Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
Vom Netzwerk:
Man dachte nicht über den Luftmangel nach. Das Herz schlug ruhiger, und die Lust, die Ekstase verpflanzte sich in den Körper. Die äußerste Schicht seiner Haut kribbelte.
    »Die Seele bereitet sich darauf vor, sich zu lösen«, sagte Dicte im Lautsprecher.
    Niels hatte dieses Gefühl noch nie zuvor gehabt. Es war wie schwerelos sein. Er spürte nicht einmal mehr die Unterlage, auf der er lag. Auch das Gefühl für seinen Rücken war weg. Alles, was er empfand, war dieses Aufsteigen, wie die Bläschen in einem Champagnerglas.
    Er hatte die Augen geschlossen. Stellte sich vor, wie Dicte es gesagt hatte, über seinem Körper zu schweben, leicht wie eine Luftblase. Er hielt noch immer die Luft an. Im gleichen Moment explodierte die Decke über ihm vor Licht. So kam es ihm hinter seinen geschlossenen Lidern vor. Einen Augenblick lang verstand er nicht, was geschehen war. Dann begriff er, dass irgendein Projektor bewegte Bilder an die Decke über ihnen warf. Er öffnete die Augen und füllte seine Lunge mit Luft. Die Frau neben ihm war weg. Er sah an sich selbst hinunter. Die Hose aufgeknöpft und halb nach unten gezogen.
    »Wenn der Körper endlich loslässt, musst du ihm einfach nur folgen«, sagte Dicte. »Es fühlt sich wie ein Fluss an, der dich mitreißt. Du kannst dagegen ankämpfen, dich vielleicht irgendwo festkrallen, wenn du einen Zweig zu fassen bekommst, aber das solltest du nicht tun.«
    An der Decke über ihnen rasten sie durch ein Rohr. Wie in einem Kabel, dachte Niels. Ein rasend schnelles Lichtpartikel über einem wunderbar verzweigten Netz. Niels betrachtete die anderen um sich herum. Das Licht, das an der Decke zurückgeworfen wurde, machte es möglich, sie alle zu erkennen. Ihre nackten Körper. Eine Frau lag halb über einem anderen Mann. Und da, dicht an der Wand – Joachim . Niels knöpfte seine Hose zu. Suchte nach seinem Hemd. Aber Joachim hatte ihn längst gesehen und war aufgestanden. Als Einziger im Raum. »Das Netz«, sagte Dicte. »Das Netz wird das Erste sein, was ihr erlebt, wenn ihr die Angst loslasst, die …«
    Niels hörte nicht mehr zu. Joachim war auf den Beinen. Er war splitternackt. Niels sah in seinen Augen, dass er auf der Flucht war, als ginge es um sein Leben.
    Joachim stieß die Frau weg, die ihn wieder auf den Boden zu ziehen versuchte.
    »Was ist denn los?«, fragte sie und hatte sich aufgerichtet.
    Im Hintergrund hörte Niels noch immer Dictes Stimme, während er Joachim folgte, der die Tür aufschob und losrannte. Niels gab die Suche nach seinem Hemd und seinen Schuhen auf und rannte ihm nach. Durch den fensterlosen Flur nach oben in den Raum, in dem er zu Beginn in Empfang genommen worden war. Im schwachen Licht des Projektors sah Niels, dass Joachim seine Tasche und seine Hose nahm. Dann warf er einen Blick über seine Schulter, gab den Versuch auf, sich die Hose anzuziehen, trat die Tür auf und stürzte nach draußen.

5.
    23.55 Uhr
    Sie rannten durch das hohe Gras. Zum dritten Mal folgte Niels Joachim, dem Balletttänzer. Er wirkte flüchtig, anämisch. Das erste Mal war er Niels weggelaufen – leicht wie ein Vogel –, um dann wie ein Fisch im Hafenbecken zu verschwinden. Das zweite Mal hatte er sich im Dunkel von Dictes Garderobe versteckt. Wieder dachte Niels an ein Tier, eine Hyäne, während er an den Zelten vorbeistürmte, die neben der verfallenen Fabrik im Gras standen. Ein Tier, das in der Nacht sehen kann. Mager, verschreckt und aggressiv. Er drehte sich kurz zu Niels um, und als die Metro oben auf ihrer Hochtrasse passierte, fiel ihr Licht auf sein Gesicht und seinen nackten Körper.
    »Polizei Kopenhagen!«, rief Niels und zog das Handy aus seiner Tasche, um um Verstärkung zu bitten. So war es richtig. Joachim warf sich die Tasche über die Schulter. Niels war nur Sekunden hinter ihm. Es sah verrückt aus. Der weiße Körper des Tänzers nur mit dem kleinen, schwarzen Rucksack auf dem Rücken. Als Joachim über den Zaun kletterte, bekam Niels seinen Knöchel zu fassen. Panisch und aggressiv wie ein gefangener Hirsch trat er nach hinten aus, traf Niels im Gesicht und befreite sich aus seinem Griff.
    »Joachim!«
    Niels hörte ihn laufen. Er stürmte in das Gebäude und rannte nach oben. Er war verzweifelt. Dachte nicht nach. Es gab keinen Ausweg, außer es gab auf der anderen Seite des Gebäudes noch eine andere Treppe. Niels setzte sich auf. Wischte sich das Blut aus dem Gesicht. Dann kletterte auch er in das stillgelegte Fabrikgebäude.
    Vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher