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Der Scheich

Titel: Der Scheich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Maude Hull
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sind schon sehr lange unterwegs. Wir sollten diesen hügeligen Teil der Wüste meiden, weil wir einen herannahenden Feind nicht bemerken würden. Ich habe Angst.»
Lachend neckte sie ihn: «Tatsächlich? Sie haben Angst?»
«Um Sie, Madame», erwiderte er ernst.
Sie zügelte ihren Schimmel. Aber es war zu spät. Als sie sich umdrehte, sprengten von allen Seiten unzählige Araber heran. Ehe sie wußte, wie ihr geschah, wurde sie von ihrer Eskorte umringt, die blitzschnell auf die Feinde feuerte. Mit einem Schreckenslaut packte Gaston Tänzers Zaumzeug und zerrte das Pferd in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Ohrenbetäubender Lärm und wildes Geschrei erfüllten die Luft, Kugeln flogen an Dianas Kopf vorbei.
Die eigenen Zügel unter seinem Schenkel festgeklemmt, zog Gaston den Schimmel mit sich. In der anderen Hand hielt er einen Revolver. Während er dahingaloppierte, spähte er über seine Schulter. Auch Diana drehte sich um. Unwillkürlich tastete sie nach der glänzenden kleinen Waffe, die ihr der Scheich vor einer Woche gegeben hatte. Von eisigem Entsetzen erfaßt, beobachtete sie, wie ihre sechs Bewacher von der feindlichen Übermacht zurückgeworfen wurden. Zwei lagen bereits am Boden, die restlichen kämpften zu Fuß und waren bald zwischen den dichtgedrängten Gegnern nicht mehr zu sehen.
Dann lösten sich etwa zwanzig Reiter aus dem feindlichen Trupp, um Diana und Gaston zu verfolgen. Sie packte seinen Arm. «Warum tun wir nichts? Helfen wir unseren Freunden! Wir dürfen sie nicht im Stich lassen.» Verzweifelt riß sie ihren Revolver aus dem Halfter.
«Madame, wir sind machtlos. Hundert Mann gegen sechs ... Nun müssen Sie an sich selbst denken. Um Himmels willen, reiten Sie weiter! Vielleicht haben wir eine Chance.» Er ließ ihr Zaumzeug los und schob sich zwischen Diana und die Verfolger.
Als sie gellendes Geschrei und eine Gewehrsalve hörte, die ins Leere ging, blickte sie, tief über den Pferdehals gebeugt, nach hinten. Sie durchschaute Gastons Absicht und zügelte Tänzer. «Nein, ich reite nicht voraus!» rief sie. Wieder sauste eine Kugel an ihr vorbei; sie zuckte zusammen.
« Mon Dieu ! Warum zögern Sie? Glauben Sie, ich könnte Monseigneur gegenübertreten, wenn Ihnen etwas zustieße, Madame? Tun Sie, was ich Ihnen sage! Galoppieren Sie weiter!» Jetzt verscheuchte die Angst alle Ehrerbietung aus seiner Stimme.
Er drehte sich wieder um, und sein Gesicht wurde aschfahl. Um seine eigene Haut bangte er nicht. Aber an das Schicksal, das dem Mädchen neben ihm drohte, wagte er kaum zu denken. Ibraheim Omairs Männer hatten ihnen aufgelauert. Nun verfluchte er seinen Leichtsinn, weil er Diana gestattet hatte, sich so weit vom Lager zu entfernen. Allerdings hatte er keinen Grund zur Sorge gehabt: Den Berichten der Kundschafter zufolge hatte der Räuberscheich die Grenze zwischen den beiden Gebieten bisher geachtet. Offenbar handelte es sich um einen plötzlichen Überraschungsangriff - mit unerwartetem Erfolg!
Und die Beute war zu verlockend, als daß der Feind sein Vorhaben aufgegeben hätte - die weiße Frau, Ahmed Ben Hassans neuestes Spielzeug, und Gaston, seinen hochgeschätzten Diener. Ihm selbst standen Folterqualen und der Tod bevor - und Diana ...
Mit zusammengebissenen Zähnen sah er sie an. Schweiß strömte über seine Stirn. Bevor es dazu kam, würde er sie eigenhändig töten. Sie wandte sich zu ihm, und als sie seinen verzweifelten Blick bemerkte, lächelte sie tapfer. Bis jetzt hatte er das Feuer nicht erwidert, um Munition zu sparen. Nun durfte er nicht länger zögern. Er zielte sorgfältig und drückte ab, wobei er darauf achtete, daß jeder Schuß traf. Allerdings machte er sich keine allzugroßen Hoffnungen. Doch vielleicht konnte er wenigstens Zeit gewinnen, indem er die Anführer des Trupps außer Gefecht setzte. Und da er ein ausgezeichneter Schütze war, würde er die Verfolger in Schach halten können, bis er mit Diana flaches Gelände erreicht hatte. Dort würde der Lärm der Schießerei sicher Ahmed Ben Hassans Wachtposten alarmieren.
Ein Kugelhagel prasselte auf die Flüchtenden nieder, aber zum Glück handelte es sich bei den Gegnern nicht um Hassans Meisterschützen. Trotzdem wußte Gaston, daß ihre Lage beinahe aussichtslos war. Jeden Moment konnte einer von ihnen getroffen werden.
Die Verfolger schienen seine Gedanken zu erraten, denn sie schwärmten in einer weit auseinandergezogenen, unregelmäßigen Reihe aus und blieben ständig in Bewegung, so daß er kaum

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