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Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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Neben dem Rucksack lag die Videokamera. Ein ziemlich altes Modell. Ein Teil der Linse war kaputt. Das Plastik fehlte. Niels versuchte, die Kamera einzuschalten, aber der Akku war tot.
    »Das sind private Aufnahmen«, flüsterte Joachim.
    »Die waren mal privat. Jetzt sind sie Beweismaterial in einem Mordfall.«
    »Du hast keine Ahnung, in was du dich da einmischst.«
    »Dann erzähl es mir, damit ich dich beschützen kann.«
    Joachim versuchte zu lächeln, aber die Schmerzen in seiner Brust waren zu stark.
    Niels versuchte noch einmal, die Kamera einzuschalten, aber ohne Erfolg. Jetzt waren die ersten Sirenen zu hören.
    »Die Kamera nehme ich mit«, sagte Niels. »Die anderen sind gleich da, willst du noch etwas sagen?«
    Joachim sah Niels in die Augen und schüttelte den Kopf. »Versprichst du mir eins?«
    »Was?«
    Joachim richtete sich mühsam auf.
    »Du solltest liegen bleiben«, sagte Niels und hörte, wie besorgt er klang. Er hatte Mitgefühl mit dem jungen Mann.
    »Versprichst du mir, dass meine Mutter die Aufnahme nicht zu sehen bekommt?«
    »Die Aufnahme? Dann erzähl mir, was da drauf ist. Ist das Dicte?«
    »Versprichst du mir das?«
    »Es kommt darauf an, ob auf dem Band ein Verbrechen zu sehen ist …«
    Im gleichen Moment kam Joachim mit einem Schrei auf die Beine. Niels wollte ihn packen, zögerte aber eine Sekunde und dachte, er kann ja nirgends hin. Dann begann der Mann zu laufen.
    »Nein!«, schrie Niels und kapierte zu spät, was geschehen würde. Er stürzte hinter Joachim her, aber der junge Mann hatte die kaputten Fenster schon fast erreicht. »Tu das nicht …«, schrie er ihm nach.
    Joachim sprang. Wie Dicte. Ein eleganter Sprung. Sein letzter. Die Arme an den Seiten, den Kopf gerade nach vorn gestreckt. Stolz . Nur dieses eine Wort meldete sich in Niels’ Kopf. Eine Haltung voller Würde, die auch dann nicht aufgegeben wurde, als Kopf und Körper die letzten Scherben herausbrachen, die noch am Fensterrahmen hingen. Der Rest passierte so rasch, als wäre der letzte Teil seines Sprungs in den Tod schneller gedreht worden. Als Niels das Fenster erreichte, lag Joachim bereits unten. Sein Kopf war auf einem Zementblock zerschmettert. Dunkelrotes Blut sickerte aus einer Stelle hinter dem Ohr.
    Dann springe ich auch .
    Aber das tat er nicht. Niels lief zur Treppe und ging nach un ten. Ich springe niemandem nach, dachte er. Die Welt nimmt vor mir Reißaus, springt in den Tod. Dicte. Hannah aus ihrer Ehe. Joachim.
    Als er nach draußen kam, war die Verstärkung bereits eingetroffen. Ganz vorn der Rettungswagen. Dahinter die Wagen seiner Kollegen. Ihr Blaulicht brannte sich in seine Augen.
    »Er ist aus dem Fenster gesprungen«, hörte Niels sich selbst sagen und zeigte nach oben. Jemand sagte etwas. Die Sanitäter kamen angerannt. Ein Arzt sah Niels an. Er legte ihm einen Ver band an, und erst jetzt schmeckte Niels sein eigenes Blut. Es tropfte warm in seinen Mund. Oder war das Joachims Blut?

MITTWOCH

6.
    Innenstadt, 15 . Juni 2011 , 09.40 Uhr
    Hannah hatte fünfmal angerufen und ihm eine SMS geschickt: Wo bist du?
    Auf der Arbeit, rufe später an, war seine Antwort.
    Die Sonne war längst aufgegangen, und Niels saß auf der Treppe des Fotoladens. Es kam ihm so vor, als würde er schon Stunden hier warten. Am Ende der Straße lag der Hafen. Mehr als einmal hatte er an diesem Morgen darüber nachgedacht, die wenigen Hundert Meter bis dorthin zu laufen und ins Wasser zu springen. Um die Nacht von sich abzuwaschen. Aber er war sitzen geblieben. Mit der Kamera in der Hand.
    »Lassen Sie mich vorbei?«
    Die Stimme der Frau drängte sich störend in seine Gedanken.
    »Arbeiten Sie hier?«
    »Ja, aber wir öffnen erst um zehn.«
    Niels holte seinen Polizeiausweis heraus.
    ***
    Im Laden roch es synthetisch.
    »Der Akku hier müsste passen. Panasonic«, sagte die Frau, als sie aus dem Lager kam.
    Niels nahm seine Kreditkarte zur Hand.
    Wenige Augenblicke später stand er auf der Straße. Jetzt brauchte er nur noch Strom. Dann konnte er sehen, was auf dem Band war. Er hätte natürlich ins Präsidium gehen können, aber dort wären ihm nur ein Haufen Fragen gestellt worden, und sicher hätte er dann auch einen Bericht schreiben müssen. Außerdem war er nicht gerade erpicht auf all die mitleidigen Blicke, dass ihm schon wieder einer durch die Finger geschlüpft und gesprungen war. Auch Sommersted wollte er aus dem Weg gehen. Den Fragen, warum er nicht um Verstärkung gebeten hatte, bevor er in das

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