dich geht? Nein, ich ersuche dich aus einem anderen Grund, das Mädchen gehenzulassen.»
«Verzeih mir, Raoul. Du kennst mein aufbrausendes Temperament.» Versöhnlich legte der Scheich eine Hand auf Saint Huberts Arm.
«Du hast mir noch nicht geantwortet, Ahmed.»
Da kehrte ihm der Scheich wieder den Rücken. «Sie ist zufrieden», entgegnete er ausweichend.
«Und mutig», fügte der Vicomte vielsagend hinzu.
«Und mutig», bestätigte Ahmed tonlos.
«Bon sang ...» zitierte Saint Hubert leise.
Verwundert drehte sich der Scheich um. «Wieso weißt du, daß sie adelig ist?»
«Nun, das sieht man», erklärte Saint Hubert trocken.
«Nein, so meinst du es nicht. Was weißt du?»
Seufzend ging der Vicomte zu seinem Koffer, nahm eine englische Illustrierte heraus und schlug die mittlere Seite auf. Dann reichte er die Zeitschrift seinem Freund, der ins Licht der Hängelampe trat. Auf zwei großen Fotos war Diana abgebildet. Eins zeigte sie im Abendkleid, das andere so, wie der Vicomte sie zuerst gesehen hatte - in Breeches und kurzem Jackett, den Hut und die Peitsche zu

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