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Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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Vielleicht weil er einfach mal ausprobieren wollte, wie es war, einen anderen Menschen umzubringen. Anschließend wird er zum Tode verurteilt, ein Urteil, das er voll und ganz akzeptiert. Am Ende des Buchs, als er auf die Vollstreckung des Urteils wartet, hat er ein langes Gespräch mit einem Priester, mit dem er eigentlich gar nicht reden will. Der Geistliche, der Meursaults Sinn vergeblich zu öffnen versucht und ihn dazu bringen will, über seine Untat nachzudenken, konstatiert, dass wir alle zum Tode verurteilt sind. Und er hat recht. Wir sind alle zum Tode verurteilt. Einen Menschen mit dem Tode zu bestrafen, ist doch bloß die Vorwegnahme von etwas ohnehin Unausweichlichem. Der Tod an sich ist deshalb keine Strafe. Damit käme er viel zu billig davon. So dachte ich damals.
    Ich liege mit geschlossenen Augen auf dem Bett und fühle mich krank. Physisch. Meine Glieder schmerzen. Die Schultern, Ellenbogen, Knie. Und mir ist übel. Vielleicht habe ich Fieber. Ich vermisse Vater. Er ist heute nicht hier gewesen und hat auch nicht angerufen. Ich öffne die Augen und sehe an die Decke. Weiße, quadratische Platten. Ich starre auf die gelbe Lampe mit der kleinen Delle unten in der Ecke. Vater war beim Fegen mit dem Besenstiel dort angestoßen.
    Damals machte ich neue Pläne, was mit dem Schuldigen geschehen sollte. Der Tod war nicht genug, davon hatte Camus mich überzeugt. Nein, der Schuldige sollte so leiden, wie ich damals gelitten hatte und noch heute litt. Seine Liebsten sollten sterben. Das wäre die einzige gerechte Strafe, dachte ich. Seine Kinder, wenn er überhaupt welche hatte. Seine Frau oder seine Eltern. Man sollte ihnen vor seinen Augen die Kehle durchschneiden. Er sollte sie vor sich stehen sehen, während das Blut aus ihren Hälsen pulsierte und das Leben sie langsam verließ. Er sollte sich über sie beugen, die Angst in ihren Augen sehen und ihrem leeren Blick begegnen, wenn sie leblos am Boden lagen. Fühlen, wie sein Leben von einem auf den anderen Augenblick in sich zusammenfiel wie ein gesprengtes Hochhaus und er zurückblieb in einer Aschewolke aus alles verzehrender Leere. Wie es in meinem Leben gewesen war. Und noch immer ist.
    Heute denke ich nicht mehr so. Heute ist nur noch die Antwort auf die immer gleiche Frage wichtig.
    Wer ist der Schuldige?
    Heute geht es in erster Linie darum, Gewissheit zu erhalten.
    Schritte draußen auf dem Flur. Ein bekannter Rhythmus. Ich richte mich im Bett auf und lausche. Das ist er, Papa. Endlich. Aber er geht schneller als sonst. Als wäre etwas nicht in Ordnung.

66.
    Bispebjerg-Klinik – Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie, 16.57 Uhr
    Adam Bergmann hasste diesen Ort. Er hasste den Anblick der leeren Flure, er hasste den Geruch der Menschen, die sich nicht richtig pflegten, die es nicht schafften, richtige Menschen zu sein. Er hasste den Widerhall seiner eigenen Schritte auf dem Linoleumboden, die Blicke der Ärzte und Schwestern, die stets Optimismus und Hoffnung signalisierten, obwohl diese Welt immer nur das Gegenteil zeigte. Er hasste den Gedanken an einen Ort für Kinder, an dem ständig jemand versuchte, sich das Leben zu nehmen, an dem die Rohre unter Putz lagen, damit niemand sich daran erhängen konnte, und an dem die Schrauben, die die Duschvorhänge hielten, so kurz waren, dass sie nicht einmal den kleinsten Menschenkörper tragen konnten. Ein Ort, an dem Schnürriemen und Gürtel verboten waren. Am meisten aber hasste er den Gedanken, dass seine Tochter in dieser Welt lebte, während er draußen stand und nicht mehr bis zu ihr vordringen konnte.
    Die Müdigkeit war verschwunden. Als der Polizist ihn in die Arme von Hannah Lund geführt hatte, war sie mit einem Mal verflogen und durch eine Art Beschwingtheit ersetzt worden. Das war seine letzte Chance, das wusste er. Hannah Lund war seine letzte Chance – er musste sie auf die Entdeckungsreise in den Tod schicken, wie eine Detektivin, um den Mann zu finden, der seine Frau ermordet hatte.
    Einen Augenblick lang blieb er vor ihrer Tür stehen. »Silke Bergmann«, stand in hellgrünen Buchstaben an der Tür. Er at mete tief durch, musste sich zusammenreißen, so war es jedes Mal.
    Dann öffnete er die Tür und ging zu seiner Tochter hinein.
    »Hallo, Silke«, sagte er.
    Sie saß auf ihrem Bett, den Kopf an die Wand gelehnt. In ihrem Gesicht war keine Reaktion zu erkennen, er wusste aber, dass sie sich freute, ihn zu sehen. Er spürte das. Das hatte er immer gekonnt.
    »Wie geht es dir,

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